LAG Düsseldorf v. 05.03.2024 – 14 Sa 1148/23
Dass Arbeitgeber, die bis zum 31.12.2024 noch mögliche Zahlungen einer steuerbegünstigten Inflationsausgleichsprämie nicht ausnahmslos allen Arbeitnehmern zugutekommen lassen wollen, ist immer wieder Gegenstand arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen. Das LAG Düsseldorf hat nunmehr entschieden, dass es zulässig ist, in einem Tarifvertrag Arbeitnehmer, die sich in der Passivphase der Altersteilzeit befinden, von der Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie auszunehmen. Zudem bestätigt das LAG Düsseldorf, dass der Arbeitgeber mit der Zahlung der Inflationsausgleichsprämie auch weitere Ziele neben der Abmilderung gestiegener Preise verfolgen dürfe. Die anhängige Revision vor dem Bundesarbeitsgericht lässt eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Problematik erwarten.
Sachverhalt
Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Altersteilzeitvereinbarung im sog. Blockmodell vereinbart. Seit Mai 2022 war der Kläger in der Passivphase. Der auf das Arbeitsverhältnis anwendbare am 24.04.2023 geschlossene Tarifvertrag sieht für Arbeitnehmer, die am 31.05.2023 (Stichtag) in einem ungekündigten, nicht ruhenden Arbeitsverhältnis stehen, die Zahlung einer sog. Inflationsausgleichsprämie vor. Arbeitnehmer, die sich zum 31.05.2023 in der Passivphase der Altersteilzeit oder im Vorruhestand befinden, wurden ausdrücklich von dieser Zahlung ausgenommen. Arbeitnehmer in Elternzeit wurden dagegen nicht ausgeschlossen. Der Kläger war der Auffassung, dass die Ausnahme für Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit rechtswidrig sei. Er verlangte von der Beklagten die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie.
Entscheidung
Das LAG Düsseldorf wies die Klage ab. Es lasse sich ein Anspruch auf Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie aus dem Tarifvertrag nicht mit der Begründung ableiten, dass die Ausnahme für Arbeitnehmer, die sich zum 31.05.2023 in der Passivphase der Altersteilzeit befanden, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße. Die Tarifvertragsparteien dürften mit der Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie neben der Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise die weiteren Ziele verfolgen, die zum Auszahlungszeitpunkt geleistete Arbeit zu vergüten und zukünftige Betriebstreue zu belohnen. Die Verknüpfung mit weiteren Zielen stehe der Steuerprivilegierung des § 3 Nr. 11c EStG nicht entgegen, wenn diese dem Zweck der Abmilderung der erhöhten Verkaufspreise nicht zuwiderlaufen.
Die in der Herausnahme der passiven Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell liegende Ungleichbehandlung knüpfe bereits nicht an wesentlich gleiche Sachverhalte an, sondern an die bei der Altersteilzeit im Blockmodell bestehenden Besonderheiten. Im Gegensatz zu Arbeitnehmern, die kontinuierlich ihre Arbeitsleistung erbringen, trete der Arbeitnehmer im Blockmodell der Altersteilzeit während der Arbeitsphase mit seiner vollen Arbeitsleistung im Hinblick auf die sich anschließende Freistellungsphase in Vorleistung. Im Wege der Auslegung sei der Regelung zudem als weiteres zulässiges Ziel zu entnehmen, dass die Inflationsausgleichsprämie auch arbeitsleistungsbezogen ist. Dass Arbeitnehmer, die sich in Elternzeit befinden eine Inflationsausgleichsprämie gezahlt bekommen, sei dadurch gerechtfertigt, dass durch die Zahlung zukünftige Betriebstreue honoriert werden solle.
Wegen der mitverfolgten zusätzlichen Ziele komme es nicht darauf an, ob die Differenzierung durch eine geringere Belastung aufgrund der gestiegenen Verbraucherpreise zu rechtfertigen ist. Die Ausnahme für Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit beruhe nach der Tarifsystematik nicht auf ihrer geringeren Bedürftigkeit, sondern darauf, dass sie zum Stichtag keine Arbeitsleistung erbracht haben und absehbar aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden.
Vor diesem Hintergrund lehnte das BAG auch andere Ansprüche (z. B. wegen Altersdiskriminierung, Benachteiligung von Teilzeitarbeitnehmern oder aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz) ab. Die Ausnahme sei auch hier durch die genannten zusätzlich verfolgten Ziele sachlich gerechtfertigt.
Praxishinweis
Die Entscheidung des LAG Düsseldorf zeigt, dass es Spielräume bei der Bestimmung der Anspruchsberechtigten im Rahmen der Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie gibt – zumal bei Vereinbarung in einem Tarifvertrag. Das LAG hat aber auch betont, dass daraus, dass der Arbeitgeber die Mittel für die Inflationsausgleichsprämie bereitstellt, folgt, dass ihm bzw. den Tarifvertragsparteien ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen ist, solange die konkrete Ausgestaltung dem in § 3 Nr. 11c EStG vorgesehenen Ziel nicht zuwiderläuft. Diese Argumentation lässt sich nicht nur bei Differenzierungen in Tarifverträgen, sondern auch bei Streitigkeiten um Inflationsausgleichsprämien auf anderer Grundlage (z.B. Gesamtzusagen) nutzbar machen. Derzeit ist vor dem BAG unter dem Aktenzeichen 9 AZR 71/24 die Revision anhängig. Es bleibt abzuwarten, ob sich das BAG der Argumentation des LAG Düsseldorf anschließt.