Autoren
Datum

22. Juli 2024

Diesen Beitrag teilen

Bundesarbeitsgericht vom 7. Februar 2024 – 7 ABR 8/23

Fakten

Die Arbeitgeberin und die Personalvertretung stritten über die Freistellung von Übernachtungs- und Verpflegungskosten, die anlässlich der Teilnahme zweier Personalvertretungsmitglieder an einer viertägigen Präsenzschulung entstanden sind. Der Freistellungsanspruch richtete sich dabei aufgrund tariflicher Bestimmung nach § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Die Arbeitgeberin stellte die Erforderlichkeit der Schulung an sich nicht in Abrede, war aber der Ansicht, die Personalvertretung hätte eine vom selben Schulungsträger angebotene und inhaltsgleiche Onlineschulung wählen müssen, in deren Rahmen keine Übernachtungs- und Verpflegungskosten angefallen wären. Daher verweigerte sie die Übernahme dieser Kosten.

Die Personalvertretung vertrat hingegen, dass Präsenz- und Onlineschulung qualitativ nicht gleichwertig seien. Zum einen sei die sog. Nettoschulungszeit beim Onlineseminar kürzer als beim Präsenzseminar. Zum anderen würden die bei Onlineschulungen virtuell vermittelten Inhalte erfahrungsgemäß nicht so intensiv behandelt werden, was sich im Verhältnis zu Präsenzseminaren in einem geringeren Lernerfolg niederschlage. Auch sei der Austausch zwischen den Teilnehmern und den Referenten bei Onlineseminaren deutlich erschwert.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht entschied in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen zugunsten der Personalvertretung und verpflichtete die Arbeitgeberin, die schulungsbedingten Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu tragen.

Das Gericht argumentierte, dass dem Betriebsrat bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Schulungsmaßnahme ein Beurteilungsspielraum zustehe. Zwar dürfe der Betriebsrat seine Entscheidung nach dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten, sondern müsse auch die betrieblichen Verhältnisse berücksichtigen. Gleichwohl sei er aber nicht verpflichtet, sich für eine günstigere Schulung zu entscheiden, wenn er eine andere für qualitativ besser halte. Vielmehr beziehe sich der Beurteilungsspielraum des Betriebsrates neben dem Inhalt der Schulung auch „auf Format und Methoden sowie Art und Weise der Wissens- und Kenntnisvermittlung“. Nur, wenn mehrere gleichzeitig angebotene Schulungen auch nach Ansicht des Betriebsrats qualitativ gleichwertig seien, kommt eine Beschränkung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers auf die Kosten der preiswerteren Veranstaltung in Betracht. Nach diesen Grundsätzen durfte die Personalvertretung im streitgegenständlichen Fall die Präsenzschulung der Onlineschulung vorziehen.

Folgen der Entscheidung

Die Entscheidung überrascht nicht, sondern reiht sich konsequent in die bisherige Rechtsprechungslinie zugunsten eines weitreichenden Beurteilungsspielraumes des Betriebsrats bei den Kosten seiner Tätigkeit ein. So wird dem Betriebsrat etwa auch bei der Frage der Erforderlichkeit von Raumbedarf, Büropersonal und Sachausstattung ein weiter Beurteilungsspielraum zugestanden.

Hinweise für die Praxis

Der Beurteilungsspielraum des Betriebsrates bei Schulungsmaßnahmen greift nicht nur im Verhältnis von Präsenz- zu Onlineschulungen, sondern auch bei der Wahl zwischen mehreren Präsenzschulungen. Insoweit können Arbeitgeber ihre Betriebsräte nicht pauschal auf die jeweils günstigere Schulung verweisen. Gleichwohl ist weiterhin eine Einzelfallbetrachtung angezeigt. Besonders bei unverhältnismäßigen Mehrkosten der gewählten Schulungsveranstaltung ist genau zu prüfen, ob der Betriebsrat seinen Beurteilungsspielraum nicht doch überschritten hat.

Kosten einer Betriebsratsschulung: Kann der Arbeitgeber den Betriebsrat auf ein günstigeres Onlineseminar verweisen?

Bundesarbeitsgericht vom 7. Februar 2024 – 7 ABR 8/23

Fakten

Die Arbeitgeberin und die Personalvertretung stritten über die Freistellung von Übernachtungs- und Verpflegungskosten, die anlässlich der Teilnahme zweier Personalvertretungsmitglieder an einer viertägigen Präsenzschulung entstanden sind. Der Freistellungsanspruch richtete sich dabei aufgrund tariflicher Bestimmung nach § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Die Arbeitgeberin stellte die Erforderlichkeit der Schulung an sich nicht in Abrede, war aber der Ansicht, die Personalvertretung hätte eine vom selben Schulungsträger angebotene und inhaltsgleiche Onlineschulung wählen müssen, in deren Rahmen keine Übernachtungs- und Verpflegungskosten angefallen wären. Daher verweigerte sie die Übernahme dieser Kosten.

Die Personalvertretung vertrat hingegen, dass Präsenz- und Onlineschulung qualitativ nicht gleichwertig seien. Zum einen sei die sog. Nettoschulungszeit beim Onlineseminar kürzer als beim Präsenzseminar. Zum anderen würden die bei Onlineschulungen virtuell vermittelten Inhalte erfahrungsgemäß nicht so intensiv behandelt werden, was sich im Verhältnis zu Präsenzseminaren in einem geringeren Lernerfolg niederschlage. Auch sei der Austausch zwischen den Teilnehmern und den Referenten bei Onlineseminaren deutlich erschwert.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht entschied in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen zugunsten der Personalvertretung und verpflichtete die Arbeitgeberin, die schulungsbedingten Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu tragen.

Das Gericht argumentierte, dass dem Betriebsrat bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Schulungsmaßnahme ein Beurteilungsspielraum zustehe. Zwar dürfe der Betriebsrat seine Entscheidung nach dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten, sondern müsse auch die betrieblichen Verhältnisse berücksichtigen. Gleichwohl sei er aber nicht verpflichtet, sich für eine günstigere Schulung zu entscheiden, wenn er eine andere für qualitativ besser halte. Vielmehr beziehe sich der Beurteilungsspielraum des Betriebsrates neben dem Inhalt der Schulung auch „auf Format und Methoden sowie Art und Weise der Wissens- und Kenntnisvermittlung“. Nur, wenn mehrere gleichzeitig angebotene Schulungen auch nach Ansicht des Betriebsrats qualitativ gleichwertig seien, kommt eine Beschränkung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers auf die Kosten der preiswerteren Veranstaltung in Betracht. Nach diesen Grundsätzen durfte die Personalvertretung im streitgegenständlichen Fall die Präsenzschulung der Onlineschulung vorziehen.

Folgen der Entscheidung

Die Entscheidung überrascht nicht, sondern reiht sich konsequent in die bisherige Rechtsprechungslinie zugunsten eines weitreichenden Beurteilungsspielraumes des Betriebsrats bei den Kosten seiner Tätigkeit ein. So wird dem Betriebsrat etwa auch bei der Frage der Erforderlichkeit von Raumbedarf, Büropersonal und Sachausstattung ein weiter Beurteilungsspielraum zugestanden.

Hinweise für die Praxis

Der Beurteilungsspielraum des Betriebsrates bei Schulungsmaßnahmen greift nicht nur im Verhältnis von Präsenz- zu Onlineschulungen, sondern auch bei der Wahl zwischen mehreren Präsenzschulungen. Insoweit können Arbeitgeber ihre Betriebsräte nicht pauschal auf die jeweils günstigere Schulung verweisen. Gleichwohl ist weiterhin eine Einzelfallbetrachtung angezeigt. Besonders bei unverhältnismäßigen Mehrkosten der gewählten Schulungsveranstaltung ist genau zu prüfen, ob der Betriebsrat seinen Beurteilungsspielraum nicht doch überschritten hat.

Footer Mood

Bitte warten...