Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2024 – 8 AZR 140/23
Fakten
Der Kläger arbeitete als Gymnasiallehrer im öffentlichen Dienst. Der auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifvertrag sah vor, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rentenversicherung endet. Aus diesem Grund schied der Kläger im Jahr 2018 aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Land aus. Im Anschluss war er wiederholt im Rahmen befristeter Arbeitsverhältnisse tätig.
Im Dezember 2021 bewarb er sich bei einem Gymnasium desselben Landes auf eine befristete Vertretungsstelle. Neben ihm gab es noch einen weiteren Bewerber, der etwa 30 Jahre jünger war. Nach Abschluss des Auswahlverfahrens schlug die Schule den Kläger zur Einstellung vor. Die Bezirksregierung verwies darauf, dass jüngere und gleich qualifizierte Mitbewerber grundsätzlich vorrangig zu berücksichtigen seien. Letztendlich wurde der jüngere Bewerber eingestellt.
Der Kläger war der Auffassung, dass er im Rahmen der Auswahlentscheidung diskriminiert worden sei. Er erhob Klage gegen das Land und verlangte unter Berufung auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung.
Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage ab. Zwar erkannte es an, dass die Versagung der Einstellung eine Altersdiskriminierung darstellt, diese jedoch aus sachlichen Gründen gerechtfertigt und damit zulässig ist.
Mit Regelungen über eine Altersgrenze im Arbeitsverhältnis wird das legitime Ziel verfolgt, eine ausgewogene Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen zu erreichen. Hierdurch soll die berufliche Entwicklung jüngerer Menschen gefördert werden. Mit dem Ausscheiden der Älteren aus dem Erwerbsleben soll jüngeren Menschen im Sinne der Generationengerechtigkeit die Möglichkeit gegeben werden, früher in Führungspositionen aufzusteigen und eine höhere Vergütung zu erzielen. Es wird dem Sinn und Zweck einer Regelung zu Altersgrenzen nicht gerecht, wenn sie „nur“ im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gilt und nicht auch im Fall der Wiedereinstellung eines wegen Erreichens der Altersgrenze ausgeschiedenen Arbeitnehmers Anwendung findet. Demnach ist die altersbedingte Ablehnung eines Bewerbers, der die einschlägige tarifliche Altersgrenze überschritten hat, gerechtfertigt.
Folgen der Entscheidung
Mit dieser Entscheidung wird es Arbeitgebern ermöglicht, ehemalige Arbeitnehmer im Bewerbungsverfahren wegen ihres Alters abzulehnen. Damit schafft das Bundesarbeitsgericht Rechtssicherheit für die Personalplanung und begünstigt die Nachwuchsförderung.
Die Frage, ob im Fall des Abschlusses eines unbefristeten Arbeitsvertrages oder im Fall der Bewerbung bei einem anderen Arbeitgeber eine abweichende Beurteilung geboten ist, hat das Bundesarbeitsgericht hierbei jedoch offen gelassen.
Hinweise für die Praxis
Die Ablehnung eines Bewerbers wegen Erreichens der tariflichen Altersgrenze ist gerechtfertigt, wenn es noch jüngere Bewerber gibt, die über die erforderlichen Formalqualifikationen verfügen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kommt der Schutzzweck der Altersgrenze nicht zum Tragen und die Wiedereinstellung kann nicht (allein) aufgrund der Altersgrenze abgelehnt werden.
Unabhängig hiervon ist die Ablehnungsentscheidung im Bewerbungsprozess stets vorsichtig und unter Berücksichtigung der Regelungen des AGG zu formulieren, um nicht Anlass für potentielle Klagen zu geben.