Autoren
Dr. Stephan Pötters
Datum

25. November 2019

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Das BAG hatte sich im ersten Quartal des Jahres 2019 mit einer Vielzahl von wichtigen urlaubsrechtlichen Problematiken zu befassen, welche teilweise zu einer Veränderung der bestehenden Rechtsauffassung geführt hat. Dieser Beitrag soll die wesentlichen Entwicklungen der Rechtsprechung darstellen und aufzeigen, worauf sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber zukünftig achten müssen, um die ggf. neuen rechtlichen Klippen möglichst sicher umfahren zu können.

Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers

Zu Beginn des Jahres befasste sich das BAG mit der Abgeltung von Urlaubsansprüchen bei dem Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis. Dabei schloss sich der Senat der Rechtsauffassung des EuGHs an und erkannte einen Anspruch, für die von dem Verstorbenen nicht genommenen Urlaubstage, aus § 1922 Abs. 1 BGB iVm. § 7 Abs. 4 BUrlG an (vgl. BAG v. 22.01.19 – 9 AZR 45/16).

Bereits im Jahr 2014 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH v. 12. Juni 2014, Az. C-118/13 – Fall Bollacke), dass einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet, Art. 7 der EU-Richtlinie 2003/88 entgegensteht. Infolgedessen befürwortete das LAG Köln in einem Fall die Umwandlung des Urlaubsanspruchs in einen Urlaubsabgeltungsanspruch zugunsten der Erben (vgl. LAG Köln v. 14.07.2016 – 8 Sa 324/16). Für das BAG blieben jedoch auch nach dem Bollacke-Urteil weitere Fragen offen, weshalb es erneut den EuGH anfragte.

Der EuGH hat sich daraufhin mit seiner Entscheidung eindeutig positioniert. Er bestätigte, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nach dem Unionsrecht nicht mit seinem Tod untergehen darf. Die Erben des verstorbenen Arbeitnehmers könnten eine finanzielle Vergütung, für den von dem Erblasser nicht genommenen Jahresurlaub verlangen. Seine Auffassung stützte der EuGH dabei auf den Sinn und Zweck des Art. 7 der Richtlinie. Dieser dient grundsätzlich dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer, welche sich durch den Urlaub erholen sollen. Sollte dies aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich sein, kommt in Ausnahmefällen eine finanzielle Vergütung der Urlaubstage in Betracht. Damit soll dem Arbeitnehmer die Chance geboten werden, den Urlaub später nachholen zu können. Dieser Abgeltungsanspruch, welcher Teil der Erbmasse ist, geht auf die Erben über.

Zusätzlich verdeutlichte der erkennende Senat, dass auch der Anspruch auf Zusatzurlaub z.B. für schwerbehinderte nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX aF und auf tarifvertraglichen Mehrurlaub zum abgeltungsfähigen Urlaubsanspruch gehört. Somit tragen die Erben nicht das Verfallrisiko für den tariflich gewährten Mehrurlaub, dies müsste ansonsten dem Tarifvertrag klar zu entnehmen sein.

Kürzung von Urlaubsansprüchen in der Elternzeit

Durch das Urteil vom 19. März 2019 bestätigte das BAG, dass eine Kürzung von Urlaubsansprüchen während der Elternzeit nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG im Einklang mit dem Unionsrecht stehe. Somit kann der Arbeitgeber für jeden vollen Kalendermonat, den die Elternzeit andauert, den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers um ein Zwölftel kürzen.

Für die Ausübung des Kürzungsrechts muss der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer erkennbar erklären, dass der Anspruch auf Urlaub im Fall der Elternzeit herabgesetzt wird. Erforderlich ist dafür eine empfangsbedürfte rechtsgeschäftliche Erklärung des Arbeitgebers. Diese Erklärung kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen. Ausreichend hierfür ist, zum Beispiel wenn dem Arbeitnehmer nur ein gekürzter Urlaubsanspruch gewährt wird oder auf andere Weise erkennbar wird, dass der Arbeitgeber von seinem Kürzungsrecht Gebrauch machen will. Die Kürzungserklärung kann dabei auch nach dem Ablauf des Erziehungsurlaubs erklärt werden, muss aber spätestens bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt sein.

Der erkennende Senat stellte zudem fest, dass das Kürzungsrecht nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub nach § 3 Abs. 1 BUrlG, sondern auch den vertraglich vereinbarten Mehrurlaub erfasse. Dabei wird jedoch vorausgesetzt, dass die Arbeitsvertragsparteien keine abweichende Regelung zu § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG getroffen haben.

Die Kürzungsregelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG verstößt nach den Ausführungen des BAG weder gegen Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG noch gegen § 5 Abs. 2 und 3 der Elternzeitrichtlinie 2010/18/EG. Danach verwies der Senat auf eine Entscheidung des EuGHs, wonach Arbeitnehmer, dessen Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis wegen der genommenen Elternzeit suspendiert sind, nicht mit Arbeitnehmern gleichzustellen sind, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben (vgl. EuGH v. 4.10.18 – C – 12/17). Dies gelte aber nicht für Zeiten des Mutterschutzes oder der krankheitsbedingten Abwesenheit. In diesen Konstellationen dürfe der Anspruch nicht von der tatsächlichen Erbringung der Arbeitsleistung abhängig gemacht werden.

Der EuGH akzeptierte in dieser Entscheidung damit die Möglichkeit, Elternzeitperioden bei der Berechnung des Jahresurlaubs nicht zu berücksichtigen, weshalb das BAG nun auf eine Vorlage des Falls verzichtete.

Gesetzlicher Urlaubsanspruch

Zuletzt hatte sich der 9. Senat des BAG mit der Frage beschäftigt, ob für die Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs Zeiten des unbezahlten Sonderurlaubs unberücksichtigt bleiben. Bisher entschied das BAG dazu, dass für Fälle eines unbezahlten Sonderurlaubs eine Reduzierung des Urlaubs anhand einer Umrechnung nach § 3 Abs. 1 BUrlG nicht stattfinden solle. Als Voraussetzung für die Entstehung des gesetzlichen Mindesturlaubs galt nur das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG v. 06.5.14 – 9 AZR 678/12).

An dieser Rechtsprechung wird das BAG nach der neusten Entscheidung zukünftig nicht mehr festhalten. Somit ist für die Berechnung der Urlaubsdauer auch der Zeitraum zu berücksichtigen, in dem die Hauptleistungspflichten durch Vereinbarung von Sonderurlaub vorübergehend suspendiert wurden. Folglich kann dies dazu führen, dass wenn ein Arbeitnehmer sich während eines kompletten Jahres in unbezahltem Sonderurlaub befindet, mangels einer Arbeitspflicht auch keinen Anspruch auf Erholungsurlaub hat.

Damit stellt dies eine Abkehr von der bestehenden Rechtsauffassung dar, dass Urlaub keine Gegenleistung für geleistete Arbeit sein soll, sondern nur vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses abhängt. Diese Veränderung der Rechtsprechung könnte, wie bei dem Sachverhalt zuvor, auf den vom EuGH (vgl. EuGH v. 4.10.2018 – C-12/17) entschiedenen Fall zurückzuführen sein, wonach die bisherige Ansicht keineswegs durch Unionsrecht vorgegeben ist. Es entspreche vielmehr den Grundsätzen des Unionsrechts, dass ein Urlaubsanspruch wegen des Erholungszwecks nur dann entstehe, wenn tatsächlich gearbeitet werde.

Da bisher die Entscheidungsgründe noch nicht veröffentlicht worden sind, bleibt abzuwarten auf welche Überlegungen sich der Senat bei seiner Entscheidung gestützt hat.

Veränderungen im Urlaubsrecht – Was gilt es zukünftig zu beachten?

Das BAG hatte sich im ersten Quartal des Jahres 2019 mit einer Vielzahl von wichtigen urlaubsrechtlichen Problematiken zu befassen, welche teilweise zu einer Veränderung der bestehenden Rechtsauffassung geführt hat. Dieser Beitrag soll die wesentlichen Entwicklungen der Rechtsprechung darstellen und aufzeigen, worauf sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber zukünftig achten müssen, um die ggf. neuen rechtlichen Klippen möglichst sicher umfahren zu können.

Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers

Zu Beginn des Jahres befasste sich das BAG mit der Abgeltung von Urlaubsansprüchen bei dem Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis. Dabei schloss sich der Senat der Rechtsauffassung des EuGHs an und erkannte einen Anspruch, für die von dem Verstorbenen nicht genommenen Urlaubstage, aus § 1922 Abs. 1 BGB iVm. § 7 Abs. 4 BUrlG an (vgl. BAG v. 22.01.19 – 9 AZR 45/16).

Bereits im Jahr 2014 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH v. 12. Juni 2014, Az. C-118/13 – Fall Bollacke), dass einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet, Art. 7 der EU-Richtlinie 2003/88 entgegensteht. Infolgedessen befürwortete das LAG Köln in einem Fall die Umwandlung des Urlaubsanspruchs in einen Urlaubsabgeltungsanspruch zugunsten der Erben (vgl. LAG Köln v. 14.07.2016 – 8 Sa 324/16). Für das BAG blieben jedoch auch nach dem Bollacke-Urteil weitere Fragen offen, weshalb es erneut den EuGH anfragte.

Der EuGH hat sich daraufhin mit seiner Entscheidung eindeutig positioniert. Er bestätigte, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nach dem Unionsrecht nicht mit seinem Tod untergehen darf. Die Erben des verstorbenen Arbeitnehmers könnten eine finanzielle Vergütung, für den von dem Erblasser nicht genommenen Jahresurlaub verlangen. Seine Auffassung stützte der EuGH dabei auf den Sinn und Zweck des Art. 7 der Richtlinie. Dieser dient grundsätzlich dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer, welche sich durch den Urlaub erholen sollen. Sollte dies aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich sein, kommt in Ausnahmefällen eine finanzielle Vergütung der Urlaubstage in Betracht. Damit soll dem Arbeitnehmer die Chance geboten werden, den Urlaub später nachholen zu können. Dieser Abgeltungsanspruch, welcher Teil der Erbmasse ist, geht auf die Erben über.

Zusätzlich verdeutlichte der erkennende Senat, dass auch der Anspruch auf Zusatzurlaub z.B. für schwerbehinderte nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX aF und auf tarifvertraglichen Mehrurlaub zum abgeltungsfähigen Urlaubsanspruch gehört. Somit tragen die Erben nicht das Verfallrisiko für den tariflich gewährten Mehrurlaub, dies müsste ansonsten dem Tarifvertrag klar zu entnehmen sein.

Kürzung von Urlaubsansprüchen in der Elternzeit

Durch das Urteil vom 19. März 2019 bestätigte das BAG, dass eine Kürzung von Urlaubsansprüchen während der Elternzeit nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG im Einklang mit dem Unionsrecht stehe. Somit kann der Arbeitgeber für jeden vollen Kalendermonat, den die Elternzeit andauert, den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers um ein Zwölftel kürzen.

Für die Ausübung des Kürzungsrechts muss der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer erkennbar erklären, dass der Anspruch auf Urlaub im Fall der Elternzeit herabgesetzt wird. Erforderlich ist dafür eine empfangsbedürfte rechtsgeschäftliche Erklärung des Arbeitgebers. Diese Erklärung kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen. Ausreichend hierfür ist, zum Beispiel wenn dem Arbeitnehmer nur ein gekürzter Urlaubsanspruch gewährt wird oder auf andere Weise erkennbar wird, dass der Arbeitgeber von seinem Kürzungsrecht Gebrauch machen will. Die Kürzungserklärung kann dabei auch nach dem Ablauf des Erziehungsurlaubs erklärt werden, muss aber spätestens bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt sein.

Der erkennende Senat stellte zudem fest, dass das Kürzungsrecht nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub nach § 3 Abs. 1 BUrlG, sondern auch den vertraglich vereinbarten Mehrurlaub erfasse. Dabei wird jedoch vorausgesetzt, dass die Arbeitsvertragsparteien keine abweichende Regelung zu § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG getroffen haben.

Die Kürzungsregelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG verstößt nach den Ausführungen des BAG weder gegen Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG noch gegen § 5 Abs. 2 und 3 der Elternzeitrichtlinie 2010/18/EG. Danach verwies der Senat auf eine Entscheidung des EuGHs, wonach Arbeitnehmer, dessen Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis wegen der genommenen Elternzeit suspendiert sind, nicht mit Arbeitnehmern gleichzustellen sind, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben (vgl. EuGH v. 4.10.18 – C – 12/17). Dies gelte aber nicht für Zeiten des Mutterschutzes oder der krankheitsbedingten Abwesenheit. In diesen Konstellationen dürfe der Anspruch nicht von der tatsächlichen Erbringung der Arbeitsleistung abhängig gemacht werden.

Der EuGH akzeptierte in dieser Entscheidung damit die Möglichkeit, Elternzeitperioden bei der Berechnung des Jahresurlaubs nicht zu berücksichtigen, weshalb das BAG nun auf eine Vorlage des Falls verzichtete.

Gesetzlicher Urlaubsanspruch

Zuletzt hatte sich der 9. Senat des BAG mit der Frage beschäftigt, ob für die Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs Zeiten des unbezahlten Sonderurlaubs unberücksichtigt bleiben. Bisher entschied das BAG dazu, dass für Fälle eines unbezahlten Sonderurlaubs eine Reduzierung des Urlaubs anhand einer Umrechnung nach § 3 Abs. 1 BUrlG nicht stattfinden solle. Als Voraussetzung für die Entstehung des gesetzlichen Mindesturlaubs galt nur das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG v. 06.5.14 – 9 AZR 678/12).

An dieser Rechtsprechung wird das BAG nach der neusten Entscheidung zukünftig nicht mehr festhalten. Somit ist für die Berechnung der Urlaubsdauer auch der Zeitraum zu berücksichtigen, in dem die Hauptleistungspflichten durch Vereinbarung von Sonderurlaub vorübergehend suspendiert wurden. Folglich kann dies dazu führen, dass wenn ein Arbeitnehmer sich während eines kompletten Jahres in unbezahltem Sonderurlaub befindet, mangels einer Arbeitspflicht auch keinen Anspruch auf Erholungsurlaub hat.

Damit stellt dies eine Abkehr von der bestehenden Rechtsauffassung dar, dass Urlaub keine Gegenleistung für geleistete Arbeit sein soll, sondern nur vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses abhängt. Diese Veränderung der Rechtsprechung könnte, wie bei dem Sachverhalt zuvor, auf den vom EuGH (vgl. EuGH v. 4.10.2018 – C-12/17) entschiedenen Fall zurückzuführen sein, wonach die bisherige Ansicht keineswegs durch Unionsrecht vorgegeben ist. Es entspreche vielmehr den Grundsätzen des Unionsrechts, dass ein Urlaubsanspruch wegen des Erholungszwecks nur dann entstehe, wenn tatsächlich gearbeitet werde.

Da bisher die Entscheidungsgründe noch nicht veröffentlicht worden sind, bleibt abzuwarten auf welche Überlegungen sich der Senat bei seiner Entscheidung gestützt hat.

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