Entscheidungsbesprechung Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 08.05.2024, Az.: 2 TaBV 81/23
Der Betriebsrat ist bei einer geplanten Versetzung eines Arbeitnehmers über Konsequenzen zu unterrichten. Doch in welchem Umfang hat die Unterrichtung zu erfolgen? Welche Informationen muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat für seine Entscheidung mitgeben?
Auf diese Fragen lieferte nun das Landesarbeitsgericht Niedersachsen in seinem Beschluss vom 08.05.2024 – 2 TaBV 81/23 eine Antwort.
Sachverhalt
Dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (LAG) liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beteiligten streiten über die Versetzung eines Außendienstmitarbeiters auf eine neu geschaffene gleichwertige Position im Innendienst.
Die Arbeitgeberin hatte beschlossen, an einem ihrer Standorte eine neue Stelle für einen kaufmännischen Mitarbeiter im Back-Office einzurichten und wollte Herrn S. auf diese Position versetzen. Der Mitarbeiter war bisher Außendienst tätig und erzielte neben seinen vertraglichen Fixbezügen auch Provisionseinnahmen. Um die Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG einzuholen, informierte die Arbeitgeberin diesen über die gleichbleibenden Fixbezüge, unterließ jedoch Informationen darüber, wie die neue Tätigkeit im Innendienst die Provisionsregelung beeinflussen würde.
Der Betriebsrat widersprach der Versetzung. Dies begründete er damit, dass er nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden sei, da ihm notwendige Informationen fehlten, um zu prüfen, ob ein Verweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 BetrVG vorliege. Weiterhin seien die Arbeitsplatzbeschreibung und die Gefahrenbeurteilung unvollständig.
Die Arbeitgeberin stellte einen Antrag beim Arbeitsgericht Hannover und begehrte die Feststellung, dass die Zustimmung des Betriebsrates als erteilt gelte. Sie vertrat die Auffassung, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß unterrichtet worden und habe ihrem Antrag auf Erteilung der Zustimmung zur Versetzung nicht mit hinreichender Begründung widersprochen. Nachdem das Arbeitsgericht Hannover entschieden hatte, dass die Zustimmung des Betriebsrates zu ersetzen sei, da der Betriebsrat keinen Verweigerungsgrund habe, legte dieser gegen die Entscheidung Beschwerde ein.
Entscheidung
Die Beschwerde des Betriebsrats hatte vor dem LAG Erfolg. Nach Auffassung des LAG sei die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers nicht zu ersetzen.
Die Arbeitgeberin habe den Betriebsrat mit ihrem Zustimmungsersuchen nicht in ausreichendem Umfang über die beabsichtigte personelle Maßnahme unterrichtet. Nach dem LAG ist der Betriebsrat bei einer Anhörung zu einer Versetzung über deren konkreten Folgen zu unterrichten. Wenn der betroffene Arbeitnehmer trotz Weitergeltung der bisherigen Provisionsregelung aufgrund der veränderten Tätigkeit (Wechsel vom Außendienst in den Innendienst) keine Möglichkeit mehr besitzt, in unverändertem Umfang Provisionen zu erzielen, ist der Betriebsrat hierüber zu unterrichten. Daran mangelte es im vorliegenden Fall. Die Arbeitgeberin hatte es unterlassen, den Betriebsrat darüber zu informieren, in welcher konkreten Höhe der Arbeitnehmer bisher Provisionen erhalten hatte und welche möglichen Nachteile ihm durch eine entfallende Provisionsmöglichkeit aufgrund des Innendienstes entstehen könnten.
Zwar habe die Arbeitgeberin die fehlenden Informationen im Zustimmungsersetzungsverfahren noch nachgeholt, jedoch habe der Betriebsrat seine Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung des Arbeitnehmers sodann zu Recht verweigert, da Nachteile im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG wegen des Wegfalls der Möglichkeiten zur Provisionserzielung bestehen würden.
Praxishinweis
Bei einem Zustimmungsersuchen zur Versetzung eines Arbeitnehmers an den Betriebsrat müssen neben Informationen zum bisherigen und neuen Arbeitsplatz auch die konkreten Folgen für den betroffenen Arbeitnehmer so ausführlich wie möglich benannt werden. Dies umfasst insbesondere die finanziellen Auswirkungen der geplanten Versetzung.
Arbeitgeber sollten somit stets darauf achten, dem Unterrichtungsanspruch des Betriebsrates in ausreichendem Umfang nachzukommen, da andernfalls der Betriebsrat seine Zustimmung zur personellen Maßnahme berechtigterweise verweigern kann.