A. Einleitung
Bereits seit zwei Jahren existiert für bestimmte Anwendungsbereiche die Möglichkeit der Online-Beurkundung (vgl. §§ 16a ff. BeurkG). Die fortschreitende Digitalisierung greift damit auch Platz im Notariatswesen. Den Beteiligten wird eine effiziente Möglichkeit der Beurkundung geboten, die den klassischen Gang zum Notar obsolet machen kann. Dieser Beitrag soll einen Überblick über Anwendungsbereiche und Ablauf einer Online-Beurkundung geben. Gleichzeitig soll somit auf die Möglichkeiten der digitalen Beurkundung aufmerksam gemacht werden, die bislang – so die Erfahrung aus der Beratungspraxis – nicht umfassend ausgeschöpft werden.
B. Anwendungsbereiche
Zunächst wird aufgezeigt, in welchen Anwendungsbereichen eine Online-Beurkundung möglich ist. Diese bestehen vor allem im Recht der GmbH.
I. Online-Beurkundung im GmbH-Recht
Im GmbH-Recht existieren verschiedene Anwendungsbereiche für eine Online-Beurkundung:
1. Gründungssatzung der GmbH
Zunächst kann die erforderliche Beurkundung der Gründungssatzung einer GmbH mittels Online-Beurkundung erfolgen (§ 2 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 GmbHG).
2. Beschlüsse über Satzungsänderungen in der GmbH
Bei Beschlüssen über Satzungsänderungen in der GmbH genügt eine Online-Beurkundung grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme gilt bei einstimmig gefassten Beschlüssen über eine Satzungsänderung, für welche das Online-Beurkundungsverfahren genügt (§ 53 Abs. 3 S. 2 GmbHG). Diese Ausnahme ist besonders relevant für kleine und überschaubare Gesellschafterkreise sowie für die sog. Ein-Mann-GmbH, bei welcher nur ein einziger Gesellschafter existiert.
3. Übernahme von GmbH-Geschäftsanteilen
Werden im Rahmen einer Kapitalerhöhung neue GmbH-Geschäftsanteile gebildet, kann die Erklärung der Übernahme der neuen Geschäftsanteile durch den Übernehmer ebenfalls online beurkundet werden (§ 55 Abs. 1 S. 2 GmbHG).
4. Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen
Nicht möglich ist hingegen eine Online-Beurkundung im Kontext der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen. Zur (dinglichen) Übertragung der Anteile ist weiterhin eine Präsenzbeurkundung erforderlich. Dies gilt grundsätzlich auch für die (schuldrechtliche) Verpflichtung zur Übertragung von Geschäftsanteilen (§ 15 Abs. 4 GmbHG). Ausnahmsweise genügt die Online-Beurkundung jedoch für Abtretungsverpflichtungen, welche bei Gründung im Rahmen des Gesellschaftsvertrags mitbeurkundet werden (§ 2 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 GmbHG).
II. Online-Beurkundung im AG-Recht
Im Gegensatz zum GmbH-Recht bestehen im Recht der AG keine nennenswerten Möglichkeiten einer Online-Beurkundung.
1. Gründungssatzung der AG
Bei der AG ist eine Online-Beurkundung der Gründungssatzung nicht möglich. Nach der Digitalisierungsrichtlinie stand es dem deutschen Gesetzgeber offen, die Online-Gründung auf weitere Gesellschaften, beispielsweise die AG, zu erstrecken. Der Gesetzgeber hat sich allerdings bewusst gegen eine solche Möglichkeit entschieden. Eine Online-Beurkundung kommt lediglich in Betracht für die zur Anmeldung der Handelsregistereintragung erforderlichen Dokumente (§ 12 Abs. 1 S. 2 HGB).
2. Beschlüsse der Hauptversammlung (einschließlich Satzungsänderungen)
Zwar ist bei Hauptversammlungen eine virtuelle Teilnahme der Aktionäre möglich (§ 118 Abs. 1 S. 1 AktG), allerdings sind die auf der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse keiner Online-Beurkundung zugänglich: § 130 Abs. 1a AktG normiert weiterhin eine physische Präsenzpflicht des Notars; die Beurkundung muss am Ort der Hauptversammlung erfolgen.
C. Ablauf einer Online-Beurkundung
Die Online-Beurkundung wird per Echtzeit-Videokonferenz zwischen dem Notar und den Beteiligten durchgeführt. Die Identifizierung der Beteiligten durch den Notar erfolgt über ein zweistufiges Verfahren: Auf der ersten Stufe erfolgt die Identifizierung mittels eines elektronischen Identitätsnachweises (eID), wofür beispielsweise ein aktueller Personalausweis genutzt werden kann. Auf der zweiten Stufe gleicht der Notar das Erscheinungsbild jedes Beteiligten mit dessen elektronisch übermitteltem Lichtbild ab. Hierzu wird das Lichtbild aus dem Personalausweis oder Reisepass über das Videokommunikationssystem ausgelesen. Die Beteiligten benötigen dazu ein Smartphone als Auslesegerät sowie eine App zum Auslesen, welche von der Bundesnotarkammer kostenfrei bereitgestellt wird.
D. Substitution durch ausländische Online-Beurkundung?
Interessant und praktisch relevant ist außerdem die Frage, ob das deutsche Beurkundungsverfahren durch eine ausländische Online-Beurkundung ersetzt werden kann. Hier ist wie folgt zu differenzieren:
Soweit nach deutschem Recht eine Online-Beurkundung nicht zugelassen ist, scheidet die Anerkennung einer digitalen Beurkundung im Ausland schon deshalb aus, weil diese von vornherein mit dem deutschen Präsenzverfahren nicht vergleichbar sein kann. Ist eine Online-Beurkundung in Deutschland nicht vorgesehen, darf diese Grundentscheidung nicht durch den Gang zu einem ausländischen Notar und eine dort erfolgende Online-Beurkundung konterkariert werden.
Ist nach deutschem Recht eine Online-Beurkundung zugelassen, ist ein entsprechendes Verfahren vor einem ausländischen Notar anzuerkennen, wenn dieses den deutschen Standards entspricht und somit den Anforderungen an die rechtliche Vergleichbarkeit genügt. Im Rahmen der Vergleichbarkeitsprüfung dürfte vor allem relevant sein, dass das bei der Online-Beurkundung verwendete Kommunikationssystem von der Bundesnotarkammer unterhalten wird und nicht von externen Anbietern sowie die Zweistufigkeit der Prüfung anhand (sicherer) Ausweisdokumente.
Fazit
Die noch junge Möglichkeit der Online-Beurkundung ist in der Praxis bislang wenig erprobt. In Anbetracht dessen bleibt – auch vor dem Hintergrund der aufgeworfenen Fragen – abzuwarten, ob und wie schnell sich das digitale Beurkundungsverfahren durchsetzen wird. Aus unserer Beratungspraxis kann jedoch bestätigt werden, dass es durchaus Erfolgsbeispiele gibt, wenn es alle Beteiligten wollen. In gesetzgeberischer Hinsicht wird sich zeigen, ob die Einführung der Online-Beurkundung der Anfang einer Welle von Novellen sein wird und ob der internationale Reformdruck zu einem höheren Maß an Digitalisierung in der Rechts- und Notarpraxis führen wird.
Möglichkeiten der Online-Beurkundung im Recht der GmbH und der AG
A. Einleitung
Bereits seit zwei Jahren existiert für bestimmte Anwendungsbereiche die Möglichkeit der Online-Beurkundung (vgl. §§ 16a ff. BeurkG). Die fortschreitende Digitalisierung greift damit auch Platz im Notariatswesen. Den Beteiligten wird eine effiziente Möglichkeit der Beurkundung geboten, die den klassischen Gang zum Notar obsolet machen kann. Dieser Beitrag soll einen Überblick über Anwendungsbereiche und Ablauf einer Online-Beurkundung geben. Gleichzeitig soll somit auf die Möglichkeiten der digitalen Beurkundung aufmerksam gemacht werden, die bislang – so die Erfahrung aus der Beratungspraxis – nicht umfassend ausgeschöpft werden.
B. Anwendungsbereiche
Zunächst wird aufgezeigt, in welchen Anwendungsbereichen eine Online-Beurkundung möglich ist. Diese bestehen vor allem im Recht der GmbH.
I. Online-Beurkundung im GmbH-Recht
Im GmbH-Recht existieren verschiedene Anwendungsbereiche für eine Online-Beurkundung:
1. Gründungssatzung der GmbH
Zunächst kann die erforderliche Beurkundung der Gründungssatzung einer GmbH mittels Online-Beurkundung erfolgen (§ 2 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 GmbHG).
2. Beschlüsse über Satzungsänderungen in der GmbH
Bei Beschlüssen über Satzungsänderungen in der GmbH genügt eine Online-Beurkundung grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme gilt bei einstimmig gefassten Beschlüssen über eine Satzungsänderung, für welche das Online-Beurkundungsverfahren genügt (§ 53 Abs. 3 S. 2 GmbHG). Diese Ausnahme ist besonders relevant für kleine und überschaubare Gesellschafterkreise sowie für die sog. Ein-Mann-GmbH, bei welcher nur ein einziger Gesellschafter existiert.
3. Übernahme von GmbH-Geschäftsanteilen
Werden im Rahmen einer Kapitalerhöhung neue GmbH-Geschäftsanteile gebildet, kann die Erklärung der Übernahme der neuen Geschäftsanteile durch den Übernehmer ebenfalls online beurkundet werden (§ 55 Abs. 1 S. 2 GmbHG).
4. Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen
Nicht möglich ist hingegen eine Online-Beurkundung im Kontext der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen. Zur (dinglichen) Übertragung der Anteile ist weiterhin eine Präsenzbeurkundung erforderlich. Dies gilt grundsätzlich auch für die (schuldrechtliche) Verpflichtung zur Übertragung von Geschäftsanteilen (§ 15 Abs. 4 GmbHG). Ausnahmsweise genügt die Online-Beurkundung jedoch für Abtretungsverpflichtungen, welche bei Gründung im Rahmen des Gesellschaftsvertrags mitbeurkundet werden (§ 2 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 GmbHG).
II. Online-Beurkundung im AG-Recht
Im Gegensatz zum GmbH-Recht bestehen im Recht der AG keine nennenswerten Möglichkeiten einer Online-Beurkundung.
1. Gründungssatzung der AG
Bei der AG ist eine Online-Beurkundung der Gründungssatzung nicht möglich. Nach der Digitalisierungsrichtlinie stand es dem deutschen Gesetzgeber offen, die Online-Gründung auf weitere Gesellschaften, beispielsweise die AG, zu erstrecken. Der Gesetzgeber hat sich allerdings bewusst gegen eine solche Möglichkeit entschieden. Eine Online-Beurkundung kommt lediglich in Betracht für die zur Anmeldung der Handelsregistereintragung erforderlichen Dokumente (§ 12 Abs. 1 S. 2 HGB).
2. Beschlüsse der Hauptversammlung (einschließlich Satzungsänderungen)
Zwar ist bei Hauptversammlungen eine virtuelle Teilnahme der Aktionäre möglich (§ 118 Abs. 1 S. 1 AktG), allerdings sind die auf der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse keiner Online-Beurkundung zugänglich: § 130 Abs. 1a AktG normiert weiterhin eine physische Präsenzpflicht des Notars; die Beurkundung muss am Ort der Hauptversammlung erfolgen.
C. Ablauf einer Online-Beurkundung
Die Online-Beurkundung wird per Echtzeit-Videokonferenz zwischen dem Notar und den Beteiligten durchgeführt. Die Identifizierung der Beteiligten durch den Notar erfolgt über ein zweistufiges Verfahren: Auf der ersten Stufe erfolgt die Identifizierung mittels eines elektronischen Identitätsnachweises (eID), wofür beispielsweise ein aktueller Personalausweis genutzt werden kann. Auf der zweiten Stufe gleicht der Notar das Erscheinungsbild jedes Beteiligten mit dessen elektronisch übermitteltem Lichtbild ab. Hierzu wird das Lichtbild aus dem Personalausweis oder Reisepass über das Videokommunikationssystem ausgelesen. Die Beteiligten benötigen dazu ein Smartphone als Auslesegerät sowie eine App zum Auslesen, welche von der Bundesnotarkammer kostenfrei bereitgestellt wird.
D. Substitution durch ausländische Online-Beurkundung?
Interessant und praktisch relevant ist außerdem die Frage, ob das deutsche Beurkundungsverfahren durch eine ausländische Online-Beurkundung ersetzt werden kann. Hier ist wie folgt zu differenzieren:
Soweit nach deutschem Recht eine Online-Beurkundung nicht zugelassen ist, scheidet die Anerkennung einer digitalen Beurkundung im Ausland schon deshalb aus, weil diese von vornherein mit dem deutschen Präsenzverfahren nicht vergleichbar sein kann. Ist eine Online-Beurkundung in Deutschland nicht vorgesehen, darf diese Grundentscheidung nicht durch den Gang zu einem ausländischen Notar und eine dort erfolgende Online-Beurkundung konterkariert werden.
Ist nach deutschem Recht eine Online-Beurkundung zugelassen, ist ein entsprechendes Verfahren vor einem ausländischen Notar anzuerkennen, wenn dieses den deutschen Standards entspricht und somit den Anforderungen an die rechtliche Vergleichbarkeit genügt. Im Rahmen der Vergleichbarkeitsprüfung dürfte vor allem relevant sein, dass das bei der Online-Beurkundung verwendete Kommunikationssystem von der Bundesnotarkammer unterhalten wird und nicht von externen Anbietern sowie die Zweistufigkeit der Prüfung anhand (sicherer) Ausweisdokumente.
Fazit
Die noch junge Möglichkeit der Online-Beurkundung ist in der Praxis bislang wenig erprobt. In Anbetracht dessen bleibt – auch vor dem Hintergrund der aufgeworfenen Fragen – abzuwarten, ob und wie schnell sich das digitale Beurkundungsverfahren durchsetzen wird. Aus unserer Beratungspraxis kann jedoch bestätigt werden, dass es durchaus Erfolgsbeispiele gibt, wenn es alle Beteiligten wollen. In gesetzgeberischer Hinsicht wird sich zeigen, ob die Einführung der Online-Beurkundung der Anfang einer Welle von Novellen sein wird und ob der internationale Reformdruck zu einem höheren Maß an Digitalisierung in der Rechts- und Notarpraxis führen wird.