Autoren
Datum

01. April 2025

Diesen Beitrag teilen

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Juni 2024 – 3 TaBV 1/24

Fakten

Die Wählerliste zur Betriebsratswahl enthielt u.a. 128 Matrix-Führungskräfte, die zwar Arbeitnehmer in dem maßgeblichen Betrieb führten, aber ansonsten einem anderen Betrieb der (selben) Arbeitgeberin angehörten. Auf Basis der Wählerliste, in der die Matrix-Führungskräfte aufgeführt waren, wurde eine Betriebsratswahl durchgeführt.

Die Arbeitgeberin beantragte, die Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären, weil die Matrix-Führungskräfte ihrer Ansicht nach mangels Eingliederung nicht dem maßgeblichen Betrieb angehörten und daher nicht hätten mitwählen dürfen. Das Arbeitsgericht folgte dem und erklärte die Betriebsratswahl für unwirksam, wogegen der Betriebsrat Beschwerde einlegte.

Entscheidung

Das LAG Baden-Württemberg wies die Beschwerde zurück. Die Matrix-Führungskräfte seien nicht wahlberechtigt (§ 7 Satz 1 BetrVG), da sie nicht in den maßgeblichen Betrieb eingegliedert sein, auch wenn der Betriebsrat zu ihrer Einstellung in den maßgeblichen Betrieb angehört worden sei (§ 99 BetrVG). Die für das Wahlrecht notwendige „Eingliederung“ sei eine andere als die für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen (§ 99 BetrVG). Den Matrix-Führungskräften sei lediglich in ihrem „Stammbetrieb“, also dem Betrieb, dem sie arbeitsvertraglich zur regelmäßigen Arbeitsleistung zugeordnet ist, das Wahlrecht zuzuerkennen.

Dies ergebe sich insbesondere aus einer normzweckorientierten Auslegung. Zudem drohe eine sachlich nicht gerechtfertigte Mehrfach-Repräsentation im Gesamt- und Konzernbetriebsrat.

Folgen der Entscheidung

Die Entscheidung ist im Zusammenhang mit einer Entscheidung des BAG zu sehen, in der das BAG entschieden hatte, dass es für die Eingliederung einer Matrix-Führungskraft in einen Betrieb (im Rahmen der Mitbestimmung des Betriebsrats bei Einstellungen gem. § 99 BetrVG) ausreicht, wenn eine Matrix-Führungskraft Führungsaufgaben gegenüber Mitarbeitern eines anderen Betriebs wahrnimmt und dadurch dessen Betriebszweck mit verwirklicht (Beschl. v. 12.06.2019 – 1 ABR 5/18). Dies hat zur Folge, dass Matrix-Führungskräfte in mehrere Betriebe gleichzeitig eingegliedert (i.S.d. § 99 BetrVG!) sein können und bei ihrer Einstellung mehrere verschiedene Betriebsräte anzuhören sind. Die Frage, inwieweit Matrix-Führungskräfte darüber hinaus auch in Betrieben der ihnen unterstellten Arbeitnehmer wahlberechtigt sind (§ 7 BetrVG), hatte das BAG ausdrücklich offen gelassen.

Das LAG Hessen und das LAG München haben die Auffassung vertreten, dass der Begriff der Eingliederung in § 99 BetrVG und in § 7 BetrVG einheitlich verstanden werden muss, mit der (möglichen) Folge, dass die Matrix-Führungskräfte in mehreren Betrieben wahlberechtigt sind (LAG Hessen, Beschl. v. 22.01.2024 – 16 TaBV 98/23; LAG München, Beschl. v. 22.05.2024 – 11 TaBV 86/23). Die hiesige Entscheidung des LAG Baden-Württemberg stellt sich dem entgegen und vertritt nun die oben dargestellte, gegenteilige Auffassung. Angesichts der gegen die Entscheidungen eingelegten Rechtsbeschwerden wird das BAG rechtzeitig vor den anstehenden regulären Betriebsratswahlen 2026 Gelegenheit haben, für Klarheit zu sorgen (für LAG München: Az. 7 ABR 16/24; für LAG Hessen: Az. 7 ABR 7/24; für LAG Baden-Württemberg: 7 ABR 28/24).

Hinweise für die Praxis

In Matrixstrukturen und anderen Unternehmen mit betriebsübergreifenden Weisungsrechten, sollte im Vorfeld einer Betriebsratswahl sorgfältig geprüft werden, welche Mitarbeiter in welchen Betrieben wahlberechtigt sind. Denn bei einer unrichtigen Zuordnung droht eine Wahlanfechtung (§ 19 BetrVG). Um die mit den divergierenden Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte einhergehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen, sollte, wenn möglich, eine Entscheidung des BAG abgewartet werden.

Falls dies nicht möglich sein sollte, können sich Arbeitgeber und Wahlvorstand im Vorfeld auf ein gemeinsames Vorgehen einigen.

Aus praktischer Sicht dürfte es Vorteile haben, die Matrix-Führungskräfte lediglich in ihrem Stammbetrieb wählen zu lassen, statt für jede einzelne die – womöglich wechselhaften – Weisungsbeziehungen zu Mitarbeitern anderer Betriebe zu untersuchen. Insbesondere Arbeitgeber mit Betrieben in Hessen und Bayern sollten jedoch in Erwägung ziehen, sich an der Rechtsprechung ihres jeweiligen Landesarbeitsgerichts zu orientieren.

Matrix-Führungskräfte und Betriebsratswahl: Kein Wahlrecht bei Betriebsratswahl außerhalb des Stammbetriebs laut LAG Baden-Württemberg

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Juni 2024 – 3 TaBV 1/24

Fakten

Die Wählerliste zur Betriebsratswahl enthielt u.a. 128 Matrix-Führungskräfte, die zwar Arbeitnehmer in dem maßgeblichen Betrieb führten, aber ansonsten einem anderen Betrieb der (selben) Arbeitgeberin angehörten. Auf Basis der Wählerliste, in der die Matrix-Führungskräfte aufgeführt waren, wurde eine Betriebsratswahl durchgeführt.

Die Arbeitgeberin beantragte, die Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären, weil die Matrix-Führungskräfte ihrer Ansicht nach mangels Eingliederung nicht dem maßgeblichen Betrieb angehörten und daher nicht hätten mitwählen dürfen. Das Arbeitsgericht folgte dem und erklärte die Betriebsratswahl für unwirksam, wogegen der Betriebsrat Beschwerde einlegte.

Entscheidung

Das LAG Baden-Württemberg wies die Beschwerde zurück. Die Matrix-Führungskräfte seien nicht wahlberechtigt (§ 7 Satz 1 BetrVG), da sie nicht in den maßgeblichen Betrieb eingegliedert sein, auch wenn der Betriebsrat zu ihrer Einstellung in den maßgeblichen Betrieb angehört worden sei (§ 99 BetrVG). Die für das Wahlrecht notwendige „Eingliederung“ sei eine andere als die für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen (§ 99 BetrVG). Den Matrix-Führungskräften sei lediglich in ihrem „Stammbetrieb“, also dem Betrieb, dem sie arbeitsvertraglich zur regelmäßigen Arbeitsleistung zugeordnet ist, das Wahlrecht zuzuerkennen.

Dies ergebe sich insbesondere aus einer normzweckorientierten Auslegung. Zudem drohe eine sachlich nicht gerechtfertigte Mehrfach-Repräsentation im Gesamt- und Konzernbetriebsrat.

Folgen der Entscheidung

Die Entscheidung ist im Zusammenhang mit einer Entscheidung des BAG zu sehen, in der das BAG entschieden hatte, dass es für die Eingliederung einer Matrix-Führungskraft in einen Betrieb (im Rahmen der Mitbestimmung des Betriebsrats bei Einstellungen gem. § 99 BetrVG) ausreicht, wenn eine Matrix-Führungskraft Führungsaufgaben gegenüber Mitarbeitern eines anderen Betriebs wahrnimmt und dadurch dessen Betriebszweck mit verwirklicht (Beschl. v. 12.06.2019 – 1 ABR 5/18). Dies hat zur Folge, dass Matrix-Führungskräfte in mehrere Betriebe gleichzeitig eingegliedert (i.S.d. § 99 BetrVG!) sein können und bei ihrer Einstellung mehrere verschiedene Betriebsräte anzuhören sind. Die Frage, inwieweit Matrix-Führungskräfte darüber hinaus auch in Betrieben der ihnen unterstellten Arbeitnehmer wahlberechtigt sind (§ 7 BetrVG), hatte das BAG ausdrücklich offen gelassen.

Das LAG Hessen und das LAG München haben die Auffassung vertreten, dass der Begriff der Eingliederung in § 99 BetrVG und in § 7 BetrVG einheitlich verstanden werden muss, mit der (möglichen) Folge, dass die Matrix-Führungskräfte in mehreren Betrieben wahlberechtigt sind (LAG Hessen, Beschl. v. 22.01.2024 – 16 TaBV 98/23; LAG München, Beschl. v. 22.05.2024 – 11 TaBV 86/23). Die hiesige Entscheidung des LAG Baden-Württemberg stellt sich dem entgegen und vertritt nun die oben dargestellte, gegenteilige Auffassung. Angesichts der gegen die Entscheidungen eingelegten Rechtsbeschwerden wird das BAG rechtzeitig vor den anstehenden regulären Betriebsratswahlen 2026 Gelegenheit haben, für Klarheit zu sorgen (für LAG München: Az. 7 ABR 16/24; für LAG Hessen: Az. 7 ABR 7/24; für LAG Baden-Württemberg: 7 ABR 28/24).

Hinweise für die Praxis

In Matrixstrukturen und anderen Unternehmen mit betriebsübergreifenden Weisungsrechten, sollte im Vorfeld einer Betriebsratswahl sorgfältig geprüft werden, welche Mitarbeiter in welchen Betrieben wahlberechtigt sind. Denn bei einer unrichtigen Zuordnung droht eine Wahlanfechtung (§ 19 BetrVG). Um die mit den divergierenden Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte einhergehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen, sollte, wenn möglich, eine Entscheidung des BAG abgewartet werden.

Falls dies nicht möglich sein sollte, können sich Arbeitgeber und Wahlvorstand im Vorfeld auf ein gemeinsames Vorgehen einigen.

Aus praktischer Sicht dürfte es Vorteile haben, die Matrix-Führungskräfte lediglich in ihrem Stammbetrieb wählen zu lassen, statt für jede einzelne die – womöglich wechselhaften – Weisungsbeziehungen zu Mitarbeitern anderer Betriebe zu untersuchen. Insbesondere Arbeitgeber mit Betrieben in Hessen und Bayern sollten jedoch in Erwägung ziehen, sich an der Rechtsprechung ihres jeweiligen Landesarbeitsgerichts zu orientieren.

Footer Mood

Bitte warten...