LAG Baden-Württemberg vom 14.03.2023 – 15 TaBV 1/22
Fakten
Die Arbeitgeberin erbringt Kurierdienstleistungen. Sie unterhält mehrere Betriebe im gesamten Bundesgebiet. Der antragstellende Betriebsrat verfolgt die Aufhebung der Einstellung eines im IT-Bereich tätigen Arbeitnehmers, da dieser (auch) in den Betrieb eingegliedert sei, für den der antragstellende Betriebsrat zuständig ist. Die Arbeitgeberin ist der Ansicht, dass der Arbeitnehmer nur in den Betrieb der Zentrale eingegliedert sei, nicht auch in den anderen Betrieb. Nach Auffassung der Arbeitgeberin nehme der im IT-Bereich tätige Arbeitnehmer nicht am Betriebszweck des anderen Betriebs teil. Im Zusammenhang mit der Einstellung des Arbeitnehmers hat die Arbeitgeberin den Betriebsrat daher nicht um Zustimmung ersucht.
Entscheidung
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen, da nicht hinreichend dargelegt wurde, dass der Arbeitnehmer (auch) den arbeitstechnischen Zweck des anderen Betriebs verwirklicht. In der durch den Betriebsrat eingelegten Beschwerde macht dieser geltend, dass der Arbeitnehmer (auch) in den anderen Betrieb eingegliedert sei.
Die Beschwerde des Betriebsrats hat keinen Erfolg. Das LAG Baden-Württemberg hat entschieden, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers (auch) im anderen Betrieb keine Zustimmung des Betriebsrats erforderlich ist. Es fehle an der für eine Einstellung notwendigen Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb. Seine gelegentlichen Arbeiten in dem Betrieb seien nur als Randaspekt anzusehen.
Das LAG stützt seine Entscheidung auf die ständige Rechtsprechung des BAG zur Eingliederung eines Arbeitnehmers in einen Betrieb bei mehreren Betrieben eines Unternehmens. Nach dem BAG ist die für eine Einstellung maßgebliche Eingliederung erforderlich, woraus sich ergibt, dass der Arbeitnehmer den arbeitstechnischen Zweck des jeweiligen Betriebs verfolgt.
Nach dem LAG sei die Zuordnung eines Arbeitnehmers im Falle mehrerer Betriebe eines Unternehmens nicht auf den Betrieb beschränkt. Jedoch bewirken Arbeiten für einen weiteren Betrieb nicht bereits seine zusätzliche Eingliederung, wenn diese Arbeiten seine Tätigkeit nur in einem Randaspekt abbilden. Entscheidendes Kriterium für die Eingliederung sei nach dem LAG eine regelmäßig stattfindende Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmern des anderen Betriebs.
Folgen der Entscheidung
Gelegentliche Arbeiten in einem Betrieb genügen – auch wenn sie vor Ort ausgeführt werden – nicht für eine Eingliederung in diesen Betrieb.
Die Entscheidung des LAG steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BAG, wonach nicht jede Vor- oder Zuarbeit für einen weiteren Betrieb eines Unternehmens die Eingliederung in diesen Betrieb auslöst. Es muss eine regelmäßige Zusammenarbeit stattfinden und folglich eine tatsächliche Einbindung des Arbeitnehmers in die Arbeitsprozesse des anderen Betriebs stattfinden.
Dem LAG ist darin zuzustimmen, dass Randumstände einer Tätigkeit nicht die Frage der Eingliederung beeinflussen sollten. Anderenfalls wären Arbeitnehmer in Querschnittsfunktionen oftmals in mehrere Betriebe eingegliedert. Die dadurch entstehenden komplexen betriebsverfassungsrechtlichen Folgeprobleme für die Mitbestimmungstatbestände würden zu einer unverhältnismäßigen Erschwerung der Anwendung des Betriebsverfassungsrechts führen.
Hinweise für die Praxis
Das für die Mitbestimmung bei Einstellungen maßgebliche Kriterium der Eingliederung, führt in der Praxis immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Betriebsräten. Um Auseinandersetzungen mit Betriebsräten zu vermeiden, sollten Arbeitgeber bei betriebsübergreifenden Einsätzen ihrer Arbeitnehmer genau prüfen, in welchen Betrieb eine Eingliederung tatsächlich erfolgen oder vermieden werden soll.
Zur Vermeidung einer Eingliederung in mehrere Betriebe und einer damit einhergehenden Mehrfachzuständigkeit von Betriebsräten, sollten Arbeitgeber dafür sorgen, dass eine regelmäßige Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmern des anderen Betriebs vermieden wird.