Autoren
Lisa Schönberger, Dr. Piero Sansone
Datum

21. März 2024

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Bundesarbeitsgericht vom 01. Februar 2024 – 2 AS 22/23 (A)

Fakten: Mit seiner Entscheidung von 14. Dezember 2023 teilte der Sechste Senat des BAG in den Verfahren 6 AZR 157/22, 6 AZR 155/21 und 6 AZR 121/22 mit, dass er beabsichtigt, seine bisherige Rechtsprechung aufzugeben, wonach Fehler in der Massenentlassungsanzeige grundsätzlich zur Unwirksamkeit von Kündigungen führen.

Da diese Änderung der Rechtsprechung jedoch von der bisherigen Rechtsprechung des Zweiten Senats des BAG abweichen würde, kann der Sechste Senat die bisherige Rechtsprechung des BAGs nicht im Alleingang „drehen“. Er hat daher eine sog. Divergenzanfrage an den Zweiten Senat gestellt. Das Arbeitsgerichtsgesetz verlangt insofern grundsätzlich, dass ein Senat des Bundesarbeitsgerichts, der von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen möchte, zunächst bei diesem Senat eine Anfrage stellt, ob er an seiner Rechtsauffassung festhält.

Entscheidung: Der Zweite Senat hat mit seinem Beschluss nun das Verfahren ausgesetzt und den für die Auslegung von Unionsrecht zuständigen Europäischen Gerichtshof in einem sog. Vorabentscheidungsverfahren um die Beantwortung mehrerer Fragen ersucht. 

Im Zentrum der Fragen steht die sog. „Entlassungssperre“, die in der für Massenentlassungen maßgeblichen unionsrechtlichen Richtlinie vorgesehen ist. Die Entlassungssperre besagt, dass Massenentlassungen nicht vor Ablauf eines Monats nach Eingang der Entlassungsanzeige wirksam werden (selbst bei einer Kündigungsfrist, die kürzer ist als ein Monat). Der Senat stellt insoweit u.a. die Frage, ob die Entlassungssperre erst zu laufen beginnt, wenn die Entlassungsanzeige auch ordnungsgemäß war oder jedenfalls ordnungsgemäß nachgereicht wird. Soweit Fehler bei der Entlassungsanzeige künftig nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Kündigung führen, sondern durch Nachreichen einer ordnungsgemäßen Massenentlassungsanzeige nachträglich korrigiert werden, würde dies die wirtschaftlichen Folgen von Fehlern im Anzeigeverfahren deutlich begrenzen. Denn die bislang erforderliche und oftmals genutzte „Nachkündigung“ entfiele. 

Folgen der Entscheidung: Es hängt nun zunächst von der Beantwortung der Fragen durch den Europäischen Gerichtshof ab, wie es mit der Divergenzanfrage weitergeht. Wenn der Europäische Gerichtshof die Vorabentscheidung getroffen hat, wird der nächste Akt im Divergenzverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht folgen. Werden sich Sechster und Zweiter Senat nicht einig, kommt es zum Showdown und der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts wird über die Rechtsfolge für Fehler beim Erstatten von Massenentlassungsanzeigen entscheiden.

Hinweise für die Praxis: Die im Vorabentscheidungsersuchen vom Zweiten Senat gestellten Fragen dürften die Tendenz bestätigen, dass das Bundesarbeitsgericht Fehler beim Erstatten von Massenentlassungsanzeigen künftig weniger streng sanktionieren will. Bis diese Rechtsfrage endgültig geklärt ist, wird es aber noch etwas dauern. Bis zur endgültigen Entscheidung ist daher weiterhin größte Sorgfalt beim Erstatten von Massenentlassungsanzeigen zu wahren! Wichtig:

Hinsichtlich des Konsultationsverfahrens, das bei Massenentlassungen mit dem zuständigen Betriebsrat durchzuführen ist, soll es nach Auffassung des Sechsten Senats dabei bleiben, dass Fehler die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge haben. In diesem Verfahren bleibt es also dabei, dass Arbeitgeber mit höchster Präzision arbeiten müssen, um die Unwirksamkeit von Massenentlassungen zu vermeiden.

Mögliche Rechtsprechungsänderung im Recht der Massenentlassungen

Bundesarbeitsgericht vom 01. Februar 2024 – 2 AS 22/23 (A)

Fakten: Mit seiner Entscheidung von 14. Dezember 2023 teilte der Sechste Senat des BAG in den Verfahren 6 AZR 157/22, 6 AZR 155/21 und 6 AZR 121/22 mit, dass er beabsichtigt, seine bisherige Rechtsprechung aufzugeben, wonach Fehler in der Massenentlassungsanzeige grundsätzlich zur Unwirksamkeit von Kündigungen führen.

Da diese Änderung der Rechtsprechung jedoch von der bisherigen Rechtsprechung des Zweiten Senats des BAG abweichen würde, kann der Sechste Senat die bisherige Rechtsprechung des BAGs nicht im Alleingang „drehen“. Er hat daher eine sog. Divergenzanfrage an den Zweiten Senat gestellt. Das Arbeitsgerichtsgesetz verlangt insofern grundsätzlich, dass ein Senat des Bundesarbeitsgerichts, der von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen möchte, zunächst bei diesem Senat eine Anfrage stellt, ob er an seiner Rechtsauffassung festhält.

Entscheidung: Der Zweite Senat hat mit seinem Beschluss nun das Verfahren ausgesetzt und den für die Auslegung von Unionsrecht zuständigen Europäischen Gerichtshof in einem sog. Vorabentscheidungsverfahren um die Beantwortung mehrerer Fragen ersucht. 

Im Zentrum der Fragen steht die sog. „Entlassungssperre“, die in der für Massenentlassungen maßgeblichen unionsrechtlichen Richtlinie vorgesehen ist. Die Entlassungssperre besagt, dass Massenentlassungen nicht vor Ablauf eines Monats nach Eingang der Entlassungsanzeige wirksam werden (selbst bei einer Kündigungsfrist, die kürzer ist als ein Monat). Der Senat stellt insoweit u.a. die Frage, ob die Entlassungssperre erst zu laufen beginnt, wenn die Entlassungsanzeige auch ordnungsgemäß war oder jedenfalls ordnungsgemäß nachgereicht wird. Soweit Fehler bei der Entlassungsanzeige künftig nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Kündigung führen, sondern durch Nachreichen einer ordnungsgemäßen Massenentlassungsanzeige nachträglich korrigiert werden, würde dies die wirtschaftlichen Folgen von Fehlern im Anzeigeverfahren deutlich begrenzen. Denn die bislang erforderliche und oftmals genutzte „Nachkündigung“ entfiele. 

Folgen der Entscheidung: Es hängt nun zunächst von der Beantwortung der Fragen durch den Europäischen Gerichtshof ab, wie es mit der Divergenzanfrage weitergeht. Wenn der Europäische Gerichtshof die Vorabentscheidung getroffen hat, wird der nächste Akt im Divergenzverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht folgen. Werden sich Sechster und Zweiter Senat nicht einig, kommt es zum Showdown und der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts wird über die Rechtsfolge für Fehler beim Erstatten von Massenentlassungsanzeigen entscheiden.

Hinweise für die Praxis: Die im Vorabentscheidungsersuchen vom Zweiten Senat gestellten Fragen dürften die Tendenz bestätigen, dass das Bundesarbeitsgericht Fehler beim Erstatten von Massenentlassungsanzeigen künftig weniger streng sanktionieren will. Bis diese Rechtsfrage endgültig geklärt ist, wird es aber noch etwas dauern. Bis zur endgültigen Entscheidung ist daher weiterhin größte Sorgfalt beim Erstatten von Massenentlassungsanzeigen zu wahren! Wichtig:

Hinsichtlich des Konsultationsverfahrens, das bei Massenentlassungen mit dem zuständigen Betriebsrat durchzuführen ist, soll es nach Auffassung des Sechsten Senats dabei bleiben, dass Fehler die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge haben. In diesem Verfahren bleibt es also dabei, dass Arbeitgeber mit höchster Präzision arbeiten müssen, um die Unwirksamkeit von Massenentlassungen zu vermeiden.

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