Autoren
Dr. Stephan Pötters
Datum

16. August 2021

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Mit dem Mitte Juni 2021 in Kraft getretenen „Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz)“ startet der Gesetzgeber den Versuch, die Tätigkeit von Betriebsräten im Zeitalter der Digitalisierung zu modernisieren und an digitale Arbeitsweisen anzupassen. Durch die Corona-Pandemie wurde die Notwendigkeit der Neuerungen deutlich und zum Teil bereits erprobt. Zugleich stärkt der Gesetzgeber mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetzes die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats als Mitgestalter der Digitalisierung. Darüber hinaus kann nun ein jahrelanger Streit um die datenschutzrechtliche Rolle des Betriebsrats ad acta gelegt werden.

Neuer Mitbestimmungstatbestand für mobile Arbeit

Zur Stärkung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats hat der Gesetzgeber einen neuen Mitbestimmungstatbestand in § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG geschaffen. Danach besteht für „Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird,“ ein zwingendes Mitbestimmungsrecht. Die Beschränkung auf die Ausgestaltung macht deutlich, dass die Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Einführung mobiler Arbeit mitbestimmungsfrei beim Arbeitgeber verbleibt. Mobil arbeitet nach der Gesetzesbegründung, wer „die geschuldete Arbeitsleistung unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnik außerhalb der Betriebsstätte von einem Ort oder von Orten seiner oder ihrer Wahl oder von einem mit dem Arbeitgeber vereinbarten Ort oder von mit dem Arbeitgeber vereinbarten Orten erbringt“. Regelmäßige mobile Arbeit ist dabei genauso erfasst wie sporadische.

Dadurch, dass dem Betriebsrat nur ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Ausgestaltung zugestanden wurde, besteht kein Initiativrecht. Insgesamt ist fraglich, inwieweit der neue Mitbestimmungstatbestand praktisch die Mitbestimmung ausbaut. Denn wesentliche Bestandteile des mobilen Arbeitens wurden schon vor dieser Reform über einzelne Mitbestimmungsrechte abgedeckt. Zu nennen sei dabei vor allem Nr. 6, der die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen regelt, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Hierbei ist nach der Rechtsprechung die objektive Geeignetheit zur Überwachung ausreichend, es kommt nicht auf eine tatsächliche Absicht des Einsatzes zum Zwecke der Überwachung des Arbeitgebers an. Im Ergebnis ist damit jede Software mitbestimmungspflichtig, wenn sie personenbezogene Daten von Beschäftigten verarbeitet. Dadurch sind die technischen Mittel zur Ermöglichung eines mobilen Arbeitens nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmt. Weitere Beteiligungsrechte, die bei der mobilen Arbeit regelmäßig tangiert wurden, befinden sich z.B. in § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Ordnung des Betriebes), Nr. 7 (Verhütung von Arbeitsunfällen) sowie in § 89 BetrVG (Arbeitsschutz), § 90 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG (Planung der Arbeitsplätze) und § 99 BetrVG (Versetzung). Insgesamt bestanden somit schon zahlreiche punktuelle Beteiligungsrechte des Betriebsrats, die zusammengenommen bereits dazu führten, dass der Betriebsrat bei Regelungen zum mobilen Arbeiten fast immer eingebunden werden musste. 

Hinzuziehung von KI- Sachverständigen

Ebenfalls im Rahmen der Mitbestimmungsrechte relevant ist die veränderte Regelung des § 80 Abs. 3 BetrVG. Durch zwei neu angefügte Sätze soll dem Betriebsrat erleichtert werden, IT-Sachverständige zum Thema Künstliche Intelligenz hinzuzuziehen. Deren Hinzuziehung gilt jetzt als erforderlich, sodass die Kosten vom Arbeitgeber zu tragen sind. Satz 3 stellt klar, dass dies auch für ständige Sachverständige gilt. Dies wird vor allem im Rahmen des bereits genannten Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG relevant.

Unterrichtungspflicht bei Planungen des Arbeitsverfahrens

Daran anschließend unterstreicht der neu formulierte § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, dass auch die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers Arbeitsablauf- und -verfahrensänderungen durch KI umfasst. Er soll daher von Anfang an in die Planung bei der Umgestaltung von Prozessen miteinbezogen werden, um auch zukünftig bei der fortschreitenden Digitalisierung von Arbeitsprozessen bestmöglich mitgestalten zu können. Doch auch hier muss davon ausgegangen werden, dass keine Änderung in der Praxis hinsichtlich der Unterrichtung eintritt. Unter Arbeitsverfahren fällt schon jetzt jede technische Art und Weise, mit der auf einen Arbeitsgegenstand eingewirkt wird, um die Arbeitsaufgabe zu erfüllen, wodurch der geplante Einsatz von künstlicher Intelligenz auch schon vor der Novellierung mit eingeschlossen war. 

Der Betriebsrat – im digitalen Zeitalter?

Mit den neuen Mitbestimmungsrechten sind also insgesamt eher symbolische Gesetzesänderungen umgesetzt worden. Mit der fingierten Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen für KI wird dem Betriebsrat allerdings ein gewichtiges Instrument in die Hand gelegt.

Auch beim Thema Betriebsratssitzungen ist das Betriebsrätemodernisierungsgesetz kein „großer Wurf“. Hier hat der Gesetzgeber die in der Corona-Pandemie intensiv genutzte befristete Regelung des § 129 BetrVG nicht verlängert, sondern stattdessen punktuell Regelungen in §§ 30, 33 BetrVG ergänzt. Diese ermöglichen weiterhin virtuelle Sitzungen per Video- oder Telefonkonferenz. Jedoch müssen nach § 30 Abs. 2 BetrVG „die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme in der Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt“ werden. Ohne Geschäftsordnung sind virtuelle Sitzungen somit nicht mehr möglich. Auch mit einer entsprechenden Regelung haben Präsenzsitzungen „Vorrang“ – was daraus genau folgt, lässt der Gesetzgeber freilich offen. In der Praxis sollten daher möglichst detaillierte Regelungen in der Geschäftsordnung erfolgen, die u.a. auch den Vorrang von Präsenzsitzungen bzw. umgekehrt die typischen Anwendungsfälle von virtuellen Sitzungen festlegen, um das Risiko nichtiger Betriebsratsbeschlüsse zu minimieren. 

Der Datenschutzbeauftragte – auch eine Kontrollinstanz für den Betriebsrat?

Neben den Mitbestimmungsthemen hat der Gesetzgeber zu einer wichtigen Frage des Datenschutzrechts Stellung bezogen: die Rolle des Betriebsrats im Datenschutzrecht. Der Gesetzgeber hat nun Gebrauch von seinem Recht zur Festlegung der Verantwortlichkeit gemäß Art. 4 Nr. 7 DSGVO gemacht und den Arbeitgeber in dem neu hinzugefügten § 79a BetrVG zum alleinig Verantwortlichen ernannt. Der Betriebsrat muss bei seiner Tätigkeit die datenschutzrechtlichen Vorgaben zwar ebenfalls beachten, allerdings bleibt der Arbeitgeber gegenüber Betroffenen und Aufsichtsbehörden der alleinige Adressat. 

Der Betriebsrat als blinder Fleck der Datenschutz-Compliance?

Der Arbeitgeber haftet damit auch für Datenschutzverstöße des Betriebsrats. Damit wird die Frage nach der Kontrollfähigkeit durch den oder die Datenschutzbeauftragte/n virulent. Ein Urteil des BAG aus dem Jahr 1997 (1 ABR 21/97) hatte dem noch eine Absage erteilt: Das damals in seiner alten Fassung allein geltende BDSG könne nicht einen Eingriff in die Unabhängigkeit des Betriebsrates gemeint haben. Dass das Gesetz dieses Problem nicht direkt adressiere, wurde als Lücke gewertet und im Ergebnis dem Souveränitätsgebot aus dem BetrVG Vorrang eingeräumt. Im Zuge der Reform des Datenschutzrechts, das nun auf der höherrangigen und unmittelbar anwendbaren Datenschutz-Grundverordnung beruht, kann diese Wertung nun nicht mehr ausschlaggebend sein. Dadurch hat sich in der Literatur die Ansicht gefestigt, dass eine Kontrolle durch den oder die Datenschutzbeauftragte möglich sein muss und zum Schutz der Betroffenen und auch des verantwortlichen Arbeitgebers richtig ist. Eine Klärung durch die Rechtsprechung steht allerdings noch aus. Das BAG hat diese Frage allerdings in einer Vorlage an den EuGH (27.04.2021 – 9 AZR 383/19 (A)) zumindest am Rande thematisiert. Ob der EuGH hierauf eingehen wird, bleibt abzuwarten. Der neu geschaffene § 79a BetrVG spricht für eine Neubewertung der bisherigen Position des BAG, der Datenschutzbeauftragte dürfte künftig also auch für Datenverarbeitungen der Betriebsräte zuständig sein. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 19/28899, S. 22) bezieht der Gesetzgeber insofern klar Stellung: „Die Stellung und die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten richten sich nach der Datenschutz-Grundverordnung (Artikel 38 und 39) und bestehen somit auch gegenüber dem Betriebsrat als Teil der verantwortlichen Stelle.“ Die Kontrolle durch den oder die Datenschutzbeauftragte/n untergräbt auch nicht die Selbstständigkeit des Betriebsrates. Nach § 79a S. 3 BetrVG ist „die oder der Datenschutzbeauftragte […] gegenüber dem Arbeitgeber zur Verschwiegenheit verpflichtet über Informationen, die Rückschlüsse auf den Meinungsbildungsprozess des Betriebsrats zulassen. Nach § 79a S. 4 BetrVG gilt die Verschwiegenheitspflichten über die Identität der betroffenen Person gem. § 38 Abs. 2 S. 1 BDSG, § 6 Abs. 5 S. 2 BDSG auch gegenüber dem Arbeitgeber.

Betriebsverfassung in der digitalen Arbeitswelt: Zaghafte Reformansätze im Betriebsräte-modernisierungsgesetz

Mit dem Mitte Juni 2021 in Kraft getretenen „Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz)“ startet der Gesetzgeber den Versuch, die Tätigkeit von Betriebsräten im Zeitalter der Digitalisierung zu modernisieren und an digitale Arbeitsweisen anzupassen. Durch die Corona-Pandemie wurde die Notwendigkeit der Neuerungen deutlich und zum Teil bereits erprobt. Zugleich stärkt der Gesetzgeber mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetzes die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats als Mitgestalter der Digitalisierung. Darüber hinaus kann nun ein jahrelanger Streit um die datenschutzrechtliche Rolle des Betriebsrats ad acta gelegt werden.

Neuer Mitbestimmungstatbestand für mobile Arbeit

Zur Stärkung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats hat der Gesetzgeber einen neuen Mitbestimmungstatbestand in § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG geschaffen. Danach besteht für „Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird,“ ein zwingendes Mitbestimmungsrecht. Die Beschränkung auf die Ausgestaltung macht deutlich, dass die Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Einführung mobiler Arbeit mitbestimmungsfrei beim Arbeitgeber verbleibt. Mobil arbeitet nach der Gesetzesbegründung, wer „die geschuldete Arbeitsleistung unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnik außerhalb der Betriebsstätte von einem Ort oder von Orten seiner oder ihrer Wahl oder von einem mit dem Arbeitgeber vereinbarten Ort oder von mit dem Arbeitgeber vereinbarten Orten erbringt“. Regelmäßige mobile Arbeit ist dabei genauso erfasst wie sporadische.

Dadurch, dass dem Betriebsrat nur ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Ausgestaltung zugestanden wurde, besteht kein Initiativrecht. Insgesamt ist fraglich, inwieweit der neue Mitbestimmungstatbestand praktisch die Mitbestimmung ausbaut. Denn wesentliche Bestandteile des mobilen Arbeitens wurden schon vor dieser Reform über einzelne Mitbestimmungsrechte abgedeckt. Zu nennen sei dabei vor allem Nr. 6, der die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen regelt, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Hierbei ist nach der Rechtsprechung die objektive Geeignetheit zur Überwachung ausreichend, es kommt nicht auf eine tatsächliche Absicht des Einsatzes zum Zwecke der Überwachung des Arbeitgebers an. Im Ergebnis ist damit jede Software mitbestimmungspflichtig, wenn sie personenbezogene Daten von Beschäftigten verarbeitet. Dadurch sind die technischen Mittel zur Ermöglichung eines mobilen Arbeitens nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmt. Weitere Beteiligungsrechte, die bei der mobilen Arbeit regelmäßig tangiert wurden, befinden sich z.B. in § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Ordnung des Betriebes), Nr. 7 (Verhütung von Arbeitsunfällen) sowie in § 89 BetrVG (Arbeitsschutz), § 90 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG (Planung der Arbeitsplätze) und § 99 BetrVG (Versetzung). Insgesamt bestanden somit schon zahlreiche punktuelle Beteiligungsrechte des Betriebsrats, die zusammengenommen bereits dazu führten, dass der Betriebsrat bei Regelungen zum mobilen Arbeiten fast immer eingebunden werden musste. 

Hinzuziehung von KI- Sachverständigen

Ebenfalls im Rahmen der Mitbestimmungsrechte relevant ist die veränderte Regelung des § 80 Abs. 3 BetrVG. Durch zwei neu angefügte Sätze soll dem Betriebsrat erleichtert werden, IT-Sachverständige zum Thema Künstliche Intelligenz hinzuzuziehen. Deren Hinzuziehung gilt jetzt als erforderlich, sodass die Kosten vom Arbeitgeber zu tragen sind. Satz 3 stellt klar, dass dies auch für ständige Sachverständige gilt. Dies wird vor allem im Rahmen des bereits genannten Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG relevant.

Unterrichtungspflicht bei Planungen des Arbeitsverfahrens

Daran anschließend unterstreicht der neu formulierte § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, dass auch die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers Arbeitsablauf- und -verfahrensänderungen durch KI umfasst. Er soll daher von Anfang an in die Planung bei der Umgestaltung von Prozessen miteinbezogen werden, um auch zukünftig bei der fortschreitenden Digitalisierung von Arbeitsprozessen bestmöglich mitgestalten zu können. Doch auch hier muss davon ausgegangen werden, dass keine Änderung in der Praxis hinsichtlich der Unterrichtung eintritt. Unter Arbeitsverfahren fällt schon jetzt jede technische Art und Weise, mit der auf einen Arbeitsgegenstand eingewirkt wird, um die Arbeitsaufgabe zu erfüllen, wodurch der geplante Einsatz von künstlicher Intelligenz auch schon vor der Novellierung mit eingeschlossen war. 

Der Betriebsrat – im digitalen Zeitalter?

Mit den neuen Mitbestimmungsrechten sind also insgesamt eher symbolische Gesetzesänderungen umgesetzt worden. Mit der fingierten Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen für KI wird dem Betriebsrat allerdings ein gewichtiges Instrument in die Hand gelegt.

Auch beim Thema Betriebsratssitzungen ist das Betriebsrätemodernisierungsgesetz kein „großer Wurf“. Hier hat der Gesetzgeber die in der Corona-Pandemie intensiv genutzte befristete Regelung des § 129 BetrVG nicht verlängert, sondern stattdessen punktuell Regelungen in §§ 30, 33 BetrVG ergänzt. Diese ermöglichen weiterhin virtuelle Sitzungen per Video- oder Telefonkonferenz. Jedoch müssen nach § 30 Abs. 2 BetrVG „die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme in der Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt“ werden. Ohne Geschäftsordnung sind virtuelle Sitzungen somit nicht mehr möglich. Auch mit einer entsprechenden Regelung haben Präsenzsitzungen „Vorrang“ – was daraus genau folgt, lässt der Gesetzgeber freilich offen. In der Praxis sollten daher möglichst detaillierte Regelungen in der Geschäftsordnung erfolgen, die u.a. auch den Vorrang von Präsenzsitzungen bzw. umgekehrt die typischen Anwendungsfälle von virtuellen Sitzungen festlegen, um das Risiko nichtiger Betriebsratsbeschlüsse zu minimieren. 

Der Datenschutzbeauftragte – auch eine Kontrollinstanz für den Betriebsrat?

Neben den Mitbestimmungsthemen hat der Gesetzgeber zu einer wichtigen Frage des Datenschutzrechts Stellung bezogen: die Rolle des Betriebsrats im Datenschutzrecht. Der Gesetzgeber hat nun Gebrauch von seinem Recht zur Festlegung der Verantwortlichkeit gemäß Art. 4 Nr. 7 DSGVO gemacht und den Arbeitgeber in dem neu hinzugefügten § 79a BetrVG zum alleinig Verantwortlichen ernannt. Der Betriebsrat muss bei seiner Tätigkeit die datenschutzrechtlichen Vorgaben zwar ebenfalls beachten, allerdings bleibt der Arbeitgeber gegenüber Betroffenen und Aufsichtsbehörden der alleinige Adressat. 

Der Betriebsrat als blinder Fleck der Datenschutz-Compliance?

Der Arbeitgeber haftet damit auch für Datenschutzverstöße des Betriebsrats. Damit wird die Frage nach der Kontrollfähigkeit durch den oder die Datenschutzbeauftragte/n virulent. Ein Urteil des BAG aus dem Jahr 1997 (1 ABR 21/97) hatte dem noch eine Absage erteilt: Das damals in seiner alten Fassung allein geltende BDSG könne nicht einen Eingriff in die Unabhängigkeit des Betriebsrates gemeint haben. Dass das Gesetz dieses Problem nicht direkt adressiere, wurde als Lücke gewertet und im Ergebnis dem Souveränitätsgebot aus dem BetrVG Vorrang eingeräumt. Im Zuge der Reform des Datenschutzrechts, das nun auf der höherrangigen und unmittelbar anwendbaren Datenschutz-Grundverordnung beruht, kann diese Wertung nun nicht mehr ausschlaggebend sein. Dadurch hat sich in der Literatur die Ansicht gefestigt, dass eine Kontrolle durch den oder die Datenschutzbeauftragte möglich sein muss und zum Schutz der Betroffenen und auch des verantwortlichen Arbeitgebers richtig ist. Eine Klärung durch die Rechtsprechung steht allerdings noch aus. Das BAG hat diese Frage allerdings in einer Vorlage an den EuGH (27.04.2021 – 9 AZR 383/19 (A)) zumindest am Rande thematisiert. Ob der EuGH hierauf eingehen wird, bleibt abzuwarten. Der neu geschaffene § 79a BetrVG spricht für eine Neubewertung der bisherigen Position des BAG, der Datenschutzbeauftragte dürfte künftig also auch für Datenverarbeitungen der Betriebsräte zuständig sein. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 19/28899, S. 22) bezieht der Gesetzgeber insofern klar Stellung: „Die Stellung und die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten richten sich nach der Datenschutz-Grundverordnung (Artikel 38 und 39) und bestehen somit auch gegenüber dem Betriebsrat als Teil der verantwortlichen Stelle.“ Die Kontrolle durch den oder die Datenschutzbeauftragte/n untergräbt auch nicht die Selbstständigkeit des Betriebsrates. Nach § 79a S. 3 BetrVG ist „die oder der Datenschutzbeauftragte […] gegenüber dem Arbeitgeber zur Verschwiegenheit verpflichtet über Informationen, die Rückschlüsse auf den Meinungsbildungsprozess des Betriebsrats zulassen. Nach § 79a S. 4 BetrVG gilt die Verschwiegenheitspflichten über die Identität der betroffenen Person gem. § 38 Abs. 2 S. 1 BDSG, § 6 Abs. 5 S. 2 BDSG auch gegenüber dem Arbeitgeber.

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