Autoren
Dr. Maximilian Schmidt
Datum

10. Februar 2021

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Die Rückkehr zur (neuen) Normalität soll schrittweise durch flächendeckende Impfungen erreicht werden. Da dies voraussichtlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, bleibt eine konsistente Teststrategie weiterhin ein probates Mittel. Doch kann dieses Mittel von Arbeitgeber überhaupt eingesetzt werden?

I. Arbeitsrechtlicher Hintergrund

Die Umsetzung erforderlicher Schutzmaßnahmen im Betrieb ist für den Arbeitgeber öffentlich-rechtlich (s. § 3 ArbSchG) und arbeitsrechtlich (§§ 241 Abs. 2, 618 Abs. 1 BGB) verpflichtend. In der Corona-Krise bedeutet dies, dass der Arbeitgeber die ihm zumutbaren Maßnahmen ergreifen muss, um die Arbeitnehmer möglichst wirksam vor einer Corona-Infektion zu schützen. Hierzu können etwa eine Maskenpflicht, Hygienevorschriften, Abstandsregelungen oder eben Testungen gehören, wobei verschiedene Maßnahmen bereits verpflichtend durch die aktuellen Corona-Schutzverordnungen vorgegeben sind. Welche Maßnahmen angezeigt sind, richtet sich im Übrigen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls.

Zur Anordnung bestimmter Maßnahmen gegenüber Mitarbeitern kann der Arbeitgeber bereits aufgrund seines Direktionsrechts befugt sein, § 106 GewO. Insoweit sind aber auch die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter zu beachten, die eine Abwägung im Einzelfall erforderlich machen können – und an dieser Stelle kann der Streit beginnen, wenn Mitarbeiter ihre Gesundheitsdaten nicht durch einen (ggf. anlasslosen) PCR-Test offenlegen möchten.

II. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Offenbach

Das Arbeitsgericht Offenbach hatte nun als – soweit ersichtlich – erstes Arbeitsgericht Gelegenheit zur Frage der Anordnung von PCR-Tests Stellung zu nehmen (https://arbeitsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/arbeitgeber-verweigert-zugang-zum-arbeitsplatz-ohne-corona-test). In dieser Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren wies das Gericht einen Antrag eines Arbeitnehmers auf Fortsetzung seiner Arbeitstätigkeit beim Arbeitgeber zurück, der geltend machte, dass die Verweigerung des Zutritts zum Werksgelände ohne vorherige Durchführung eines PCR-Test unzulässig sei.

Zwar wurde der Antrag nach der knappen Pressemitteilung „unter anderem“ auch schon deshalb zurückgewiesen, weil der Arbeitnehmer die Eilbedürftigkeit einer sofortigen Entscheidung nicht belegt habe. Für die Richter sei ein besonderes, eiliges Beschäftigungsinteresse nicht erkennbar gewesen. Da das zweitinstanzlich zuständige LAG Hessen jedoch grundsätzlich von einer Eilbedürftigkeit bei Verfahren zur Durchsetzung eines Beschäftigungsanspruches ausgeht, spricht viel dafür, dass das ArbG Offenbach auch inhaltlich von einer Zulässigkeit der Forderung eines PCR-Tests ausgeht. 

Dies wäre jedenfalls unter arbeitsrechtlichen, insbesondere arbeitsschutzrechtlichen, Gesichtspunkten richtig: PCR-Tests sind ein geeignetes Mittel zur Feststellung von Infektionen, deren Verbreitung im Betrieb damit effizient verhindert werden kann. Damit stellt sich die Maßnahme arbeitsschutzrechtlich in der Regel als zulässig dar.

Daneben sind jedoch die strengen Vorgaben des Datenschutzrechts zu beachten, die insbesondere für Gesundheitsdaten gelten, Art. 9 DSGVO. Insoweit kann als Rechtsgrundlage eines PCR-Tests Art. 9 Abs. 2 lit. h DSGVO in Verbindung mit § 26 Abs. 3 BDSG in Betracht gezogen werden. Danach ist eine Verarbeitung personenbezogener Gesundheitsdaten nicht verboten, wenn sie für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit erforderlich ist. Dies könnte mit Blick auf die mit einer Infektion verbundenen Risiken gut vertretbar angenommen werden – gerade dann, wenn es sich um Betriebe mit vulnerablen Gruppen (Pflegeheime, Krankenhäuser etc.) handelt oder in denen aufgrund der Vielzahl an Mitarbeitern ein einzelner Infizierter als „Superspreader“ zu einer gravierenden Verbreitung des Virus beitragen könnte. 

Bei Einführung einer entsprechenden Test-Strategie sind die immer zu berücksichtigen datenschutzrechtlichen Leitplanken (Datenminimierung, Datensparsamkeit, Zweckbindung, Löschung, Need-to-know-Prinzip etc.) und arbeitsschutzrechtliche Vorgaben (u.a. Durchführung durch Betriebsarzt) zu beachten.

III. Was sollen Arbeitgeber tun? 

PCR-Tests können eine zulässige Maßnahme des Arbeitsschutzes sein. Auch datenschutzrechtlich sind diese nicht von vornherein unzulässig. Gerade in Betrieben mit hohen Infektionsrisiken und / oder potenziell dramatischen Auswirkungen einer Infektion („Superspreader“) dürfte die Anordnung einer Testpflicht vor Betreten des Betriebs zulässig sein. Insoweit wird es spannend bleiben, wie andere Gerichte entscheiden werden. Eine Pflicht zur Einführung entsprechender Tests besteht im Übrigen jedoch derzeit in aller Regel nicht.

Daneben sollten Arbeitgeber fortlaufend prüfen, welche Schutzmaßnahmen rechtlich zwingend vorgegeben sind und ob darüber hinaus weitere passgenaue Maßnahmen ergriffen werden sollen. Insoweit könnte ggf. auch das bereits in einigen Betrieben eingeführte „Fiebermessen“ am Eingang eine zulässige Maßnahme sein. 

In Betrieben mit Betriebsrat wäre sowohl unter mitbestimmungsrechtlichen Aspekten (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) als auch datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Denn im Rahmen des datenschutzrechtlichen Gestaltungsspielraums der Betriebsparteien (vgl. § 26 Abs. 4 BDSG) würde eine Ausgestaltung der PCR-Tests (Frequenz, Datenverarbeitungsgrundsätze etc.) sicherlich zur Rechtmäßigkeit der Maßnahme beitragen.

„Kein Eintritt ohne Corona-Test“ – Dürfen Arbeitgeber einen negativen Corona-Test zur Voraussetzung zum Zugang zum Arbeitsplatz machen?

Die Rückkehr zur (neuen) Normalität soll schrittweise durch flächendeckende Impfungen erreicht werden. Da dies voraussichtlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, bleibt eine konsistente Teststrategie weiterhin ein probates Mittel. Doch kann dieses Mittel von Arbeitgeber überhaupt eingesetzt werden?

I. Arbeitsrechtlicher Hintergrund

Die Umsetzung erforderlicher Schutzmaßnahmen im Betrieb ist für den Arbeitgeber öffentlich-rechtlich (s. § 3 ArbSchG) und arbeitsrechtlich (§§ 241 Abs. 2, 618 Abs. 1 BGB) verpflichtend. In der Corona-Krise bedeutet dies, dass der Arbeitgeber die ihm zumutbaren Maßnahmen ergreifen muss, um die Arbeitnehmer möglichst wirksam vor einer Corona-Infektion zu schützen. Hierzu können etwa eine Maskenpflicht, Hygienevorschriften, Abstandsregelungen oder eben Testungen gehören, wobei verschiedene Maßnahmen bereits verpflichtend durch die aktuellen Corona-Schutzverordnungen vorgegeben sind. Welche Maßnahmen angezeigt sind, richtet sich im Übrigen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls.

Zur Anordnung bestimmter Maßnahmen gegenüber Mitarbeitern kann der Arbeitgeber bereits aufgrund seines Direktionsrechts befugt sein, § 106 GewO. Insoweit sind aber auch die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter zu beachten, die eine Abwägung im Einzelfall erforderlich machen können – und an dieser Stelle kann der Streit beginnen, wenn Mitarbeiter ihre Gesundheitsdaten nicht durch einen (ggf. anlasslosen) PCR-Test offenlegen möchten.

II. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Offenbach

Das Arbeitsgericht Offenbach hatte nun als – soweit ersichtlich – erstes Arbeitsgericht Gelegenheit zur Frage der Anordnung von PCR-Tests Stellung zu nehmen (https://arbeitsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/arbeitgeber-verweigert-zugang-zum-arbeitsplatz-ohne-corona-test). In dieser Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren wies das Gericht einen Antrag eines Arbeitnehmers auf Fortsetzung seiner Arbeitstätigkeit beim Arbeitgeber zurück, der geltend machte, dass die Verweigerung des Zutritts zum Werksgelände ohne vorherige Durchführung eines PCR-Test unzulässig sei.

Zwar wurde der Antrag nach der knappen Pressemitteilung „unter anderem“ auch schon deshalb zurückgewiesen, weil der Arbeitnehmer die Eilbedürftigkeit einer sofortigen Entscheidung nicht belegt habe. Für die Richter sei ein besonderes, eiliges Beschäftigungsinteresse nicht erkennbar gewesen. Da das zweitinstanzlich zuständige LAG Hessen jedoch grundsätzlich von einer Eilbedürftigkeit bei Verfahren zur Durchsetzung eines Beschäftigungsanspruches ausgeht, spricht viel dafür, dass das ArbG Offenbach auch inhaltlich von einer Zulässigkeit der Forderung eines PCR-Tests ausgeht. 

Dies wäre jedenfalls unter arbeitsrechtlichen, insbesondere arbeitsschutzrechtlichen, Gesichtspunkten richtig: PCR-Tests sind ein geeignetes Mittel zur Feststellung von Infektionen, deren Verbreitung im Betrieb damit effizient verhindert werden kann. Damit stellt sich die Maßnahme arbeitsschutzrechtlich in der Regel als zulässig dar.

Daneben sind jedoch die strengen Vorgaben des Datenschutzrechts zu beachten, die insbesondere für Gesundheitsdaten gelten, Art. 9 DSGVO. Insoweit kann als Rechtsgrundlage eines PCR-Tests Art. 9 Abs. 2 lit. h DSGVO in Verbindung mit § 26 Abs. 3 BDSG in Betracht gezogen werden. Danach ist eine Verarbeitung personenbezogener Gesundheitsdaten nicht verboten, wenn sie für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit erforderlich ist. Dies könnte mit Blick auf die mit einer Infektion verbundenen Risiken gut vertretbar angenommen werden – gerade dann, wenn es sich um Betriebe mit vulnerablen Gruppen (Pflegeheime, Krankenhäuser etc.) handelt oder in denen aufgrund der Vielzahl an Mitarbeitern ein einzelner Infizierter als „Superspreader“ zu einer gravierenden Verbreitung des Virus beitragen könnte. 

Bei Einführung einer entsprechenden Test-Strategie sind die immer zu berücksichtigen datenschutzrechtlichen Leitplanken (Datenminimierung, Datensparsamkeit, Zweckbindung, Löschung, Need-to-know-Prinzip etc.) und arbeitsschutzrechtliche Vorgaben (u.a. Durchführung durch Betriebsarzt) zu beachten.

III. Was sollen Arbeitgeber tun? 

PCR-Tests können eine zulässige Maßnahme des Arbeitsschutzes sein. Auch datenschutzrechtlich sind diese nicht von vornherein unzulässig. Gerade in Betrieben mit hohen Infektionsrisiken und / oder potenziell dramatischen Auswirkungen einer Infektion („Superspreader“) dürfte die Anordnung einer Testpflicht vor Betreten des Betriebs zulässig sein. Insoweit wird es spannend bleiben, wie andere Gerichte entscheiden werden. Eine Pflicht zur Einführung entsprechender Tests besteht im Übrigen jedoch derzeit in aller Regel nicht.

Daneben sollten Arbeitgeber fortlaufend prüfen, welche Schutzmaßnahmen rechtlich zwingend vorgegeben sind und ob darüber hinaus weitere passgenaue Maßnahmen ergriffen werden sollen. Insoweit könnte ggf. auch das bereits in einigen Betrieben eingeführte „Fiebermessen“ am Eingang eine zulässige Maßnahme sein. 

In Betrieben mit Betriebsrat wäre sowohl unter mitbestimmungsrechtlichen Aspekten (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) als auch datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Denn im Rahmen des datenschutzrechtlichen Gestaltungsspielraums der Betriebsparteien (vgl. § 26 Abs. 4 BDSG) würde eine Ausgestaltung der PCR-Tests (Frequenz, Datenverarbeitungsgrundsätze etc.) sicherlich zur Rechtmäßigkeit der Maßnahme beitragen.

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