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03. Februar 2025

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Am 30. Januar 2025 hat der Bundestag einstimmig das „Gesetz zur Anpassung des Mutterschutzgesetzes und weiterer Gesetze – Anspruch auf Mutterschutzfristen nach einer Fehlgeburt“ („Mutterschutzanpassungsgesetz“) beschlossen, das am 1. Juni 2025 in Kraft tritt. Das Mutterschutzanpassungsgesetz sieht insbesondere die Einführung gestaffelter Mutterschutzfristen nach einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche vor. Damit unternimmt der Gesetzgeber einen weiteren wichtigen Schritt zur Verbesserung des Schutzes schwangerer Frauen. Zuletzt wurde etwa mit dem am 12. August 2021 in Kraft getretenen Zweiten Führungspositionen-Gesetz geregelt, dass die Mutterschutzfristen auch für Geschäftsführerinnen gelten und diese während der Schutzfristen den Widerruf ihrer Bestellung mit gleichzeitiger Zusicherung der Wiederbestellung nach Ablauf der Frist verlangen können.

Dieser Beitrag gibt zunächst einen Überblick über die bisherige Rechtslage und stellt sodann die Rechtslage nach Inkrafttreten des Mutterschutzanpassungsgesetzes dar:

I. Bisherige Rechtslage


1. Kündigungsverbot nach einer Fehlgeburt

Bislang sind Frauen, die vor der 24. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden, weitgehend schutzlos gestellt. Nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 Mutterschutzgesetz („MuSchG“) besteht lediglich ein Kündigungsverbot von Frauen bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann nach § 17 Abs. 2 MuSchG die zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle die Kündigung für zulässig erklären, wenn die Kündigung nicht in Zusammenhang mit dem Zustand der Frau nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche steht. Solche besonderen Fälle liegen z.B. vor, wenn aus betrieblichen Gründen eine Weiterbeschäftigung der Frau nicht mehr möglich ist. Erforderlich ist jedoch stets eine Interessenabwägung, bei der insbesondere der mit § 17 Abs. 1 MuSchG verfolgte gesetzgeberische Zweck zu berücksichtigen ist, der Frau während der Schutzfristen des § 17 Abs. 1 MuSchG möglichst die materielle Existenzgrundlage zu erhalten und die mit einer Kündigung in dieser Zeit verbundenen besonderen psychischen Belastungen zu vermeiden.

2. Kein Mutterschutz nach einer Fehlgeburt

Einen darüber hinausgehenden Schutz haben Frauen, die eine Fehlgeburt vor der 24. Schwangerschaftswoche erleiden, bislang nicht. Die betroffenen Frauen haben nach der bisherigen gesetzlichen Regelung insbesondere keinen Anspruch auf Mutterschutz. Als Mutterschutzfrist gelten nach § 3 MuSchG in den meisten Fällen die sechs Wochen vor der Entbindung und die acht Wochen nach der Entbindung, in denen die Frau in der Regel nicht arbeiten darf. Ein Anspruch auf Mutterschutz besteht also nur vor und nach einer „Entbindung“. Was eine „Entbindung“ ist, definiert das MuSchG selbst nicht. Das BAG greift für die Frage, ob eine „Entbindung“ im Sinne des MuSchG vorliegt, in stetiger Rechtsprechung auf die Personenstandsverordnung („PStV“) zurück. Danach liegt eine „Entbindung“ vor, wenn es sich um eine Lebendgeburt im Sinne von § 31 Abs. 1 PStV oder um eine Totgeburt im Sinne von § 31 Abs. 2 PStV handelt, d.h. wenn das Gewicht des Kindes mindestens 500 Gram beträgt oder wenn das Gewicht des Kindes weniger als 500 Gramm beträgt, aber die 24. Schwangerschaftswoche erreicht ist. Das BAG stellte insofern zuletzt in seinem Urteil vom 15. Dezember 2005 (2 AZR 462/04, NZA 2006, 994) auf die PStV ab und zog die dortigen Definitionen von Lebend- und Totgeburt für den Begriff der „Entbindung“ heran.

Dieser Differenzierung nach den Vorgaben der PStV ist jedoch u.a. das Bundesverfassungsgericht in den Gründen seines Beschlusses vom 21. August 2024 (1 BvR 2106/22, NZA 2024, 1564) entgegengetreten. Dabei führte das BVerfG wie folgt aus:

Der Begriff der Entbindung wurde durch den Gesetzgeber weder im Mutterschutzrecht noch in den zugehörigen sozialrechtlichen Bestimmungen konkretisiert. Dass der Gesetzgeber unter Entbindung iSd § 3 II bis IV MuSchG nur die Fälle fassen wollte, bei denen nach Maßgabe der Personenstandsverordnung eine Lebendgeburt (§ 31 I) beziehungsweise eine Totgeburt (§ 31 II) vorliegt, wird weder aus dem Wortlaut der Regelungen noch der Systematik des Mutterschutzgesetzes ersichtlich. Dass der Gesetzgeber im Zuge der Reform des Mutterschutzgesetzes zum 1.1.2018 bei Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, für einen bestimmten Zeitraum ein Kündigungsverbot normiert hat (§ 17 I Nr. 2 MuSchG), setzt für die Auslegung des Begriffs „Entbindung“ im Rahmen der Schutzfristenregelungen keine verbindlichen Maßstäbe. Denn der Gesetzgeber stellte bei Einführung des mutterschutzrechtlichen Kündigungsverbots bei Fehlgeburten ausdrücklich klar, dass er die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des BAG zur Auslegung des Begriffs „Entbindung“ vorgenommene Bezugnahme auf die Personenstandsverordnung aus medizinischer Sicht und nach Intention des Mutterschutzgesetzes für nicht sachgerecht erachtet (vgl. BT-Drs. 18/8963, 87 f.; vgl. BR-Drs. 230/16, 99). Dass der Gesetzgeber die fachgerichtliche Auslegung hingegen bei den Schutzfristen für überzeugend hält, wird weder aus der Gesetzesbegründung ersichtlich, noch erscheint dies mit Blick auf die einheitliche Intention des Mutterschutzgesetzes plausibel.

Es erscheint daher nicht sachgerecht, den Begriff „Entbindung“ ausschließlich an die personenstandsrechtlichen Regelungen und damit ausschließlich an die Gewichtsgrenze von 500 Gramm bzw. an die 24. Schwangerschaftswoche zu knüpfen. Dies ergibt sich insbesondere im Hinblick auf die besondere Belastungssituation, der Frauen nach einer Fehlgeburt ausgesetzt sind.

Zwar können Frauen auch nach derzeitiger Rechtslage nach einer Fehlgeburt bei Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhalten, dies setzt jedoch voraus, dass sich die Frauen aktiv um eine aktive ärztliche Krankschreibung bemühen.

II. Zukünftige Rechtslage


1. Klare Definition des Begriffs „Entbindung“

Das Fehlen einer gesetzlichen Definition des Begriffs „Entbindung“ hat der Gesetzgeber nunmehr behoben. Mit dem Mutterschutzanpassungsgesetz wird der Begriff „Entbindung“ klar definiert. So wird in § 2 MuSchG folgender Absatz 6 angefügt:

(6) Eine Entbindung ist eine Lebend- oder Totgeburt. Die Regelungen zur Entbindung finden im Falle einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

Hierdurch können in Zukunft Unklarheiten vermieden und der besonderen Belastungssituation von Frauen nach einer Fehlgeburt Rechnung getragen werden.

2. Staffelung der Mutterschutzfristen für Frauen nach einer Fehlgeburt

Auch haben die betroffenen Frauen mit der Gesetzesänderung in Zukunft einen Anspruch auf Mutterschutz. Diese Schutzfristen werden mit dem Mutterschutzanpassungsgesetz nach einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche gestaffelt geregelt. Dazu wird in § 3 MuSchG folgender Absatz 5 angefügt:

(5) Bei einer Fehlgeburt darf der Arbeitgeber eine Frau nicht beschäftigen, soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt,

  1. bis zum Ablauf von zwei Wochen bei einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche oder
  2. bis zum Ablauf von sechs Wochen bei einer Fehlgeburt ab der 17. Schwangerschaftswoche oder
  3. bis zum Ablauf von acht Wochen bei einer Fehlgeburt ab der 20. Schwangerschaftswoche.

Sie kann ihre Erklärung nach Satz 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht.

Zu beachten ist, dass das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot nur gilt, wenn sich die betroffene Frau nicht ausdrücklich zur Arbeit bereit erklärt. Die betroffenen Frauen können also selbst entscheiden, ob sie Mutterschutzleistungen in Anspruch nehmen oder arbeiten gehen wollen. Insbesondere können sie nach dem neuen Absatz 5 Satz 2 ihre Erklärung, zur Arbeitsleistung bereit zu sein, jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Durch die ausdrückliche Regelung des Beschäftigungsverbots sind die betroffenen Frauen damit künftig nicht mehr auf eine Krankschreibung einer Ärztin oder eines Arztes nach einer Fehlgeburt angewiesen.

Keine Anwendung auf das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot nach einer Fehlgeburt finden jedoch die vorgeburtlichen Mutterschutzfristen des § 3 Abs. 1 MuSchG und die Verlängerung der nachgeburtlichen Mutterschutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG (vgl. hierzu § 3 Abs. 5 S. 3 MuSchG nF).

3. Mutterschaftsgeld nach einer Fehlgeburt

Für die Zeit der Schutzfristen sowie für den Entbindungstag wird Mutterschaftsgeld gezahlt. Dies gilt bereits nach § 19 MuSchG und wird durch die Änderung des § 24i Abs. 3 SGB V aufgrund des Mutterschutzanpassungsgesetzes auch sozialversicherungsrechtlich geregelt. Der Arbeitgeber der betroffenen Frau kann bei einem entsprechenden Beschäftigungsverbot eine Erstattung im Rahmen des U2-Umlageverfahrens beantragen, in das jeder Arbeitgeber konstant monatlich Beiträge einzahlt. Die Berechnung und Antragstellung erfolgt wie bisher in der Regel elektronisch über die gängigen Personalabrechnungssysteme. Dem Arbeitgeber entstehen durch die Neuregelung also keine wirtschaftlichen Belastungen.

III. Fazit

Die Änderungen durch das Mutterschutzanpassungsgesetz sind in jeder Hinsicht zu begrüßen. Durch die Einführung gestaffelter Mutterschutzfristen nach Fehlgeburten wird endlich Rechtssicherheit für die betroffenen Frauen und die Arbeitgeber im Hinblick auf mutterschutzrechtliche Regelungen geschaffen. Darüber hinaus schafft die Gesetzesänderung einen Schutzraum für betroffene Frauen und bewirkt, dass diese nicht unmittelbar nach einer Fehlgeburt eine Krankschreibung beantragen müssen. Auch für Arbeitgeber stellte die Gesetzesänderung eine positive Entwicklung dar. Klare Regelungen zu Mutterschutzfristen können zukünftige Unsicherheiten im Umgang mit Arbeitnehmerinnen nach einer Fehlgeburt minimieren und die Personalplanung des Arbeitgebers erleichtern.

Mutterschutzanspruch künftig auch bei Fehlgeburten

Am 30. Januar 2025 hat der Bundestag einstimmig das „Gesetz zur Anpassung des Mutterschutzgesetzes und weiterer Gesetze – Anspruch auf Mutterschutzfristen nach einer Fehlgeburt“ („Mutterschutzanpassungsgesetz“) beschlossen, das am 1. Juni 2025 in Kraft tritt. Das Mutterschutzanpassungsgesetz sieht insbesondere die Einführung gestaffelter Mutterschutzfristen nach einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche vor. Damit unternimmt der Gesetzgeber einen weiteren wichtigen Schritt zur Verbesserung des Schutzes schwangerer Frauen. Zuletzt wurde etwa mit dem am 12. August 2021 in Kraft getretenen Zweiten Führungspositionen-Gesetz geregelt, dass die Mutterschutzfristen auch für Geschäftsführerinnen gelten und diese während der Schutzfristen den Widerruf ihrer Bestellung mit gleichzeitiger Zusicherung der Wiederbestellung nach Ablauf der Frist verlangen können.

Dieser Beitrag gibt zunächst einen Überblick über die bisherige Rechtslage und stellt sodann die Rechtslage nach Inkrafttreten des Mutterschutzanpassungsgesetzes dar:

I. Bisherige Rechtslage


1. Kündigungsverbot nach einer Fehlgeburt

Bislang sind Frauen, die vor der 24. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden, weitgehend schutzlos gestellt. Nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 Mutterschutzgesetz („MuSchG“) besteht lediglich ein Kündigungsverbot von Frauen bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann nach § 17 Abs. 2 MuSchG die zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle die Kündigung für zulässig erklären, wenn die Kündigung nicht in Zusammenhang mit dem Zustand der Frau nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche steht. Solche besonderen Fälle liegen z.B. vor, wenn aus betrieblichen Gründen eine Weiterbeschäftigung der Frau nicht mehr möglich ist. Erforderlich ist jedoch stets eine Interessenabwägung, bei der insbesondere der mit § 17 Abs. 1 MuSchG verfolgte gesetzgeberische Zweck zu berücksichtigen ist, der Frau während der Schutzfristen des § 17 Abs. 1 MuSchG möglichst die materielle Existenzgrundlage zu erhalten und die mit einer Kündigung in dieser Zeit verbundenen besonderen psychischen Belastungen zu vermeiden.

2. Kein Mutterschutz nach einer Fehlgeburt

Einen darüber hinausgehenden Schutz haben Frauen, die eine Fehlgeburt vor der 24. Schwangerschaftswoche erleiden, bislang nicht. Die betroffenen Frauen haben nach der bisherigen gesetzlichen Regelung insbesondere keinen Anspruch auf Mutterschutz. Als Mutterschutzfrist gelten nach § 3 MuSchG in den meisten Fällen die sechs Wochen vor der Entbindung und die acht Wochen nach der Entbindung, in denen die Frau in der Regel nicht arbeiten darf. Ein Anspruch auf Mutterschutz besteht also nur vor und nach einer „Entbindung“. Was eine „Entbindung“ ist, definiert das MuSchG selbst nicht. Das BAG greift für die Frage, ob eine „Entbindung“ im Sinne des MuSchG vorliegt, in stetiger Rechtsprechung auf die Personenstandsverordnung („PStV“) zurück. Danach liegt eine „Entbindung“ vor, wenn es sich um eine Lebendgeburt im Sinne von § 31 Abs. 1 PStV oder um eine Totgeburt im Sinne von § 31 Abs. 2 PStV handelt, d.h. wenn das Gewicht des Kindes mindestens 500 Gram beträgt oder wenn das Gewicht des Kindes weniger als 500 Gramm beträgt, aber die 24. Schwangerschaftswoche erreicht ist. Das BAG stellte insofern zuletzt in seinem Urteil vom 15. Dezember 2005 (2 AZR 462/04, NZA 2006, 994) auf die PStV ab und zog die dortigen Definitionen von Lebend- und Totgeburt für den Begriff der „Entbindung“ heran.

Dieser Differenzierung nach den Vorgaben der PStV ist jedoch u.a. das Bundesverfassungsgericht in den Gründen seines Beschlusses vom 21. August 2024 (1 BvR 2106/22, NZA 2024, 1564) entgegengetreten. Dabei führte das BVerfG wie folgt aus:

Der Begriff der Entbindung wurde durch den Gesetzgeber weder im Mutterschutzrecht noch in den zugehörigen sozialrechtlichen Bestimmungen konkretisiert. Dass der Gesetzgeber unter Entbindung iSd § 3 II bis IV MuSchG nur die Fälle fassen wollte, bei denen nach Maßgabe der Personenstandsverordnung eine Lebendgeburt (§ 31 I) beziehungsweise eine Totgeburt (§ 31 II) vorliegt, wird weder aus dem Wortlaut der Regelungen noch der Systematik des Mutterschutzgesetzes ersichtlich. Dass der Gesetzgeber im Zuge der Reform des Mutterschutzgesetzes zum 1.1.2018 bei Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, für einen bestimmten Zeitraum ein Kündigungsverbot normiert hat (§ 17 I Nr. 2 MuSchG), setzt für die Auslegung des Begriffs „Entbindung“ im Rahmen der Schutzfristenregelungen keine verbindlichen Maßstäbe. Denn der Gesetzgeber stellte bei Einführung des mutterschutzrechtlichen Kündigungsverbots bei Fehlgeburten ausdrücklich klar, dass er die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des BAG zur Auslegung des Begriffs „Entbindung“ vorgenommene Bezugnahme auf die Personenstandsverordnung aus medizinischer Sicht und nach Intention des Mutterschutzgesetzes für nicht sachgerecht erachtet (vgl. BT-Drs. 18/8963, 87 f.; vgl. BR-Drs. 230/16, 99). Dass der Gesetzgeber die fachgerichtliche Auslegung hingegen bei den Schutzfristen für überzeugend hält, wird weder aus der Gesetzesbegründung ersichtlich, noch erscheint dies mit Blick auf die einheitliche Intention des Mutterschutzgesetzes plausibel.

Es erscheint daher nicht sachgerecht, den Begriff „Entbindung“ ausschließlich an die personenstandsrechtlichen Regelungen und damit ausschließlich an die Gewichtsgrenze von 500 Gramm bzw. an die 24. Schwangerschaftswoche zu knüpfen. Dies ergibt sich insbesondere im Hinblick auf die besondere Belastungssituation, der Frauen nach einer Fehlgeburt ausgesetzt sind.

Zwar können Frauen auch nach derzeitiger Rechtslage nach einer Fehlgeburt bei Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhalten, dies setzt jedoch voraus, dass sich die Frauen aktiv um eine aktive ärztliche Krankschreibung bemühen.

II. Zukünftige Rechtslage


1. Klare Definition des Begriffs „Entbindung“

Das Fehlen einer gesetzlichen Definition des Begriffs „Entbindung“ hat der Gesetzgeber nunmehr behoben. Mit dem Mutterschutzanpassungsgesetz wird der Begriff „Entbindung“ klar definiert. So wird in § 2 MuSchG folgender Absatz 6 angefügt:

(6) Eine Entbindung ist eine Lebend- oder Totgeburt. Die Regelungen zur Entbindung finden im Falle einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

Hierdurch können in Zukunft Unklarheiten vermieden und der besonderen Belastungssituation von Frauen nach einer Fehlgeburt Rechnung getragen werden.

2. Staffelung der Mutterschutzfristen für Frauen nach einer Fehlgeburt

Auch haben die betroffenen Frauen mit der Gesetzesänderung in Zukunft einen Anspruch auf Mutterschutz. Diese Schutzfristen werden mit dem Mutterschutzanpassungsgesetz nach einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche gestaffelt geregelt. Dazu wird in § 3 MuSchG folgender Absatz 5 angefügt:

(5) Bei einer Fehlgeburt darf der Arbeitgeber eine Frau nicht beschäftigen, soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt,

  1. bis zum Ablauf von zwei Wochen bei einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche oder
  2. bis zum Ablauf von sechs Wochen bei einer Fehlgeburt ab der 17. Schwangerschaftswoche oder
  3. bis zum Ablauf von acht Wochen bei einer Fehlgeburt ab der 20. Schwangerschaftswoche.

Sie kann ihre Erklärung nach Satz 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht.

Zu beachten ist, dass das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot nur gilt, wenn sich die betroffene Frau nicht ausdrücklich zur Arbeit bereit erklärt. Die betroffenen Frauen können also selbst entscheiden, ob sie Mutterschutzleistungen in Anspruch nehmen oder arbeiten gehen wollen. Insbesondere können sie nach dem neuen Absatz 5 Satz 2 ihre Erklärung, zur Arbeitsleistung bereit zu sein, jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Durch die ausdrückliche Regelung des Beschäftigungsverbots sind die betroffenen Frauen damit künftig nicht mehr auf eine Krankschreibung einer Ärztin oder eines Arztes nach einer Fehlgeburt angewiesen.

Keine Anwendung auf das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot nach einer Fehlgeburt finden jedoch die vorgeburtlichen Mutterschutzfristen des § 3 Abs. 1 MuSchG und die Verlängerung der nachgeburtlichen Mutterschutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG (vgl. hierzu § 3 Abs. 5 S. 3 MuSchG nF).

3. Mutterschaftsgeld nach einer Fehlgeburt

Für die Zeit der Schutzfristen sowie für den Entbindungstag wird Mutterschaftsgeld gezahlt. Dies gilt bereits nach § 19 MuSchG und wird durch die Änderung des § 24i Abs. 3 SGB V aufgrund des Mutterschutzanpassungsgesetzes auch sozialversicherungsrechtlich geregelt. Der Arbeitgeber der betroffenen Frau kann bei einem entsprechenden Beschäftigungsverbot eine Erstattung im Rahmen des U2-Umlageverfahrens beantragen, in das jeder Arbeitgeber konstant monatlich Beiträge einzahlt. Die Berechnung und Antragstellung erfolgt wie bisher in der Regel elektronisch über die gängigen Personalabrechnungssysteme. Dem Arbeitgeber entstehen durch die Neuregelung also keine wirtschaftlichen Belastungen.

III. Fazit

Die Änderungen durch das Mutterschutzanpassungsgesetz sind in jeder Hinsicht zu begrüßen. Durch die Einführung gestaffelter Mutterschutzfristen nach Fehlgeburten wird endlich Rechtssicherheit für die betroffenen Frauen und die Arbeitgeber im Hinblick auf mutterschutzrechtliche Regelungen geschaffen. Darüber hinaus schafft die Gesetzesänderung einen Schutzraum für betroffene Frauen und bewirkt, dass diese nicht unmittelbar nach einer Fehlgeburt eine Krankschreibung beantragen müssen. Auch für Arbeitgeber stellte die Gesetzesänderung eine positive Entwicklung dar. Klare Regelungen zu Mutterschutzfristen können zukünftige Unsicherheiten im Umgang mit Arbeitnehmerinnen nach einer Fehlgeburt minimieren und die Personalplanung des Arbeitgebers erleichtern.

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