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28. März 2025

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BAG vom 16.04.2024 – 9 AZR 165/23

Fakten

In dem vorliegenden Fall stritten die Parteien über die Abgeltung von Urlaubsansprüchen aus den Jahren 2015 bis 2020. Die Arbeitnehmerin war seit dem 1. Februar 2009 bei der Arbeitgeberin angestellt und bezog zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von EUR 3.700,00 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 36 Stunden. Ihr arbeitsvertraglicher Jahresurlaub betrug 29 Arbeitstage. Vom 24. August 2015 bis zum 25. November 2020 befand sich die Arbeitnehmerin durchgehend in Mutterschutz und Elternzeit. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärte die Arbeitgeberin nicht, den auf die Elternzeit bezogenen Urlaub kürzen zu wollen. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 25. November 2020 forderte die Arbeitnehmerin die Abgeltung von 146 Urlaubstagen in Höhe von EUR 24.932,42 brutto. Die Arbeitgeberin verweigerte die Zahlung mit der Begründung, dass eine Kürzung von Urlaubsansprüchen auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zulässig sei. Zudem habe die Arbeitnehmerin im maßgeblichen Berechnungszeitraum keine Vergütung erhalten, weshalb auch rechnerisch kein Abgeltungsanspruch bestehe.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wies die Revision der Arbeitgeberin zurück und bestätigte die Urteile der Vorinstanzen. Es stellte klar, dass eine Kürzung der Urlaubsansprüche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich ist und die Abgeltung in voller Höhe zu erfolgen hat.

Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub des Arbeitnehmers während der Elternzeit durch eine ausdrückliche oder konkludente Erklärung kürzen. Jedoch muss eine solche Kürzungserklärung, wie das BAG feststellte, während des laufenden Arbeitsverhältnisses abgegeben werden. Es ist nicht ausreichend, die Kürzung des Urlaubsanspruchs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erklären. Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Eine Kürzung ist nicht möglich, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer keinen Anspruch mehr auf Erholungsurlaub, sondern auf Urlaubsabgeltung hat.

Hinsichtlich der in der Praxis häufig umstrittenen Berechnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs erläuterte das BAG zudem, dass sich die Höhe der Vergütung nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst bemisst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat. Dabei führen Arbeitsausfälle, die auf unverschuldete Arbeitsversäumnisse zurückzuführen sind, nicht zu einer Minderung des Abgeltungsanspruchs. Zu den Zeiten unverschuldeter Arbeitsversäumnis gehören nach dem BAG auch Abwesenheitszeiten infolge Elternzeit.

Folgen der Entscheidung

Das BAG bestätigt damit seine Rechtsprechung zur Kürzungserklärung des Arbeitgebers für Urlaubsansprüche während der Elternzeit. Der Arbeitgeber muss die Kürzungserklärung im bestehenden Arbeitsverhältnis abgeben. Versäumt er das, kann er den dann als Geldanspruch entstandenen Urlaubsabgeltungsanspruch nicht mehr nachträglich kürzen. Nachträgliche Kürzungserklärungen gehen damit ins Leere und führen keine Rechtsfolgen herbei.

Hinweise für die Praxis

Für die HR-Verantwortlichen bedeutet dies, dass sie eine Kürzungserklärung für Urlaubsansprüche während der Elternzeit rechtzeitig abgeben müssen. Arbeitgeber sollten bestenfalls eine Kürzungserklärung bereits bei Bestätigung der Inanspruchnahme von Elternzeit abgeben und die internen Prozesse entsprechend organisieren. Möglich ist aber auch eine Kürzungserklärung noch nach Beendigung der Elternzeit. Eine „vorsorgliche“ Kürzungserklärung vor Entstehung der Elternzeit ist nicht möglich. Eine Kürzung des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann nicht erklärt werden. Erklärt der Arbeitgeber die Kürzung des Urlaubsanspruchs also nicht rechtzeitig, so besteht ein Urlaubsabgeltungsanspruch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in voller Höhe.

Wenn die Kürzungserklärung ins Leere geht: Kürzung von Urlaubsansprüchen während der Elternzeit

BAG vom 16.04.2024 – 9 AZR 165/23

Fakten

In dem vorliegenden Fall stritten die Parteien über die Abgeltung von Urlaubsansprüchen aus den Jahren 2015 bis 2020. Die Arbeitnehmerin war seit dem 1. Februar 2009 bei der Arbeitgeberin angestellt und bezog zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von EUR 3.700,00 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 36 Stunden. Ihr arbeitsvertraglicher Jahresurlaub betrug 29 Arbeitstage. Vom 24. August 2015 bis zum 25. November 2020 befand sich die Arbeitnehmerin durchgehend in Mutterschutz und Elternzeit. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärte die Arbeitgeberin nicht, den auf die Elternzeit bezogenen Urlaub kürzen zu wollen. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 25. November 2020 forderte die Arbeitnehmerin die Abgeltung von 146 Urlaubstagen in Höhe von EUR 24.932,42 brutto. Die Arbeitgeberin verweigerte die Zahlung mit der Begründung, dass eine Kürzung von Urlaubsansprüchen auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zulässig sei. Zudem habe die Arbeitnehmerin im maßgeblichen Berechnungszeitraum keine Vergütung erhalten, weshalb auch rechnerisch kein Abgeltungsanspruch bestehe.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wies die Revision der Arbeitgeberin zurück und bestätigte die Urteile der Vorinstanzen. Es stellte klar, dass eine Kürzung der Urlaubsansprüche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich ist und die Abgeltung in voller Höhe zu erfolgen hat.

Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub des Arbeitnehmers während der Elternzeit durch eine ausdrückliche oder konkludente Erklärung kürzen. Jedoch muss eine solche Kürzungserklärung, wie das BAG feststellte, während des laufenden Arbeitsverhältnisses abgegeben werden. Es ist nicht ausreichend, die Kürzung des Urlaubsanspruchs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erklären. Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Eine Kürzung ist nicht möglich, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer keinen Anspruch mehr auf Erholungsurlaub, sondern auf Urlaubsabgeltung hat.

Hinsichtlich der in der Praxis häufig umstrittenen Berechnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs erläuterte das BAG zudem, dass sich die Höhe der Vergütung nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst bemisst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat. Dabei führen Arbeitsausfälle, die auf unverschuldete Arbeitsversäumnisse zurückzuführen sind, nicht zu einer Minderung des Abgeltungsanspruchs. Zu den Zeiten unverschuldeter Arbeitsversäumnis gehören nach dem BAG auch Abwesenheitszeiten infolge Elternzeit.

Folgen der Entscheidung

Das BAG bestätigt damit seine Rechtsprechung zur Kürzungserklärung des Arbeitgebers für Urlaubsansprüche während der Elternzeit. Der Arbeitgeber muss die Kürzungserklärung im bestehenden Arbeitsverhältnis abgeben. Versäumt er das, kann er den dann als Geldanspruch entstandenen Urlaubsabgeltungsanspruch nicht mehr nachträglich kürzen. Nachträgliche Kürzungserklärungen gehen damit ins Leere und führen keine Rechtsfolgen herbei.

Hinweise für die Praxis

Für die HR-Verantwortlichen bedeutet dies, dass sie eine Kürzungserklärung für Urlaubsansprüche während der Elternzeit rechtzeitig abgeben müssen. Arbeitgeber sollten bestenfalls eine Kürzungserklärung bereits bei Bestätigung der Inanspruchnahme von Elternzeit abgeben und die internen Prozesse entsprechend organisieren. Möglich ist aber auch eine Kürzungserklärung noch nach Beendigung der Elternzeit. Eine „vorsorgliche“ Kürzungserklärung vor Entstehung der Elternzeit ist nicht möglich. Eine Kürzung des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann nicht erklärt werden. Erklärt der Arbeitgeber die Kürzung des Urlaubsanspruchs also nicht rechtzeitig, so besteht ein Urlaubsabgeltungsanspruch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in voller Höhe.

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