Autoren
Sabine Schwarz
Datum

27. Mai 2021

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Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat am 14.4.2021 einen Referentenentwurf vorgelegt, der massive Änderungen und damit einhergehend eine deutliche Verschärfung des aktuellen Befristungsrechts beinhaltet. Der Gesetzesentwurf ist sehr umstritten und befindet sich aktuell noch in der kabinettsinternen Abstimmung. Nach den Plänen des BMAS soll die Gesetzesänderung bereits zum 1.1.2022 in Kraft treten.

Der Entwurf setzt auf den bereits im Koalitionsvertrag aus März 2018 detailliert festgeschriebenen Anpassungen auf. Auf Arbeitgeberseite führt dies – gerade mit Blick auf die nach wie vor anhaltende Corona-Pandemie und schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – zu großer Sorge: Denn die geplanten Änderungen würden zu einer erheblichen Einschränkung, wenn nicht gar zu einem praktischen Ende der sachgrundlosen Befristung und Kettenbefristung führen.

Was ist konkret geplant?

  • Reduzierung der Höchstdauer der sachgrundlosen Befristung auf eine Dauer von maximal 18 statt 24 Monaten. Innerhalb dieses Zeitrahmens soll nur noch eine einzige Verlängerung (statt zuvor eine dreimalige Verlängerung) möglich sein.
  • Die Vereinbarung einer sachgrundlosen Befristung bleibt auf Neueinstellungen beschränkt, jedochohne dass im Entwurf eine Konkretisierung zur Frage der Vorbeschäftigung enthalten wäre. Die bislang schon bestehenden Unsicherheiten blieben somit erhalten.
  • Öffnungsklausel: Durch Tarifvertrag soll nur insofern abgewichen werden können, als dass eine Höchstdauer von bis zu 54 Monaten sowie die Erhöhung der Verlängerungsmöglichkeit auf drei vereinbart werden kann. Dies bedeutet eine erhebliche Einschränkung zur aktuell geltenden Rechtslage (keine zeitliche bzw. zahlenmäßige Begrenzung). Achtung: alte Tarifverträge mit günstigeren Regelungen würden nach den geplanten Übergangsbestimmungen nur bis maximal ein Jahr nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung weitergelten.
  • Quotenregelung: Arbeitgeber, die i.d.R. mehr als 75 Arbeitnehmer beschäftigen, dürften nur noch maximal 2,5% der Arbeitnehmer sachgrundlos befristet einstellen. Für die Berechnung der Quote soll auf die Anzahl der Arbeitnehmer am ersten Kalendertag des vorangegangenen Quartals abzustellen sein. Im Falle der Überschreitung des Schwellenwertes greift das Gleiche wie bei einer unwirksamen Befristung; der Arbeitsvertrag gilt sodann als unbefristet geschlossen. Die Quotenregelung gilt sowohl für Neueinstellungen als auch für die Verlängerung bestehender sachgrundlos befristeter Verträge. Arbeitgeber wären also gehalten, sich ein genaues Register anzulegen und es fortlaufend auf den Stand des ersten Kalendertages jeden Quartals zu bringen, um den Überblick zu behalten. Noch dazu soll der Arbeitgeber den Betriebsrat am ersten Kalendertag eines Quartals über die jeweilige Quote unterrichten. Dies führt insgesamt zu einem ganz beträchtlichen Verwaltungsaufwand. Ob diese Regelung verfassungsrechtlich haltbar ist, wird abzuwarten sein; hieran dürften große Zweifel bestehen. 
  • Einführung einer Höchstdauer von fünf Jahren/Leiharbeitnehmer: Überschreitet die Gesamtdauer der Befristungen mit demselben Arbeitgeber fünf Jahre, wäre eine Befristung (mit oder ohne Sachgrund) nicht mehr möglich. Dabei sollen auch Zeiten berücksichtigt werden, in denen ein Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer bei diesem Arbeitgeber beschäftigt war. Nur, wenn eine Unterbrechung von mindestens drei Jahren vorliegt, beginnt der 5-Jahres-Zeitraum von Neuem. Die ausdifferenzierte Rechtsprechung zur „Missbrauchsampel“ wäre damit obsolet.

Ausnahmen für die Höchstdauer sollen nur gelten für Befristungen aufgrund Eigenart der Arbeitsleistung und für Befristungen, die auf gerichtlichem Vergleich beruhen. Ebenfalls ausgenommen werden sollen die sog. Rentenbefristungen (Ende des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der Regelaltersgrenze) sowie die sog. In-Sich-Beurlaubungen von Beamten.

  • Zitiergebot: Der Entwurf sieht in Abweichungzur bisherigen Rechtsprechung des BAG eine Verpflichtung des Arbeitgebers vor, im Arbeitsvertrag schriftlich niederzulegen, dass es sich um einen sachgrundlos befristeten Vertrag handelt. Erfolgt dies nicht, bliebe es dem Arbeitgeber verwehrt, sich später hierauf zu berufen, auch wenn die Vereinbarung einer sachgrundlosen Befristung rechtlich zulässig wäre. Es würde dann nur geprüft, ob die Voraussetzungen für einen Sachgrund vorliegen. 

Wichtig: bei ausdrücklicher Regelung, dass es sich um einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag handelt, könnte sich der Arbeitgeber umgekehrt nicht mehr darauf stützen, dass zum Zeitpunkt der Befristungsabrede objektiv ein Sachgrund vorlag. Das Zitiergebot sieht somit einen wechselseitigen Ausschluss von sachgrundloser und Sachgrundbefristung vor. Der Arbeitgeber muss sich also – auch mit Blick auf die zu beachtende Quote gut überlegen, worauf er eine Befristung stützt. Möglich bliebe aber ungeachtet dessen ein Berufen auf andere Befristungstatbestände außerhalb des TzBfG. Praktisch bedeutsam sind hierbei insbesondere Befristungen nach dem WissZeitVG.

Fazit 

Auch wenn zunächst noch weiter abzuwarten ist, ob die Gesetzesänderung tatsächlich zeitnah verabschiedet wird und wie die Änderungen schlussendlich konkret ausgestaltet sein werden – feststeht: Mit dem Referentenentwurf wurde ein ernstzunehmender erster Schritt in Richtung Reform des Befristungsrechts gegangen, dessen weiterer Verlauf aufmerksam beobachtet werden sollte. Unabhängig von der endgültigen Detailausgestaltung der Neuregelungen, empfiehlt sich für die Arbeitgeber bereits im Vorfeld eine umfängliche Analyse der aktuellen Betriebsstrukturen sowie der bestehenden Arbeitsverhältnisse. Dies gewährleistet eine erleichterte Bewertung des betriebsindividuellen Handlungsbedarfes zur künftigen Einhaltung des Befristungsrechts sowie Rechtssicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit künftiger Befristungen. Denn eines dürfte sicher sein: Verschärfungen des Befristungsrechts werden früher oder später kommen.

Referentenentwurf des BMAS zur geplanten Verschärfung des Befristungsrechts – was geht überhaupt noch?

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat am 14.4.2021 einen Referentenentwurf vorgelegt, der massive Änderungen und damit einhergehend eine deutliche Verschärfung des aktuellen Befristungsrechts beinhaltet. Der Gesetzesentwurf ist sehr umstritten und befindet sich aktuell noch in der kabinettsinternen Abstimmung. Nach den Plänen des BMAS soll die Gesetzesänderung bereits zum 1.1.2022 in Kraft treten.

Der Entwurf setzt auf den bereits im Koalitionsvertrag aus März 2018 detailliert festgeschriebenen Anpassungen auf. Auf Arbeitgeberseite führt dies – gerade mit Blick auf die nach wie vor anhaltende Corona-Pandemie und schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – zu großer Sorge: Denn die geplanten Änderungen würden zu einer erheblichen Einschränkung, wenn nicht gar zu einem praktischen Ende der sachgrundlosen Befristung und Kettenbefristung führen.

Was ist konkret geplant?

  • Reduzierung der Höchstdauer der sachgrundlosen Befristung auf eine Dauer von maximal 18 statt 24 Monaten. Innerhalb dieses Zeitrahmens soll nur noch eine einzige Verlängerung (statt zuvor eine dreimalige Verlängerung) möglich sein.
  • Die Vereinbarung einer sachgrundlosen Befristung bleibt auf Neueinstellungen beschränkt, jedochohne dass im Entwurf eine Konkretisierung zur Frage der Vorbeschäftigung enthalten wäre. Die bislang schon bestehenden Unsicherheiten blieben somit erhalten.
  • Öffnungsklausel: Durch Tarifvertrag soll nur insofern abgewichen werden können, als dass eine Höchstdauer von bis zu 54 Monaten sowie die Erhöhung der Verlängerungsmöglichkeit auf drei vereinbart werden kann. Dies bedeutet eine erhebliche Einschränkung zur aktuell geltenden Rechtslage (keine zeitliche bzw. zahlenmäßige Begrenzung). Achtung: alte Tarifverträge mit günstigeren Regelungen würden nach den geplanten Übergangsbestimmungen nur bis maximal ein Jahr nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung weitergelten.
  • Quotenregelung: Arbeitgeber, die i.d.R. mehr als 75 Arbeitnehmer beschäftigen, dürften nur noch maximal 2,5% der Arbeitnehmer sachgrundlos befristet einstellen. Für die Berechnung der Quote soll auf die Anzahl der Arbeitnehmer am ersten Kalendertag des vorangegangenen Quartals abzustellen sein. Im Falle der Überschreitung des Schwellenwertes greift das Gleiche wie bei einer unwirksamen Befristung; der Arbeitsvertrag gilt sodann als unbefristet geschlossen. Die Quotenregelung gilt sowohl für Neueinstellungen als auch für die Verlängerung bestehender sachgrundlos befristeter Verträge. Arbeitgeber wären also gehalten, sich ein genaues Register anzulegen und es fortlaufend auf den Stand des ersten Kalendertages jeden Quartals zu bringen, um den Überblick zu behalten. Noch dazu soll der Arbeitgeber den Betriebsrat am ersten Kalendertag eines Quartals über die jeweilige Quote unterrichten. Dies führt insgesamt zu einem ganz beträchtlichen Verwaltungsaufwand. Ob diese Regelung verfassungsrechtlich haltbar ist, wird abzuwarten sein; hieran dürften große Zweifel bestehen. 
  • Einführung einer Höchstdauer von fünf Jahren/Leiharbeitnehmer: Überschreitet die Gesamtdauer der Befristungen mit demselben Arbeitgeber fünf Jahre, wäre eine Befristung (mit oder ohne Sachgrund) nicht mehr möglich. Dabei sollen auch Zeiten berücksichtigt werden, in denen ein Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer bei diesem Arbeitgeber beschäftigt war. Nur, wenn eine Unterbrechung von mindestens drei Jahren vorliegt, beginnt der 5-Jahres-Zeitraum von Neuem. Die ausdifferenzierte Rechtsprechung zur „Missbrauchsampel“ wäre damit obsolet.

Ausnahmen für die Höchstdauer sollen nur gelten für Befristungen aufgrund Eigenart der Arbeitsleistung und für Befristungen, die auf gerichtlichem Vergleich beruhen. Ebenfalls ausgenommen werden sollen die sog. Rentenbefristungen (Ende des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der Regelaltersgrenze) sowie die sog. In-Sich-Beurlaubungen von Beamten.

  • Zitiergebot: Der Entwurf sieht in Abweichungzur bisherigen Rechtsprechung des BAG eine Verpflichtung des Arbeitgebers vor, im Arbeitsvertrag schriftlich niederzulegen, dass es sich um einen sachgrundlos befristeten Vertrag handelt. Erfolgt dies nicht, bliebe es dem Arbeitgeber verwehrt, sich später hierauf zu berufen, auch wenn die Vereinbarung einer sachgrundlosen Befristung rechtlich zulässig wäre. Es würde dann nur geprüft, ob die Voraussetzungen für einen Sachgrund vorliegen. 

Wichtig: bei ausdrücklicher Regelung, dass es sich um einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag handelt, könnte sich der Arbeitgeber umgekehrt nicht mehr darauf stützen, dass zum Zeitpunkt der Befristungsabrede objektiv ein Sachgrund vorlag. Das Zitiergebot sieht somit einen wechselseitigen Ausschluss von sachgrundloser und Sachgrundbefristung vor. Der Arbeitgeber muss sich also – auch mit Blick auf die zu beachtende Quote gut überlegen, worauf er eine Befristung stützt. Möglich bliebe aber ungeachtet dessen ein Berufen auf andere Befristungstatbestände außerhalb des TzBfG. Praktisch bedeutsam sind hierbei insbesondere Befristungen nach dem WissZeitVG.

Fazit 

Auch wenn zunächst noch weiter abzuwarten ist, ob die Gesetzesänderung tatsächlich zeitnah verabschiedet wird und wie die Änderungen schlussendlich konkret ausgestaltet sein werden – feststeht: Mit dem Referentenentwurf wurde ein ernstzunehmender erster Schritt in Richtung Reform des Befristungsrechts gegangen, dessen weiterer Verlauf aufmerksam beobachtet werden sollte. Unabhängig von der endgültigen Detailausgestaltung der Neuregelungen, empfiehlt sich für die Arbeitgeber bereits im Vorfeld eine umfängliche Analyse der aktuellen Betriebsstrukturen sowie der bestehenden Arbeitsverhältnisse. Dies gewährleistet eine erleichterte Bewertung des betriebsindividuellen Handlungsbedarfes zur künftigen Einhaltung des Befristungsrechts sowie Rechtssicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit künftiger Befristungen. Denn eines dürfte sicher sein: Verschärfungen des Befristungsrechts werden früher oder später kommen.

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