Mindeststeuer heißt deutlich höherer Verwaltungsaufwand
Seit 2024 unterliegen deutsche Unternehmen mit einem Konzernumsatz von mindestens EUR 750 Mio. der – eigentlich – global geltenden Mindeststeuer, unabhängig davon, ob sie international tätig sind oder nicht. Das politisch grundsätzlich sinnvolle Ziel einer Ertragsteuer in jedem Land mit mindestens 15%, das ein immer weiteres Absenken der Körperschaftsteuersätze verhindern soll, wird durch eine extrem komplexe Regelungsmaterie erkauft. Folge ist u.a. ein erheblicher Verwaltungsaufwand, da im Prinzip eine weitere Bilanzierungsart im Unternehmen vorgehalten werden muss: Eine nach international einheitlichen Vorgaben modifizierte IFRS oder Local GAAP-Rechnungslegung. Das bedeutet regelmäßig zusätzliche Mitarbeiter in der Buchhaltung oder Steuerabteilung. Die internationalen Arbeitsgruppen entwickeln die Regelungen ständig weiter. Im Januar 2025 sind weitere, neue Verwaltungsrichtlinien herausgegeben worden, die zu befolgen sind. Der deutsche Gesetzgeber will mit dem MinSt-Anpassungsgesetz noch die Änderungen aus dem Vorjahr umsetzen, kommt also selbst nicht nach. Ein höchst komplexes Monstrum, das kaum jemand versteht.
Wie funktioniert die Mindeststeuer? Ist die Konzernmutter in Deutschland ansässig, wird bei ihr die Steuer nacherhoben, die bei Tochtergesellschaften zu einer Ertragsbesteuerung von unter 15% führt (Primärergänzungssteuer). Das niedrig besteuernde Land der Tochtergesellschaft kann allerdings mit der sog. Nationalen Ergänzungsteuer selbst den „gross-up“ auf 15% vornehmen, was fast immer der Fall sein wird. Deutschland rechnet daher nicht mit signifikanten Steuereinnahmen aus der Mindeststeuer. Sitzt die Konzernmutter in einem Land, das die Mindeststeuer nicht umgesetzt hat – wie z.B. die USA, China oder Indien -, sind alle anderen Länder, in denen Konzernunternehmen ansässig sind, berechtigt, an Stelle des Landes der Konzernmutter die Mindeststeuer zu erheben. Erhebungsmaßstab für diese sog. Sekundärergänzungsteuer ist die Summe der Löhne und der Werte des Anlagevermögens.
Neu: Drohung mit Strafbesteuerung aus den USA
Da die US-Amerikaner bereits in den seit Jahren laufenden Verhandlungen über die globale Mindesteuer klargemacht haben, dass sie diese im Prinzip nicht umsetzen wollen, kommt es nicht überraschend, dass die neue US-Regierung nun (wohl) abschließend klargestellt hat, dass die USA keine Mindesteuer erheben werden. Neu ist allerdings, dass die USA auch die Staaten von der Mindeststeuer abbringen wollen, die diese bereits im nationalen Recht verankert haben. Grundlage hierfür ist ein bislang unbekannter, weil auch nicht angewandter Paragraf des US-amerikanischen Steuergesetzbuchs: § 891 IRC. Danach ist der Präsident der USA ermächtigt, die geltenden Steuersätze für Unternehmen aus einem Land zu verdoppeln, das US-amerikanische Unternehmen steuerlich diskriminiert. Wird die Sekundärergänzungsteuer durch Deutschland erhoben, so Donald Trump, werden die Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen mit der doppelten regulären Kapitalertragsteuer, also mit 50% besteuert, statt wie bisher unter dem DBA Deutschland/USA mit 0%. Ein offensichtlich erdrosselndes Szenario für die deutsche Wirtschaft. Noch schützt das DBA Deutschland/USA, da dieses § 891 IRC vorgeht. Im US-Gesetzgebungsverfahren befindet sich allerdings ein § 899 IRC, mit dem der Vorrang und damit der Schutz des DBA aufgehoben werden soll (sog. treaty override).
Was kann Deutschland tun?
Was kann, was soll der deutsche Gesetzgeber tun? Nichts. Denn wenn, dann muss die EU-Kommission tätig werden, da die Mindeststeuer in der EU auf einer EU-Richtlinie beruht und nur die EU-Kommission berechtigt ist, einen Änderungsvorschlag vorzulegen. Diese erwägt momentan, welche Schritte zu gehen sind. Alles im Zusammenhang mit der (weiteren) Weigerung der USA, die eigentlich ausgehandelte Marktstaatenbesteuerung von hochprofitablen Unternehmen umzusetzen (die sog. Säule 1 in den internationalen Steuerharmonisierungsbemühungen, die globale Mindeststeuer ist die Säule 2). Eigentlich war immer klar, dass, sollte diese Besteuerung nicht kommen, die europäischen Digitalsteuern, eine Art Verkehrsteuer auf Digitaldienstleistungen wieder aktiviert werden, die vor allem die US-amerikanischen Digitalriesen treffen soll. Die EU-Kommission hat insoweit noch einen Richtlinienentwurf im Köcher, mit der dann alle EU-Staaten eine solche Steuer erheben müssten. Klar ist, dass dann vollends Krieg wäre. Daher will jetzt gut abgewogen werden, was die nächsten Schritte sind.
Immerhin hat die Vereinfachungsregelung für Verrechnungspreise von Vertriebstöchtern überlebt, die auch Bestandteil der Säule 1 war. Der sog. Amount B ist nunmehr offizieller Teil der OECD-Verrechnungspreisleitlinien geworden. Die OECD hat hierzu Ende Februar 2025 ein umfassendes Erläuterungspaket vorgelegt. Danach müssen die Finanzverwaltungen einen definierten Gewinnzuschlag akzeptieren, der aus einer Tabelle abgelesen werden kann, also etwas Gutes für alle Unternehmen.
Was wird die EU-Kommission tun?
Gut ist, dass die Sekundärergänzungsteuer erst für 2025 erhoben werden muss. Europa hat also noch Zeit. Eine Lösung wäre es, die US-amerikanische Mindeststeuer, die der globalen Mindeststeuer aber in einem entscheidenden Punkt nicht vergleichbar ist, trotzdem als Mindeststeuer anzuerkennen. Dies gilt bislang schon, allerdings begrenzt auf den Zeitraum bis einschließlich 2026. Eine Alternative wäre es, die Sekundärergänzungsteuer ganz aufzuheben. Das würde aber einseitig EU-Unternehmen benachteiligen. Da bislang nur 55 Staaten die Mindeststeuer umgesetzt haben, darunter mehr als 30 Staaten aus Europa, liegt natürlich auch die Überlegung nicht fern, die Mindeststeuer ganz aufzuheben. Es war immer klar, dass eine globale Mindesteuer nur dann Sinn machen kann, wenn sie auch tatsächlich global erhoben wird. So weit ist die EU-Kommission aber noch nicht.
Empfehlung: Abwarten und Safe Harbours nutzen
Für Steuerpflichtige empfiehlt es sich, die weitere Entwicklung abzuwarten. Unternehmen, die noch keine eigene Rechnungslegung für die Mindeststeuer eingerichtet haben, sollten für diese „Wartezeit“ von den sog. Safe Harbour-Regelungen Gebrauch machen, von denen der Gesetzgeber zahlreiche geschaffen hat. Gerade der CbC-Safe Harbour, der auf die Zahlen aus dem Länderbezogenen Bericht (Country-by-country Reporting) abstellt, dürfte hilfreich sein, den Mitte 2026 abzugebenden Mindeststeuerbericht zu erstellen, ohne dass jetzt zahlreiche neue Mitarbeiter in der Steuerabteilung eingestellt werden müssen.
Wird die ungeliebte Mindeststeuer wieder aufgehoben?
Mindeststeuer heißt deutlich höherer Verwaltungsaufwand
Seit 2024 unterliegen deutsche Unternehmen mit einem Konzernumsatz von mindestens EUR 750 Mio. der – eigentlich – global geltenden Mindeststeuer, unabhängig davon, ob sie international tätig sind oder nicht. Das politisch grundsätzlich sinnvolle Ziel einer Ertragsteuer in jedem Land mit mindestens 15%, das ein immer weiteres Absenken der Körperschaftsteuersätze verhindern soll, wird durch eine extrem komplexe Regelungsmaterie erkauft. Folge ist u.a. ein erheblicher Verwaltungsaufwand, da im Prinzip eine weitere Bilanzierungsart im Unternehmen vorgehalten werden muss: Eine nach international einheitlichen Vorgaben modifizierte IFRS oder Local GAAP-Rechnungslegung. Das bedeutet regelmäßig zusätzliche Mitarbeiter in der Buchhaltung oder Steuerabteilung. Die internationalen Arbeitsgruppen entwickeln die Regelungen ständig weiter. Im Januar 2025 sind weitere, neue Verwaltungsrichtlinien herausgegeben worden, die zu befolgen sind. Der deutsche Gesetzgeber will mit dem MinSt-Anpassungsgesetz noch die Änderungen aus dem Vorjahr umsetzen, kommt also selbst nicht nach. Ein höchst komplexes Monstrum, das kaum jemand versteht.
Wie funktioniert die Mindeststeuer? Ist die Konzernmutter in Deutschland ansässig, wird bei ihr die Steuer nacherhoben, die bei Tochtergesellschaften zu einer Ertragsbesteuerung von unter 15% führt (Primärergänzungssteuer). Das niedrig besteuernde Land der Tochtergesellschaft kann allerdings mit der sog. Nationalen Ergänzungsteuer selbst den „gross-up“ auf 15% vornehmen, was fast immer der Fall sein wird. Deutschland rechnet daher nicht mit signifikanten Steuereinnahmen aus der Mindeststeuer. Sitzt die Konzernmutter in einem Land, das die Mindeststeuer nicht umgesetzt hat – wie z.B. die USA, China oder Indien -, sind alle anderen Länder, in denen Konzernunternehmen ansässig sind, berechtigt, an Stelle des Landes der Konzernmutter die Mindeststeuer zu erheben. Erhebungsmaßstab für diese sog. Sekundärergänzungsteuer ist die Summe der Löhne und der Werte des Anlagevermögens.
Neu: Drohung mit Strafbesteuerung aus den USA
Da die US-Amerikaner bereits in den seit Jahren laufenden Verhandlungen über die globale Mindesteuer klargemacht haben, dass sie diese im Prinzip nicht umsetzen wollen, kommt es nicht überraschend, dass die neue US-Regierung nun (wohl) abschließend klargestellt hat, dass die USA keine Mindesteuer erheben werden. Neu ist allerdings, dass die USA auch die Staaten von der Mindeststeuer abbringen wollen, die diese bereits im nationalen Recht verankert haben. Grundlage hierfür ist ein bislang unbekannter, weil auch nicht angewandter Paragraf des US-amerikanischen Steuergesetzbuchs: § 891 IRC. Danach ist der Präsident der USA ermächtigt, die geltenden Steuersätze für Unternehmen aus einem Land zu verdoppeln, das US-amerikanische Unternehmen steuerlich diskriminiert. Wird die Sekundärergänzungsteuer durch Deutschland erhoben, so Donald Trump, werden die Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen mit der doppelten regulären Kapitalertragsteuer, also mit 50% besteuert, statt wie bisher unter dem DBA Deutschland/USA mit 0%. Ein offensichtlich erdrosselndes Szenario für die deutsche Wirtschaft. Noch schützt das DBA Deutschland/USA, da dieses § 891 IRC vorgeht. Im US-Gesetzgebungsverfahren befindet sich allerdings ein § 899 IRC, mit dem der Vorrang und damit der Schutz des DBA aufgehoben werden soll (sog. treaty override).
Was kann Deutschland tun?
Was kann, was soll der deutsche Gesetzgeber tun? Nichts. Denn wenn, dann muss die EU-Kommission tätig werden, da die Mindeststeuer in der EU auf einer EU-Richtlinie beruht und nur die EU-Kommission berechtigt ist, einen Änderungsvorschlag vorzulegen. Diese erwägt momentan, welche Schritte zu gehen sind. Alles im Zusammenhang mit der (weiteren) Weigerung der USA, die eigentlich ausgehandelte Marktstaatenbesteuerung von hochprofitablen Unternehmen umzusetzen (die sog. Säule 1 in den internationalen Steuerharmonisierungsbemühungen, die globale Mindeststeuer ist die Säule 2). Eigentlich war immer klar, dass, sollte diese Besteuerung nicht kommen, die europäischen Digitalsteuern, eine Art Verkehrsteuer auf Digitaldienstleistungen wieder aktiviert werden, die vor allem die US-amerikanischen Digitalriesen treffen soll. Die EU-Kommission hat insoweit noch einen Richtlinienentwurf im Köcher, mit der dann alle EU-Staaten eine solche Steuer erheben müssten. Klar ist, dass dann vollends Krieg wäre. Daher will jetzt gut abgewogen werden, was die nächsten Schritte sind.
Immerhin hat die Vereinfachungsregelung für Verrechnungspreise von Vertriebstöchtern überlebt, die auch Bestandteil der Säule 1 war. Der sog. Amount B ist nunmehr offizieller Teil der OECD-Verrechnungspreisleitlinien geworden. Die OECD hat hierzu Ende Februar 2025 ein umfassendes Erläuterungspaket vorgelegt. Danach müssen die Finanzverwaltungen einen definierten Gewinnzuschlag akzeptieren, der aus einer Tabelle abgelesen werden kann, also etwas Gutes für alle Unternehmen.
Was wird die EU-Kommission tun?
Gut ist, dass die Sekundärergänzungsteuer erst für 2025 erhoben werden muss. Europa hat also noch Zeit. Eine Lösung wäre es, die US-amerikanische Mindeststeuer, die der globalen Mindeststeuer aber in einem entscheidenden Punkt nicht vergleichbar ist, trotzdem als Mindeststeuer anzuerkennen. Dies gilt bislang schon, allerdings begrenzt auf den Zeitraum bis einschließlich 2026. Eine Alternative wäre es, die Sekundärergänzungsteuer ganz aufzuheben. Das würde aber einseitig EU-Unternehmen benachteiligen. Da bislang nur 55 Staaten die Mindeststeuer umgesetzt haben, darunter mehr als 30 Staaten aus Europa, liegt natürlich auch die Überlegung nicht fern, die Mindeststeuer ganz aufzuheben. Es war immer klar, dass eine globale Mindesteuer nur dann Sinn machen kann, wenn sie auch tatsächlich global erhoben wird. So weit ist die EU-Kommission aber noch nicht.
Empfehlung: Abwarten und Safe Harbours nutzen
Für Steuerpflichtige empfiehlt es sich, die weitere Entwicklung abzuwarten. Unternehmen, die noch keine eigene Rechnungslegung für die Mindeststeuer eingerichtet haben, sollten für diese „Wartezeit“ von den sog. Safe Harbour-Regelungen Gebrauch machen, von denen der Gesetzgeber zahlreiche geschaffen hat. Gerade der CbC-Safe Harbour, der auf die Zahlen aus dem Länderbezogenen Bericht (Country-by-country Reporting) abstellt, dürfte hilfreich sein, den Mitte 2026 abzugebenden Mindeststeuerbericht zu erstellen, ohne dass jetzt zahlreiche neue Mitarbeiter in der Steuerabteilung eingestellt werden müssen.