Wie der Spiegel berichtete, ist im vergangenen Geschäftsjahr ein Fehlbetrag von mehr als 100 Millionen Euro aufgelaufen. Ohne drastische Sanierungsmaßnahmen könne das Geschäft nicht mehr lange weitergeführt werden. Die 400 Arbeitsplätze, die derzeit in der Hauptverwaltung in Köln abgebaut werden, sind dabei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Insgesamt beschäftigt Kaufhof 21.000 Mitarbeiter, bei denen das Unternehmen Personalkosten einsparen möchte. Welche Einschnitte genau auf die Mitarbeiter zukommen könnten, ist nicht bekannt.
Üblicherweise haben Beschäftigungssicherungstarifverträge jedoch zum Ziel, Kündigungen zu vermeiden und Gehaltskosten auf andere Weise einzusparen.
Aktuell prüft die Gewerkschaft das Sanierungskonzept von Kaufhof und will sich Einblick in die finanzielle Situation des Unternehmens sowie der Konzernmutter Hudsons Bay Company (HBC) verschaffen. Am kommenden Freitag soll Verdi darüber entscheiden, ob die Arbeitnehmerverteter die Verhandlungen über einen Beschäftigungssicherungstarifvertrag aufnehmen werden. Mit dem Zukunftskonzept „Turn2Win“ will Kaufhof durch Filialumbauten, Markenstärkung und das bessere Zusammenspiel der einzelnen Verkaufskanäle innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre wieder in die Gewinnzone kommen.
2015 kaufte die kanadische HBC die Warenhauskette von der Metro-Gruppe. Heute beschäftigt Kaufhof rund 21.000 Mitarbeiter und betreibt bundesweit 96 Filialen. Geschäftsführer ist Roland Neuwald. Bereits Im Herbst 2017 war bekannt geworden, dass das Unternehmen aus dem Flächentarifvertrag aussteigen möchte, um damit einen Teil der schlechten Geschäftsergebnisse aufzufangen und dem Unternehmen eine „wirtschaftliche Atempause“ zu ermöglichen. Das Angebot von Karstadt-Eigner Signa, die angeschlagene Kette zu übernehmen, lehnte HBC noch vor wenigen Wochen ab.
Berater Kaufhof
Seitz (Köln): Dr. Stefan Seitz (Federführung), Dr. Marc Werner, Heinke von Netzer (Salary Partner), Associates: Annika Hausmann
Inhouse Recht (Köln): Ayfer Aslan-Blomenkämper (Leiterin Arbeitsrecht/Tarifpolitik/HR), Anton von Carlowitz (General Counsel), Tim Neuss (Arbeitsrecht)
Berater Verdi
Ebner Stolz (Stuttgart): Bernhard Steffan
Hintergrund: Alle Berater sind aus dem Markt bekannt. Namenspartner Seitz war mit seiner Kanzlei bereits 2015 beim Einstieg von HBC bei Kaufhof beteiligt, damals allerdings an der Seite des unterlegenen Bieters René Benko und seiner Signa-Gruppe, dem Eigentümer von Karstadt. Er kam über eine Empfehlung ins Mandat. Ein Grund, warum Kaufhof auf Seitz setzt, dürfte dessen Erfahrung bei der Rettung großer Warenhäuser sein: Seitz verhandelte 2014 die Sanierung von Karstadt mit dem dortigen Betriebsrat und Verdi − wie sich inzwischen gezeigt hat, ist das Konzept aufgegangen. 2017 fuhr Karstadt zum ersten Mal seit Jahren wieder einen Überschuss ein. Inhouse leitet Aslan-Blomenkämper nach JUVE-Informationen das Projekt, sie berichtet inzwischen an das für Personalfragen zuständige Geschäftsführungsmitglied Peter Herlitzius.
Verdi hat sich mit der Mandatierung von Ebner Stolz-Partner Steffan offenbar aufgrund der komplexen internationalen Konzernstrukturen in diesem Fall für eine Wirtschaftsprüfungskanzlei entschieden, statt eine klassische Arbeitnehmerkanzlei zu beauftragen. Bei der Karstadt-Sanierung und auch zahlreiche Male zuvor setzte Verdi beispielsweise auf die Kölner Kanzlei Decruppe & Kollegen, die bekannt ist für ihre Beratung bei Tarifverhandlungen. Insolvenzprofi Steffan war als Berater unter anderem in die Streitigkeiten zwischen der Deutschen Bank und Leo Kirch im Zuge der Kirch-Insolvenz beteiligt. (Annette Kamps)