Autoren
Nicole Barz
Datum

25. März 2024

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„Die Bundesregierung hat verstanden“, verkündet Bundesjustizminister Marco Buschmann in einem Rundschreiben vom 21. März 2024 und kündigt hierin eine lang überfällige Lockerung des strengen Schriftformerfordernisses des Nachweisgesetzes an: Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses soll künftig in Textform erbracht werden können. Diese und weitere Formerleichterungen für die Arbeitswelt, die das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) vorsieht, sollen nachfolgend dargestellt werden

I. Was bisher geschah

Derzeit sieht das Nachweisgesetz vor, dass der Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und den Mitarbeitenden auszuhändigen hat. Es bedarf also eines Nachweises in Form eines ausgedruckten und händisch unterschriebenen Blatt Papiers. Die elektronische Form ist hingegen ausdrücklich ausgeschlossen.

Diese strenge Schriftform des Nachweisgesetzes ist seit jeher in der Kritik, da die dem Nachweisgesetz zugrunde liegende EU-Richtlinie im deutschen Recht auch einen Nachweis in Textform, also etwa per E-Mail, ermöglicht hätte. Dass sich der deutsche Gesetzgeber dennoch für die Vorgabe der Schriftform und eine für Arbeitgeber dadurch entstehende unnötige zeitliche und durch Papier- und Portokosten bedingte finanzielle Belastung entschieden hat, stößt in der Praxis auf Unverständnis.

Als das Bundesministerium der Justiz am 11. Januar 2024 einen Referentenentwurf für das BEG IV veröffentlichte, blickte man daher gespannt auf die darin unter anderem vorgesehene Änderung des Nachweisgesetzes: Hiernach sollte die Erbringung des Nachweises der wesentlichen Vertragsbedingungen auch durch Arbeitsverträge, welche in elektronischer Form gemäß § 126a BGB geschlossen sind, ermöglicht werden.

Obgleich dies eine Lockerung der strengen Schriftform bedeutet hätte, stieß die im Referentenentwurf vorgesehene Formerleichterung aber – zurecht –auf erneute Kritik: Bei der elektronischen Form ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen, über welche viele Arbeitgeber gar nicht verfügen. Zudem bezog sich der Wortlaut des Referentenentwurfes lediglich auf den Nachweis der Arbeitsbedingungen in Arbeitsverträgen. Der Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen ist aber nicht nur durch Aufnahme der nachzuweisenden Vertragsbedingungen in den Arbeitsvertrag möglich. Ebenfalls zulässig und in der Praxis verbreitet ist die Nachweiserbringung durch Aushändigung eines separaten, vom Arbeitsvertrag unabhängigen Nachweisdokuments. Der Referentenentwurf sah eine Erstreckung der elektronischen Form auf solche separate Nachweisdokumente allerdings nicht vor. Die Lockerung der Schriftform zugunsten der elektronischen Form wäre mithin nur einem kleinen Teil der Arbeitgeber zugutegekommen – namentlich denjenigen, welche einerseits über eine qualifizierte elektronische Signatur verfügen und andererseits den Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen im Arbeitsvertrag verankern. Die angestrebte Entlastung der Arbeitsvertragsparteien ginge somit praktisch gegen Null.

Gleichwohl beschloss das Bundeskabinett am 13. März 2024 einen gleichlautenden Regierungsentwurf.

II. Nachweismöglichkeit in Textform angekündigt

Nun lässt aber ein Rundschreiben des Bundesjustizministers vom 21. März 2024 aufatmen: Man habe sich mit den Abgeordneten der Koalitionsfraktionen und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales verständigt, die Schriftform im Nachweisgesetz nicht nur durch elektronische Form, sondern durch Textform zu ersetzen. Voraussetzung soll nur sein, dass das Dokument für die Mitarbeitenden zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis erhält. Dadurch wäre künftig etwa auch die Übersendung des Nachweises der Arbeitsbedingungen per E-Mail möglich. Nur, wenn die Mitarbeitenden dies verlangen, soll der Arbeitgeber ihnen einen schriftlichen Nachweis zur Verfügung stellen müssen. Eine Ausnahme soll ferner für Mitarbeitende, die in einem Wirtschaftsbereich oder -zweig nach § 2a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes tätig sind, gelten. In diesen Fällen soll die Schriftform bei der Nachweiserbringung erhalten bleiben.

Dem Schreiben des Bundesjustizministers ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob sich die Möglichkeit des Nachweises in Textform auch auf den Nachweis durch ein separates Dokument erstrecken soll. Das Schreiben lässt eine Beschränkung auf Nachweise in Arbeitsverträgen, wie dies noch im Referenten- und Regierungsentwurf der Fall war, jedenfalls nicht erkennen. Nachdem die neue Änderung als Reaktion auf die Kritik aus der Praxis am Regierungsentwurf und die darin fehlende Erstreckung der Formerleichterung auf separate Nachweisdokumente ergangen ist, bleibt zu hoffen, dass die Textform – einzig konsequent – sowohl für den Nachweis im Arbeitsvertrag als auch für separate Nachweisdokumente zugelassen werden soll.

III. Weitere Schriftformlockerungen geplant

Die Änderung des Nachweisgesetzes ist nicht die einzige arbeitsrechtlich relevante Formerleichterung, die das BEG IV bereithalten soll:

Bereits im Referenten- und Regierungsentwurf enthalten war eine Änderung des § 109 Gewerbeordnung in der Form, dass für die Erteilung des Arbeitszeugnisses anstelle der aktuell noch vorgeschriebenen Schriftform künftig die elektronische Form ausreichen soll. Da sich das Schreiben des Bundesjustizministers vom 21. März 2024 hierzu nicht verhält, ist davon auszugehen, dass im Falle der Zeugniserteilung an der elektronischen Form festgehalten wird.

Im Referenten- und Regierungsentwurf noch nicht enthalten, aber mit Rundschreiben vom 21. März 2024 mitgeteilt wurde außerdem, dass das Schriftformerfordernis für den Überlassungsvertrag zwischen Ver- und Entleiher nach § 12 Absatz 1 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes durch die Textform abgelöst werden soll. Hierdurch sei bezweckt, den Vertragsschluss noch weiter zu erleichtern und sowohl für den Ver- als auch den Entleiher Aufwand und Kosten zu reduzieren, wodurch insbesondere kleine und mittlere Unternehmen entlastet werden sollen.

IV. Fazit

Auch wenn noch viele Prozesse im Arbeitsleben eines Bürokratieabbaus bedürfen, sind die geplanten Lockerungen der dargestellten Schriftformerfordernisse als erster Schritt in die richtige Richtung zu begrüßen. Sie sind zeitgemäß und werden entsprechend der Gesetzesbezeichnung des BEG IV zu einer nicht unerheblichen Bürokratieentlastung führen. Allerdings soll an dieser Stelle klargestellt werden, dass die Änderung des Nachweisgesetzes – entgegen der in der öffentlichen Berichterstattung seit der Veröffentlichung der Reformpläne häufig zu lesenden Schlagzeilen – nicht dazu führt, dass Arbeitsverträge hierdurch „endlich auch digital abgeschlossen werden können“. Der Abschluss von Arbeitsverträgen unterliegt auch nach aktueller Rechtslage nämlich regelmäßig keinen gesetzlichen Formerfordernissen. Die Neuerung, die die vorgesehene Änderung des Nachweisgesetzes mit sich bringt, liegt vielmehr darin, dass auch bei Erbringung des Nachweises über die wesentlichen Vertragsbedingungen im Arbeitsvertrag keine Notwendigkeit eines schriftlichen Vertragsabschlusses mehr besteht.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die geplanten Gesetzesänderungen noch nicht beschlossen sind, sondern nunmehr den Bundestag und den Bundesrat passieren müssen. Ob die geplanten Änderungen am Ende des Gesetzgebungsverfahrens in gleicher Form und unverändert in Kraft treten, bleibt folglich abzuwarten. Die im Schreiben des Bundesjustizministers getroffene Aussage, dass zumindest die Änderung des Nachweisgesetzes von den Abgeordneten der Koalitionsfraktionen und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales abgesegnet sei, lässt aber zumindest annehmen, dass diese Änderungspläne nicht mehr den volatilen Launen der Koalitionsparteien zum Opfer fallen sollten.

Erleichterung beim Nachweis der Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses geplant – Textform künftig ausreichend

„Die Bundesregierung hat verstanden“, verkündet Bundesjustizminister Marco Buschmann in einem Rundschreiben vom 21. März 2024 und kündigt hierin eine lang überfällige Lockerung des strengen Schriftformerfordernisses des Nachweisgesetzes an: Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses soll künftig in Textform erbracht werden können. Diese und weitere Formerleichterungen für die Arbeitswelt, die das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) vorsieht, sollen nachfolgend dargestellt werden

I. Was bisher geschah

Derzeit sieht das Nachweisgesetz vor, dass der Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und den Mitarbeitenden auszuhändigen hat. Es bedarf also eines Nachweises in Form eines ausgedruckten und händisch unterschriebenen Blatt Papiers. Die elektronische Form ist hingegen ausdrücklich ausgeschlossen.

Diese strenge Schriftform des Nachweisgesetzes ist seit jeher in der Kritik, da die dem Nachweisgesetz zugrunde liegende EU-Richtlinie im deutschen Recht auch einen Nachweis in Textform, also etwa per E-Mail, ermöglicht hätte. Dass sich der deutsche Gesetzgeber dennoch für die Vorgabe der Schriftform und eine für Arbeitgeber dadurch entstehende unnötige zeitliche und durch Papier- und Portokosten bedingte finanzielle Belastung entschieden hat, stößt in der Praxis auf Unverständnis.

Als das Bundesministerium der Justiz am 11. Januar 2024 einen Referentenentwurf für das BEG IV veröffentlichte, blickte man daher gespannt auf die darin unter anderem vorgesehene Änderung des Nachweisgesetzes: Hiernach sollte die Erbringung des Nachweises der wesentlichen Vertragsbedingungen auch durch Arbeitsverträge, welche in elektronischer Form gemäß § 126a BGB geschlossen sind, ermöglicht werden.

Obgleich dies eine Lockerung der strengen Schriftform bedeutet hätte, stieß die im Referentenentwurf vorgesehene Formerleichterung aber – zurecht –auf erneute Kritik: Bei der elektronischen Form ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen, über welche viele Arbeitgeber gar nicht verfügen. Zudem bezog sich der Wortlaut des Referentenentwurfes lediglich auf den Nachweis der Arbeitsbedingungen in Arbeitsverträgen. Der Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen ist aber nicht nur durch Aufnahme der nachzuweisenden Vertragsbedingungen in den Arbeitsvertrag möglich. Ebenfalls zulässig und in der Praxis verbreitet ist die Nachweiserbringung durch Aushändigung eines separaten, vom Arbeitsvertrag unabhängigen Nachweisdokuments. Der Referentenentwurf sah eine Erstreckung der elektronischen Form auf solche separate Nachweisdokumente allerdings nicht vor. Die Lockerung der Schriftform zugunsten der elektronischen Form wäre mithin nur einem kleinen Teil der Arbeitgeber zugutegekommen – namentlich denjenigen, welche einerseits über eine qualifizierte elektronische Signatur verfügen und andererseits den Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen im Arbeitsvertrag verankern. Die angestrebte Entlastung der Arbeitsvertragsparteien ginge somit praktisch gegen Null.

Gleichwohl beschloss das Bundeskabinett am 13. März 2024 einen gleichlautenden Regierungsentwurf.

II. Nachweismöglichkeit in Textform angekündigt

Nun lässt aber ein Rundschreiben des Bundesjustizministers vom 21. März 2024 aufatmen: Man habe sich mit den Abgeordneten der Koalitionsfraktionen und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales verständigt, die Schriftform im Nachweisgesetz nicht nur durch elektronische Form, sondern durch Textform zu ersetzen. Voraussetzung soll nur sein, dass das Dokument für die Mitarbeitenden zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis erhält. Dadurch wäre künftig etwa auch die Übersendung des Nachweises der Arbeitsbedingungen per E-Mail möglich. Nur, wenn die Mitarbeitenden dies verlangen, soll der Arbeitgeber ihnen einen schriftlichen Nachweis zur Verfügung stellen müssen. Eine Ausnahme soll ferner für Mitarbeitende, die in einem Wirtschaftsbereich oder -zweig nach § 2a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes tätig sind, gelten. In diesen Fällen soll die Schriftform bei der Nachweiserbringung erhalten bleiben.

Dem Schreiben des Bundesjustizministers ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob sich die Möglichkeit des Nachweises in Textform auch auf den Nachweis durch ein separates Dokument erstrecken soll. Das Schreiben lässt eine Beschränkung auf Nachweise in Arbeitsverträgen, wie dies noch im Referenten- und Regierungsentwurf der Fall war, jedenfalls nicht erkennen. Nachdem die neue Änderung als Reaktion auf die Kritik aus der Praxis am Regierungsentwurf und die darin fehlende Erstreckung der Formerleichterung auf separate Nachweisdokumente ergangen ist, bleibt zu hoffen, dass die Textform – einzig konsequent – sowohl für den Nachweis im Arbeitsvertrag als auch für separate Nachweisdokumente zugelassen werden soll.

III. Weitere Schriftformlockerungen geplant

Die Änderung des Nachweisgesetzes ist nicht die einzige arbeitsrechtlich relevante Formerleichterung, die das BEG IV bereithalten soll:

Bereits im Referenten- und Regierungsentwurf enthalten war eine Änderung des § 109 Gewerbeordnung in der Form, dass für die Erteilung des Arbeitszeugnisses anstelle der aktuell noch vorgeschriebenen Schriftform künftig die elektronische Form ausreichen soll. Da sich das Schreiben des Bundesjustizministers vom 21. März 2024 hierzu nicht verhält, ist davon auszugehen, dass im Falle der Zeugniserteilung an der elektronischen Form festgehalten wird.

Im Referenten- und Regierungsentwurf noch nicht enthalten, aber mit Rundschreiben vom 21. März 2024 mitgeteilt wurde außerdem, dass das Schriftformerfordernis für den Überlassungsvertrag zwischen Ver- und Entleiher nach § 12 Absatz 1 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes durch die Textform abgelöst werden soll. Hierdurch sei bezweckt, den Vertragsschluss noch weiter zu erleichtern und sowohl für den Ver- als auch den Entleiher Aufwand und Kosten zu reduzieren, wodurch insbesondere kleine und mittlere Unternehmen entlastet werden sollen.

IV. Fazit

Auch wenn noch viele Prozesse im Arbeitsleben eines Bürokratieabbaus bedürfen, sind die geplanten Lockerungen der dargestellten Schriftformerfordernisse als erster Schritt in die richtige Richtung zu begrüßen. Sie sind zeitgemäß und werden entsprechend der Gesetzesbezeichnung des BEG IV zu einer nicht unerheblichen Bürokratieentlastung führen. Allerdings soll an dieser Stelle klargestellt werden, dass die Änderung des Nachweisgesetzes – entgegen der in der öffentlichen Berichterstattung seit der Veröffentlichung der Reformpläne häufig zu lesenden Schlagzeilen – nicht dazu führt, dass Arbeitsverträge hierdurch „endlich auch digital abgeschlossen werden können“. Der Abschluss von Arbeitsverträgen unterliegt auch nach aktueller Rechtslage nämlich regelmäßig keinen gesetzlichen Formerfordernissen. Die Neuerung, die die vorgesehene Änderung des Nachweisgesetzes mit sich bringt, liegt vielmehr darin, dass auch bei Erbringung des Nachweises über die wesentlichen Vertragsbedingungen im Arbeitsvertrag keine Notwendigkeit eines schriftlichen Vertragsabschlusses mehr besteht.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die geplanten Gesetzesänderungen noch nicht beschlossen sind, sondern nunmehr den Bundestag und den Bundesrat passieren müssen. Ob die geplanten Änderungen am Ende des Gesetzgebungsverfahrens in gleicher Form und unverändert in Kraft treten, bleibt folglich abzuwarten. Die im Schreiben des Bundesjustizministers getroffene Aussage, dass zumindest die Änderung des Nachweisgesetzes von den Abgeordneten der Koalitionsfraktionen und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales abgesegnet sei, lässt aber zumindest annehmen, dass diese Änderungspläne nicht mehr den volatilen Launen der Koalitionsparteien zum Opfer fallen sollten.

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