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Datum

15. Oktober 2021

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Die Corona-Pandemie hat einige arbeitsrechtliche Fragen aufgeworfen. Das Bundesarbeitsgericht hat nun jüngst zu der hochumstrittenen Frage Stellung bezogen, ob Arbeitgeber Mitarbeitern den Lohn weiterzahlen müssen, wenn sie wegen eines Corona-Lockdowns zur Schließung des Betriebs gezwungen sind.

Sachverhalt

Die Beklagte, die einen Handel für Nähmaschinen und Zubehör in Bremen betreibt, war aufgrund einer behördlichen Allgemeinverfügung infolge der Corona-Pandemie dazu gezwungen, ihre Filiale im April 2020 schließen. Daraufhin erhielt die Klägerin, die als Minijobberin bei der Beklagten tätig ist und infolge der Schließung nicht arbeiten konnte, keine Vergütung. Die Klägerin hatte als geringfügig Beschäftigte zudem keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. 

Die Klägerin machte gerichtlich die Zahlung des Aprilgehalts geltend und vertrat die Ansicht, die Beklagte habe sich im Annahmeverzug befunden. Die Schließung der Filiale aufgrund behördlicher Anordnung im Rahmen der Corona-Pandemie sei dem Betriebsrisiko der Beklagten nach § 615 S. 3 BGB zuzurechnen, so dass die Beklagte zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet gewesen sei. 

Beide Vorinstanzen hatten den Zahlungsanspruch der Klägerin bejaht (Arbeitsgericht Verden v. 29.09.2020 – 1 Ca 391/20; Landesarbeitsgericht Niedersachen v. 23.03.2021 – 11 Sa 1062/20).

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hat die Vorinstanzen aufgehoben, der Revision der Beklagten stattgegeben und den Annahmeverzugsanspruch abgelehnt. 

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts beruhte die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung nicht auf Umständen, die dem Betriebsrisiko des Arbeitsgebers zuzurechnen waren. Der Arbeitgeber trage nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn – wie in dem entschiedenen Fall – zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen durch behördliche Anordnung in einem Bundesland die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. In einem solchen Fall realisiere sich nicht ein in einem bestimmten Betrieb angelegtes Betriebsrisiko. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung sei vielmehr Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. In einem solchen Fall sei es Sache des Staates, ggf. für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile zu sorgen.

Bedeutung und Folgen der Entscheidung

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts betrifft Kernfragen des Grundsatzprinzips „Ohne Arbeit, kein Lohn“, die sich infolge der Corona-Pandemie in neuem Gewand gezeigt haben. 

Nachdem in der Instanzrechtsprechung zuletzt die Tendenz erkennbar war, das Betriebsrisiko, dass im Rahmen von § 615 S. 3 BGB Lohnfortzahlungspflichten des Arbeitgebers begründet, bei behördlichen Schließungen infolge der Pandemie dem Arbeitgeber aufzubürden (vgl. LAG Düsseldorf v. 30.03.2021 – Az.: 8 Sa 674/20), kommt die klarstellende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur rechten Zeit. 

Arbeitgeber sind bei einem Arbeitsausfall gemäß § 615 S. 3 BGB gegenüber ihren Arbeitnehmern zur Entgeltzahlung verpflichtet, wenn die Gründe dafür in seiner „betrieblichen Sphäre“ liegen. Dem Bundesarbeitsgericht ist zuzustimmen, dass landesweite Betriebsschließungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers zuzurechnen sind, sondern die Gesellschaft, Arbeitgeber und Beschäftigte gleichermaßen betreffen und sich hierdurch vielmehr ein „allgemeines Lebensrisiko“ niederschlägt. 

Insbesondere der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld war in der Corona-Pandemie ein entscheidendes Mittel zum Ausgleich dieses Risikos. Anders war dies jedoch im entschiedenen Fall, da die Klägerin als Minijobberin nicht die Anforderungen für Kurzarbeitergeld erfüllen konnte. Nach zutreffender Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist diese Lücke im sozialversicherungsrechtlichen Schutz jedoch nicht durch eine Zahlungspflicht des Arbeitgebers zu füllen.

Offen ist, inwiefern die Entscheidung auf die verschiedenen „Konstellationen“ von Betriebsschließungen im Rahmen der Corona-Pandemie zu übertragen sind. Ausdrücklich entschieden ist vorerst auch nur der Fall einer nicht sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Arbeitgeber werden auf Grundlage der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nun aber genau und im Einzelfall zu prüfen haben, ob und inwiefern ggf. im Rahmen von coronabedingten Shutdowns gezahlte Annahmeverzugslohnansprüche von Arbeitnehmern zurückgefordert werden können. Dabei ist Arbeitgebern ein schnelles Handeln anzuraten, um etwaige Ausschlussfristen zu wahren und eine „Entreicherung“ der Arbeitnehmer i.S.d. § 818 Abs. 3 BGB so weit wie möglich zu „stoppen“. 

BAG: Keine Entgelt-fortzahlungspflicht bei behördlich angeordnetem „Lockdown“

Die Corona-Pandemie hat einige arbeitsrechtliche Fragen aufgeworfen. Das Bundesarbeitsgericht hat nun jüngst zu der hochumstrittenen Frage Stellung bezogen, ob Arbeitgeber Mitarbeitern den Lohn weiterzahlen müssen, wenn sie wegen eines Corona-Lockdowns zur Schließung des Betriebs gezwungen sind.

Sachverhalt

Die Beklagte, die einen Handel für Nähmaschinen und Zubehör in Bremen betreibt, war aufgrund einer behördlichen Allgemeinverfügung infolge der Corona-Pandemie dazu gezwungen, ihre Filiale im April 2020 schließen. Daraufhin erhielt die Klägerin, die als Minijobberin bei der Beklagten tätig ist und infolge der Schließung nicht arbeiten konnte, keine Vergütung. Die Klägerin hatte als geringfügig Beschäftigte zudem keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. 

Die Klägerin machte gerichtlich die Zahlung des Aprilgehalts geltend und vertrat die Ansicht, die Beklagte habe sich im Annahmeverzug befunden. Die Schließung der Filiale aufgrund behördlicher Anordnung im Rahmen der Corona-Pandemie sei dem Betriebsrisiko der Beklagten nach § 615 S. 3 BGB zuzurechnen, so dass die Beklagte zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet gewesen sei. 

Beide Vorinstanzen hatten den Zahlungsanspruch der Klägerin bejaht (Arbeitsgericht Verden v. 29.09.2020 – 1 Ca 391/20; Landesarbeitsgericht Niedersachen v. 23.03.2021 – 11 Sa 1062/20).

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hat die Vorinstanzen aufgehoben, der Revision der Beklagten stattgegeben und den Annahmeverzugsanspruch abgelehnt. 

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts beruhte die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung nicht auf Umständen, die dem Betriebsrisiko des Arbeitsgebers zuzurechnen waren. Der Arbeitgeber trage nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn – wie in dem entschiedenen Fall – zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen durch behördliche Anordnung in einem Bundesland die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. In einem solchen Fall realisiere sich nicht ein in einem bestimmten Betrieb angelegtes Betriebsrisiko. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung sei vielmehr Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. In einem solchen Fall sei es Sache des Staates, ggf. für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile zu sorgen.

Bedeutung und Folgen der Entscheidung

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts betrifft Kernfragen des Grundsatzprinzips „Ohne Arbeit, kein Lohn“, die sich infolge der Corona-Pandemie in neuem Gewand gezeigt haben. 

Nachdem in der Instanzrechtsprechung zuletzt die Tendenz erkennbar war, das Betriebsrisiko, dass im Rahmen von § 615 S. 3 BGB Lohnfortzahlungspflichten des Arbeitgebers begründet, bei behördlichen Schließungen infolge der Pandemie dem Arbeitgeber aufzubürden (vgl. LAG Düsseldorf v. 30.03.2021 – Az.: 8 Sa 674/20), kommt die klarstellende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur rechten Zeit. 

Arbeitgeber sind bei einem Arbeitsausfall gemäß § 615 S. 3 BGB gegenüber ihren Arbeitnehmern zur Entgeltzahlung verpflichtet, wenn die Gründe dafür in seiner „betrieblichen Sphäre“ liegen. Dem Bundesarbeitsgericht ist zuzustimmen, dass landesweite Betriebsschließungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers zuzurechnen sind, sondern die Gesellschaft, Arbeitgeber und Beschäftigte gleichermaßen betreffen und sich hierdurch vielmehr ein „allgemeines Lebensrisiko“ niederschlägt. 

Insbesondere der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld war in der Corona-Pandemie ein entscheidendes Mittel zum Ausgleich dieses Risikos. Anders war dies jedoch im entschiedenen Fall, da die Klägerin als Minijobberin nicht die Anforderungen für Kurzarbeitergeld erfüllen konnte. Nach zutreffender Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist diese Lücke im sozialversicherungsrechtlichen Schutz jedoch nicht durch eine Zahlungspflicht des Arbeitgebers zu füllen.

Offen ist, inwiefern die Entscheidung auf die verschiedenen „Konstellationen“ von Betriebsschließungen im Rahmen der Corona-Pandemie zu übertragen sind. Ausdrücklich entschieden ist vorerst auch nur der Fall einer nicht sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Arbeitgeber werden auf Grundlage der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nun aber genau und im Einzelfall zu prüfen haben, ob und inwiefern ggf. im Rahmen von coronabedingten Shutdowns gezahlte Annahmeverzugslohnansprüche von Arbeitnehmern zurückgefordert werden können. Dabei ist Arbeitgebern ein schnelles Handeln anzuraten, um etwaige Ausschlussfristen zu wahren und eine „Entreicherung“ der Arbeitnehmer i.S.d. § 818 Abs. 3 BGB so weit wie möglich zu „stoppen“. 

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