Autoren
Dr. Jennifer Lynn Konrad
Datum

07. März 2023

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Im Start-up und Venture Capital Bereich gelten Wandeldarlehen bislang als schnelle und unkomplizierte Lösung um kurzfristig an neues Kapital zu kommen. Anders als bei einer Finanzierungsrunde ist beim Abschluss eines Wandeldarlehens in der Regel keine aufwendige Dokumentation in Form einer Beteiligungsvereinbarung und einer neuen Gesellschaftervereinbarung erforderlich. Damit spart die Gesellschaft die Zeit und die Kosten für lange Verhandlungen mit den Gesellschaftern und Investoren und vor allem die Kosten und den Aufwand einer notariellen Beurkundung. 

So jedenfalls bislang. Das könnte sich jedoch durch die Rechtsprechung des OLG Zweibrücken zur Formbedürftigkeit von Wandeldarlehen ändern.

Das Urteil des OLG Zweibrücken vom 17. Mai 2022 (8 U 30/19)

Das OLG Zweibrücken hat am 17. Mai 2022 entschieden, dass Wandeldarlehen, die formlos abgeschlossen werden, unter bestimmten Umständen insgesamt nichtig sind und somit jederzeit als rechtsgrundlos gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB zurückgefordert werden können. 

Die Kernaussagen des Urteils lauten wie folgt: 

  • Wenn sich eine gesellschaftsfremde Person zur Übernahme von Gesellschaftsanteilen unter bestimmten Voraussetzungen nach einem festgelegten Schlüssel verbindlich verpflichtet, so ist die Unterschrift des Übernehmers gem. § 55 Abs. 1 GmbHG notariell zu beglaubigen. Dies gilt unabhängig davon, ob es tatsächlich zur Übernahme von Geschäftsanteilen nach § 55 Abs. 1 GmbHG kommt.
  • Die Formunwirksamkeit der Wandlungsverpflichtung führt zumindest in dem dem Gericht vorliegenden Fall zur Nichtigkeit des gesamten Vertragswerks. Eine Zerlegung des Vertrags in einzelne Teile wird mit dem Argument abgelehnt, dass der Darlehensvertrag zu derart günstigen Zinskonditionen (2,5 %) nicht von der Wandlungsregelung getrennt betrachtet werden kann und somit die Vermutungswirkung des § 139 BGB mit der Folge der Gesamtnichtigkeit eingreift.
  • Mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen hat das Gericht die Frage, ob im Fall einer Wandeldarlehensvereinbarung mit einseitiger Wandlungsoption für den Darlehensnehmer, die eine für die Gesellschaft verbindliche satzungsändernde Kapitalerhöhung vorsieht, eine Pflicht zur notariellen Beurkundung des zu Grunde liegenden Gesellschafterbeschlusses nach § 53 Abs. 2 GmbHG besteht. Nach Ansicht des Senates spricht jedoch vieles dafür.

Die Entscheidung ist einerseits fachlich nicht vollends überzeugend, da es sich bei einem Wandeldarlehen trotz bestimmter verpflichtender Elemente auch mit Nichtgesellschaftern immer noch um eine Vorvereinbarung handelt, die grundsätzlich formfrei wirksam sein sollte. Zudem ist das Urteil in Bezug auf das Formerfordernis nach § 55 Abs. 1 GmbHG nicht ganz eindeutig, ist hier nun eine notarielle Beglaubigung der Unterschrift ausreichend oder wird zudem eine notarielle Beurkundung gefordert? Hier werden die Begrifflichkeiten im Urteil teilweise nicht eindeutig verwendet. Auch das Argument, dass eine Teilnichtigkeit allein aufgrund der günstigen Zinsbedingungen nicht in Betracht kommt und demnach der gesamte Darlehensvertrag nichtig und rechtsgrundlos ist, erscheint nicht überzeugend. Ob das Gericht bei höheren Zinsen anders entschieden hätte und wo in diesem Fall die Grenze zu ziehen wäre, bleibt unklar. 

Daneben ist die Entscheidung vor allem für die Praxis unglücklich. So stellt sich die Frage, welchen Vorteil ein Wandeldarlehen weiterhin bieten kann, wenn gerade die Kosten und Zeitersparnis aufgrund der Formbedürftigkeit wegfallen sollten.

Die Entscheidung ist bislang noch nicht rechtskräftig. Es bleibt daher zu hoffen, dass eine höchstrichterliche Entscheidung anders ausfällt und die Aussagen des OLG Zweibrücken zur Formbedürftigkeit von Wandeldarlehen nicht bestätigt werden. 

Empfehlungen für die Gestaltung von Wandeldarlehen:

Bis dahin sollten beim Abschluss von Wandeldarlehen höchst vorsorglich in der Praxis jedoch die folgenden Punkte beachtet werden: 

  • Sofern es sich bei dem Darlehensgeber nicht um einen Gesellschafter, sondern einen gesellschaftsfremden Dritten handelt, sollte nach Möglichkeit die notarielle Beglaubigung der Unterschrift des Darlehensgebers erfolgen. Der Aufwand und die Kosten für die Unterschriftsbeglaubigung halten sich in Grenzen, so dass ein etwaiges Risiko mit geringem Aufwand verringert werden kann. 
  • Um zu vermeiden, dass aufgrund einer möglichen Unwirksamkeit der Wandlungsverpflichtung der gesamte Vertrag nichtig ist und damit eine sofortige Rückzahlung des Darlehens gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB gefordert werden kann sowie mangels Darlehensvertrags (mit Rangrücktrittsklausel) unter Umständen sogar ein Insolvenzgrund vorliegt, sollte eine klare Regelung aufgenommen werden, nach der der Darlehensvertrag in verschiedene selbstständige Vertragsteile aufgeteilt werden kann und eine potentielle Unwirksamkeit der Wandlungsverpflichtung gerade keine Gesamtnichtigkeit in Bezug auf den gesamten Vertrag bewirken soll. 
  • Zudem empfiehlt es sich, alle Gesellschafter als Partei des Darlehensvertrags aufzunehmen. Bei einer entsprechenden Gestaltung sprechen gute Gründe dafür, die mit dem Wandlungsrecht verbundene Abrede zur Durchführung einer Kapitalerhöhung nicht als beurkundungspflichtigen satzungsändernden Gesellschafterbeschluss (§ 53 Abs. 2 GmbHG), sondern als formlos wirksame Stimmbindungsvereinbarung oder Vorvereinbarung der Gesellschafter anzusehen. 

Wandeldarlehen für Startups – weiterhin eine unkomplizierte Alternative zur Finanzierungsrunde?

Im Start-up und Venture Capital Bereich gelten Wandeldarlehen bislang als schnelle und unkomplizierte Lösung um kurzfristig an neues Kapital zu kommen. Anders als bei einer Finanzierungsrunde ist beim Abschluss eines Wandeldarlehens in der Regel keine aufwendige Dokumentation in Form einer Beteiligungsvereinbarung und einer neuen Gesellschaftervereinbarung erforderlich. Damit spart die Gesellschaft die Zeit und die Kosten für lange Verhandlungen mit den Gesellschaftern und Investoren und vor allem die Kosten und den Aufwand einer notariellen Beurkundung. 

So jedenfalls bislang. Das könnte sich jedoch durch die Rechtsprechung des OLG Zweibrücken zur Formbedürftigkeit von Wandeldarlehen ändern.

Das Urteil des OLG Zweibrücken vom 17. Mai 2022 (8 U 30/19)

Das OLG Zweibrücken hat am 17. Mai 2022 entschieden, dass Wandeldarlehen, die formlos abgeschlossen werden, unter bestimmten Umständen insgesamt nichtig sind und somit jederzeit als rechtsgrundlos gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB zurückgefordert werden können. 

Die Kernaussagen des Urteils lauten wie folgt: 

  • Wenn sich eine gesellschaftsfremde Person zur Übernahme von Gesellschaftsanteilen unter bestimmten Voraussetzungen nach einem festgelegten Schlüssel verbindlich verpflichtet, so ist die Unterschrift des Übernehmers gem. § 55 Abs. 1 GmbHG notariell zu beglaubigen. Dies gilt unabhängig davon, ob es tatsächlich zur Übernahme von Geschäftsanteilen nach § 55 Abs. 1 GmbHG kommt.
  • Die Formunwirksamkeit der Wandlungsverpflichtung führt zumindest in dem dem Gericht vorliegenden Fall zur Nichtigkeit des gesamten Vertragswerks. Eine Zerlegung des Vertrags in einzelne Teile wird mit dem Argument abgelehnt, dass der Darlehensvertrag zu derart günstigen Zinskonditionen (2,5 %) nicht von der Wandlungsregelung getrennt betrachtet werden kann und somit die Vermutungswirkung des § 139 BGB mit der Folge der Gesamtnichtigkeit eingreift.
  • Mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen hat das Gericht die Frage, ob im Fall einer Wandeldarlehensvereinbarung mit einseitiger Wandlungsoption für den Darlehensnehmer, die eine für die Gesellschaft verbindliche satzungsändernde Kapitalerhöhung vorsieht, eine Pflicht zur notariellen Beurkundung des zu Grunde liegenden Gesellschafterbeschlusses nach § 53 Abs. 2 GmbHG besteht. Nach Ansicht des Senates spricht jedoch vieles dafür.

Die Entscheidung ist einerseits fachlich nicht vollends überzeugend, da es sich bei einem Wandeldarlehen trotz bestimmter verpflichtender Elemente auch mit Nichtgesellschaftern immer noch um eine Vorvereinbarung handelt, die grundsätzlich formfrei wirksam sein sollte. Zudem ist das Urteil in Bezug auf das Formerfordernis nach § 55 Abs. 1 GmbHG nicht ganz eindeutig, ist hier nun eine notarielle Beglaubigung der Unterschrift ausreichend oder wird zudem eine notarielle Beurkundung gefordert? Hier werden die Begrifflichkeiten im Urteil teilweise nicht eindeutig verwendet. Auch das Argument, dass eine Teilnichtigkeit allein aufgrund der günstigen Zinsbedingungen nicht in Betracht kommt und demnach der gesamte Darlehensvertrag nichtig und rechtsgrundlos ist, erscheint nicht überzeugend. Ob das Gericht bei höheren Zinsen anders entschieden hätte und wo in diesem Fall die Grenze zu ziehen wäre, bleibt unklar. 

Daneben ist die Entscheidung vor allem für die Praxis unglücklich. So stellt sich die Frage, welchen Vorteil ein Wandeldarlehen weiterhin bieten kann, wenn gerade die Kosten und Zeitersparnis aufgrund der Formbedürftigkeit wegfallen sollten.

Die Entscheidung ist bislang noch nicht rechtskräftig. Es bleibt daher zu hoffen, dass eine höchstrichterliche Entscheidung anders ausfällt und die Aussagen des OLG Zweibrücken zur Formbedürftigkeit von Wandeldarlehen nicht bestätigt werden. 

Empfehlungen für die Gestaltung von Wandeldarlehen:

Bis dahin sollten beim Abschluss von Wandeldarlehen höchst vorsorglich in der Praxis jedoch die folgenden Punkte beachtet werden: 

  • Sofern es sich bei dem Darlehensgeber nicht um einen Gesellschafter, sondern einen gesellschaftsfremden Dritten handelt, sollte nach Möglichkeit die notarielle Beglaubigung der Unterschrift des Darlehensgebers erfolgen. Der Aufwand und die Kosten für die Unterschriftsbeglaubigung halten sich in Grenzen, so dass ein etwaiges Risiko mit geringem Aufwand verringert werden kann. 
  • Um zu vermeiden, dass aufgrund einer möglichen Unwirksamkeit der Wandlungsverpflichtung der gesamte Vertrag nichtig ist und damit eine sofortige Rückzahlung des Darlehens gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB gefordert werden kann sowie mangels Darlehensvertrags (mit Rangrücktrittsklausel) unter Umständen sogar ein Insolvenzgrund vorliegt, sollte eine klare Regelung aufgenommen werden, nach der der Darlehensvertrag in verschiedene selbstständige Vertragsteile aufgeteilt werden kann und eine potentielle Unwirksamkeit der Wandlungsverpflichtung gerade keine Gesamtnichtigkeit in Bezug auf den gesamten Vertrag bewirken soll. 
  • Zudem empfiehlt es sich, alle Gesellschafter als Partei des Darlehensvertrags aufzunehmen. Bei einer entsprechenden Gestaltung sprechen gute Gründe dafür, die mit dem Wandlungsrecht verbundene Abrede zur Durchführung einer Kapitalerhöhung nicht als beurkundungspflichtigen satzungsändernden Gesellschafterbeschluss (§ 53 Abs. 2 GmbHG), sondern als formlos wirksame Stimmbindungsvereinbarung oder Vorvereinbarung der Gesellschafter anzusehen. 
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