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Datum

18. Oktober 2024

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Einleitung

Internationale M&A-Transaktionen in Deutschland bedürfen in vielen Fällen der hoheitlichen Freigabe. Der Prozess von Antragsstellung bis Freigabe oder Verbot wird durch das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und die Außenwirtschaftsverordnung (AWV) geregelt. Über die letzten Jahre wurde das Regime immer enger gefasst und Neuheiten kommen nun von der europäischen Ebene.

Durch die Umsetzung der europäischen NIS-2-Richtlinie, mit der die EU in der ganzen Europäischen Union einen verbindlichen und hohen Sicherheitsstandard vor Cyberangriffen sicherstellen und damit einhergehend die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts der EU beibehalten möchte, kommen auch auf die AWV Änderungen zu. Das die Richtlinie umsetzende, deutsche NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz (NIS2UmsuCG) wurde am 24. Juli 2024 verabschiedet; seine Verkündung steht noch aus.

Bisheriges System in Deutschland

Im Fall der Investition von ausländischen Investoren in ein deutsches Unternehmen hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Möglichkeit, den Erwerb im Einzelfall zu prüfen – dies ist auch als sog. Investitionsprüfung bekannt. Bei der außenwirtschaftsrechtlichen Investitionsprüfung wird in der AWV zwischen der „sektorübergreifenden“ und der „sektorspezifischen“ Prüfung unterschieden. Im Rahmen der jeweiligen Prüfung wird untersucht, ob durch den Erwerbsvorgang die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland voraussichtlich beeinträchtigt werden.

Alle Erwerbsvorgänge, bei denen ein Unionsfremder unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über mindestens 25 Prozent der Stimmrechte an dem inländischen Zielunternehmer erwirbt, unterliegen grundsätzlich der sektorübergreifenden Prüfung. Ausnahmen gelten bei den besonderen Katalogfällen des § 55a AWV. Die Fälle des Katalogs umfassen die „kritischen Infrastrukturen“ sowie die Hochtechnologie und andere sicherheitsrelevante Sektoren. Beim Vorliegen eines Katalogfalls besteht zunächst – anders als in den o.g. Regelfällen – eine Meldepflicht. Zudem liegt die Schwelle bei solchen inländischen Zielunternehmen, die unter den Katalog des § 55a AWV fallen, ausnahmsweise nicht bei 25, sondern bei 10 Prozent der Stimmrechte.

Erwerbsvorgänge, bei denen ein ausländischer Investor direkt oder indirekt die Kontrolle über mindestens 10 Prozent der Stimmrechte an einem inländischen Unternehmen erlangt, die im Bereich Defense aktiv sind, unterliegen wiederum einer sektorspezifischen Prüfung.

Neuerungen in Deutschland

Im Bereich der sektorübergreifenden Prüfung wird der Fallkatalog des § 55a in der AWV durch das deutsche NIS2UmsuCG, das die europäische NIS-2-Richtlinie umsetzt, geändert und angeglichen. Ursprünglich wurden Betreiber „kritischer Infrastrukturen“ sowie deren branchenspezifischen Softwares von dem Katalog erfasst. Mit der Umsetzung der Richtlinie verändert sich das künftig dahingehend, dass diese durch Betreiber „kritischer Anlagen“ ersetzt werden. Neues Kriterium für die Kataloganknüpfung ist also der Begriff der „Anlage“, welcher in Rechtskreisen kein Novum darstellt. Schon in der Vergangenheit sowie heute ist er in dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG) sowie der dazugehörigen Verordnung (BSI-KritisV) aufgeführt. Nach dem bisherigen § 2 Abs. 10 BSIG fallen unter den Begriff der kritischen Infrastrukturen auch bestimmte Anlagen, die durch die BSI-KritisV näher bestimmt werden. § 1 Abs. 1 Nr. 1 lit. a bis c BSI-KritisV regelt, dass unter Anlagen Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche Einrichtungen oder Software und IT-Dienste, die für die Erbringung einer kritischen Dienstleistung notwendig sind, zu verstehen sind. Der Begriff der „kritischen Infrastrukturen“ stellt also nur einen Oberbegriff dar. Durch die Änderung der Begriffe in der AWV kommt es daher insgesamt nicht zu einer Einschränkung oder Erweiterung der Investitionsprüfung. Deswegen wird auch künftig der sachliche Anwendungsbereich der sektorübergreifenden Investitionsprüfung im Bereich der „kritischen Infrastruktur“ durch die Begriffsveränderung weder beschränkt noch ausgedehnt.

Fazit/Ausblick

Die Umsetzung der NIS-2-Richtlinie durch das NIS2UmsuCG berührt auch die heutige AWV und hat damit Auswirkung auf das aktuelle Außenhandelsrecht. Die Neuerungen werden wohl auch beim zuständigen Ministerium den politischen Druck verschärfen, sich entsprechende Erwerbsvorgänge genauer anzusehen. Insofern sollten M&A-Projekte in diesem Bereich mit einem entsprechenden Vorlauf vorbereitet und mit dem zuständigen Ministerium besprochen werden.


Tightening of foreign trade law for M&A transactions due to the European NIS 2 Directive

Introduction

In many cases, international M&A transactions in Germany require official approval. The process from application to release or prohibition is regulated by the Foreign Trade and Payments Act (AWG) and the Foreign Trade and Payments Ordinance (AWV). Over the last few years, the regime has become ever stricter and innovations are now coming from the European level.

The implementation of the European NIS-2 Directive, with which the EU aims to ensure a binding and high standard of security against cyberattacks throughout the European Union and thus maintain the functionality of the EU’s internal market, will also result in changes to the AWV. The German NIS-2 Implementation and Cyber Security Strengthening Act (NIS2UmsuCG), which implements the directive, was passed on July 24, 2024; it has yet to be promulgated.

Previous system in Germany

If foreign investors invest in a German company, the Federal Ministry of Economics and Climate Protection (BMWK) has the option of examining the acquisition on a case-by-case basis – this is also known as an investment review. The AWV distinguishes between the „cross-sectoral“ and the „sector-specific“ review in foreign trade law investment reviews. As part of the respective review, it is examined whether the public order and security or essential security interests of the Federal Republic of Germany are likely to be impaired by the acquisition process.

All acquisition transactions in which a non-EU party directly or indirectly acquires control of at least 25% of the voting rights in the domestic target company are generally subject to the cross-sectoral review. Exceptions apply in the special catalog cases of Section 55a AWV. The cases in the catalog include „critical infrastructures“ as well as high technology and other security-relevant sectors. If a catalog case exists, there is initially – unlike in the above-mentioned regular cases – an obligation to notify. In addition, the threshold for such domestic target companies that fall under the catalog of Section 55a AWV is exceptionally not 25% but 10% of the voting rights.

Acquisitions in which a foreign investor directly or indirectly acquires control of at least 10% of the voting rights in a domestic company active in the defense sector are subject to a sector-specific review.

New developments in Germany

In the area of cross-sector reviews, the catalog of cases in Section 55a of the AWV is being amended and harmonized by the German NIS2UmsuCG, which implements the European NIS-2 Directive. Originally, operators of „critical infrastructures“ and their industry-specific software were covered by the catalog. With the implementation of the directive, this will change in future to the effect that these will be replaced by operators of „critical facilities“. The new criterion for the catalog link is therefore the term „facilities“, which is nothing new in legal circles. In the past and today, it is already listed in the Act on the Federal Office for Information Security (BSIG) and the associated ordinance (BSI-KritisV). According to the previous Section 2 para. 10 BSIG, the term critical infrastructures also includes certain facilities that are defined in more detail by the BSI-KritisV. Section 1 para. 1 no. 1 lit. a to c BSI-KritisV stipulates that facilities are to be understood as operating sites and other fixed installations, machines, devices and other mobile installations or software and IT services that are necessary for the provision of a critical service. The term „critical infrastructure“ is therefore only a generic term. The change to the terms in the AWV therefore does not result in an overall restriction or expansion of the investment review. For this reason, the material scope of the cross-sectoral investment review in the area of „critical infrastructure“ will neither be restricted nor extended by the change in terminology.

Conclusion/Outlook

The implementation of the NIS-2 Directive through the NIS2UmsuCG also affects the current AWV and therefore has an impact on current foreign trade law. The changes will probably also increase the political pressure on the responsible ministry to take a closer look at corresponding acquisition transactions. In this respect, M&A projects in this area should be prepared in advance and discussed with the responsible ministry.

Verschärfung des Außenwirtschaftsrechts bei M&A-Transaktionen durch die europäische NIS-2-Richtlinie

English version below

Einleitung

Internationale M&A-Transaktionen in Deutschland bedürfen in vielen Fällen der hoheitlichen Freigabe. Der Prozess von Antragsstellung bis Freigabe oder Verbot wird durch das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und die Außenwirtschaftsverordnung (AWV) geregelt. Über die letzten Jahre wurde das Regime immer enger gefasst und Neuheiten kommen nun von der europäischen Ebene.

Durch die Umsetzung der europäischen NIS-2-Richtlinie, mit der die EU in der ganzen Europäischen Union einen verbindlichen und hohen Sicherheitsstandard vor Cyberangriffen sicherstellen und damit einhergehend die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts der EU beibehalten möchte, kommen auch auf die AWV Änderungen zu. Das die Richtlinie umsetzende, deutsche NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz (NIS2UmsuCG) wurde am 24. Juli 2024 verabschiedet; seine Verkündung steht noch aus.

Bisheriges System in Deutschland

Im Fall der Investition von ausländischen Investoren in ein deutsches Unternehmen hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Möglichkeit, den Erwerb im Einzelfall zu prüfen – dies ist auch als sog. Investitionsprüfung bekannt. Bei der außenwirtschaftsrechtlichen Investitionsprüfung wird in der AWV zwischen der „sektorübergreifenden“ und der „sektorspezifischen“ Prüfung unterschieden. Im Rahmen der jeweiligen Prüfung wird untersucht, ob durch den Erwerbsvorgang die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland voraussichtlich beeinträchtigt werden.

Alle Erwerbsvorgänge, bei denen ein Unionsfremder unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über mindestens 25 Prozent der Stimmrechte an dem inländischen Zielunternehmer erwirbt, unterliegen grundsätzlich der sektorübergreifenden Prüfung. Ausnahmen gelten bei den besonderen Katalogfällen des § 55a AWV. Die Fälle des Katalogs umfassen die „kritischen Infrastrukturen“ sowie die Hochtechnologie und andere sicherheitsrelevante Sektoren. Beim Vorliegen eines Katalogfalls besteht zunächst – anders als in den o.g. Regelfällen – eine Meldepflicht. Zudem liegt die Schwelle bei solchen inländischen Zielunternehmen, die unter den Katalog des § 55a AWV fallen, ausnahmsweise nicht bei 25, sondern bei 10 Prozent der Stimmrechte.

Erwerbsvorgänge, bei denen ein ausländischer Investor direkt oder indirekt die Kontrolle über mindestens 10 Prozent der Stimmrechte an einem inländischen Unternehmen erlangt, die im Bereich Defense aktiv sind, unterliegen wiederum einer sektorspezifischen Prüfung.

Neuerungen in Deutschland

Im Bereich der sektorübergreifenden Prüfung wird der Fallkatalog des § 55a in der AWV durch das deutsche NIS2UmsuCG, das die europäische NIS-2-Richtlinie umsetzt, geändert und angeglichen. Ursprünglich wurden Betreiber „kritischer Infrastrukturen“ sowie deren branchenspezifischen Softwares von dem Katalog erfasst. Mit der Umsetzung der Richtlinie verändert sich das künftig dahingehend, dass diese durch Betreiber „kritischer Anlagen“ ersetzt werden. Neues Kriterium für die Kataloganknüpfung ist also der Begriff der „Anlage“, welcher in Rechtskreisen kein Novum darstellt. Schon in der Vergangenheit sowie heute ist er in dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG) sowie der dazugehörigen Verordnung (BSI-KritisV) aufgeführt. Nach dem bisherigen § 2 Abs. 10 BSIG fallen unter den Begriff der kritischen Infrastrukturen auch bestimmte Anlagen, die durch die BSI-KritisV näher bestimmt werden. § 1 Abs. 1 Nr. 1 lit. a bis c BSI-KritisV regelt, dass unter Anlagen Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche Einrichtungen oder Software und IT-Dienste, die für die Erbringung einer kritischen Dienstleistung notwendig sind, zu verstehen sind. Der Begriff der „kritischen Infrastrukturen“ stellt also nur einen Oberbegriff dar. Durch die Änderung der Begriffe in der AWV kommt es daher insgesamt nicht zu einer Einschränkung oder Erweiterung der Investitionsprüfung. Deswegen wird auch künftig der sachliche Anwendungsbereich der sektorübergreifenden Investitionsprüfung im Bereich der „kritischen Infrastruktur“ durch die Begriffsveränderung weder beschränkt noch ausgedehnt.

Fazit/Ausblick

Die Umsetzung der NIS-2-Richtlinie durch das NIS2UmsuCG berührt auch die heutige AWV und hat damit Auswirkung auf das aktuelle Außenhandelsrecht. Die Neuerungen werden wohl auch beim zuständigen Ministerium den politischen Druck verschärfen, sich entsprechende Erwerbsvorgänge genauer anzusehen. Insofern sollten M&A-Projekte in diesem Bereich mit einem entsprechenden Vorlauf vorbereitet und mit dem zuständigen Ministerium besprochen werden.


Tightening of foreign trade law for M&A transactions due to the European NIS 2 Directive

Introduction

In many cases, international M&A transactions in Germany require official approval. The process from application to release or prohibition is regulated by the Foreign Trade and Payments Act (AWG) and the Foreign Trade and Payments Ordinance (AWV). Over the last few years, the regime has become ever stricter and innovations are now coming from the European level.

The implementation of the European NIS-2 Directive, with which the EU aims to ensure a binding and high standard of security against cyberattacks throughout the European Union and thus maintain the functionality of the EU’s internal market, will also result in changes to the AWV. The German NIS-2 Implementation and Cyber Security Strengthening Act (NIS2UmsuCG), which implements the directive, was passed on July 24, 2024; it has yet to be promulgated.

Previous system in Germany

If foreign investors invest in a German company, the Federal Ministry of Economics and Climate Protection (BMWK) has the option of examining the acquisition on a case-by-case basis – this is also known as an investment review. The AWV distinguishes between the „cross-sectoral“ and the „sector-specific“ review in foreign trade law investment reviews. As part of the respective review, it is examined whether the public order and security or essential security interests of the Federal Republic of Germany are likely to be impaired by the acquisition process.

All acquisition transactions in which a non-EU party directly or indirectly acquires control of at least 25% of the voting rights in the domestic target company are generally subject to the cross-sectoral review. Exceptions apply in the special catalog cases of Section 55a AWV. The cases in the catalog include „critical infrastructures“ as well as high technology and other security-relevant sectors. If a catalog case exists, there is initially – unlike in the above-mentioned regular cases – an obligation to notify. In addition, the threshold for such domestic target companies that fall under the catalog of Section 55a AWV is exceptionally not 25% but 10% of the voting rights.

Acquisitions in which a foreign investor directly or indirectly acquires control of at least 10% of the voting rights in a domestic company active in the defense sector are subject to a sector-specific review.

New developments in Germany

In the area of cross-sector reviews, the catalog of cases in Section 55a of the AWV is being amended and harmonized by the German NIS2UmsuCG, which implements the European NIS-2 Directive. Originally, operators of „critical infrastructures“ and their industry-specific software were covered by the catalog. With the implementation of the directive, this will change in future to the effect that these will be replaced by operators of „critical facilities“. The new criterion for the catalog link is therefore the term „facilities“, which is nothing new in legal circles. In the past and today, it is already listed in the Act on the Federal Office for Information Security (BSIG) and the associated ordinance (BSI-KritisV). According to the previous Section 2 para. 10 BSIG, the term critical infrastructures also includes certain facilities that are defined in more detail by the BSI-KritisV. Section 1 para. 1 no. 1 lit. a to c BSI-KritisV stipulates that facilities are to be understood as operating sites and other fixed installations, machines, devices and other mobile installations or software and IT services that are necessary for the provision of a critical service. The term „critical infrastructure“ is therefore only a generic term. The change to the terms in the AWV therefore does not result in an overall restriction or expansion of the investment review. For this reason, the material scope of the cross-sectoral investment review in the area of „critical infrastructure“ will neither be restricted nor extended by the change in terminology.

Conclusion/Outlook

The implementation of the NIS-2 Directive through the NIS2UmsuCG also affects the current AWV and therefore has an impact on current foreign trade law. The changes will probably also increase the political pressure on the responsible ministry to take a closer look at corresponding acquisition transactions. In this respect, M&A projects in this area should be prepared in advance and discussed with the responsible ministry.

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