Autoren
Dr. Maximilian Schmidt
Datum

01. Dezember 2022

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Der Arbeitgeber kann durch Ausübung des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts einen Arbeitnehmer ins Ausland versetzen, wenn nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich oder den Umständen nach konkludent etwas anderes vereinbart worden ist. Was rechtlich einleuchtet, in tatsächlicher Hinsicht aber ein „Störgefühl“ auslösen mag, hat nunmehr das BAG in einer aktuellen Entscheidung klargestellt (Urteil v. 30.11.2022 – 5 AZR 336/21; Pressemitteilung: Versetzung ins Ausland – Das Bundesarbeitsgericht)

In dem Verfahren ging es um einen Piloten, der von seinem bisherigen Stationierungsort Nürnberg nach Bologna versetzt wurde. Hintergrund war, dass die Station des Arbeitgebers am Flughafen Nürnberg geschlossen wurde und eine Beschäftigung dort nicht mehr möglich gewesen wäre. Daher versetzte der Arbeitgeber den Piloten auf Grundlage des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts an die Homebase am Flughafen Bologna (vorsorglich auch mit einer Änderungskündigung), wogegen sich der Pilot gerichtlich zu Wehr setzte.

Bereits die Pressemitteilung des BAG enthält einige „Key Findings“ für Versetzungen, die gerade bei größeren Restrukturierungsmaßnahmen von besonderer Bedeutung sind: 

1. Das arbeitsvertragliche Weisungsrecht richtet sich nach den Regelungen des Arbeitsvertrages. Wenn dort eine unternehmensweite Versetzung vorgesehen ist, umfasst dies grundsätzlich auch ausländische Standorte des Arbeitgebers. Eine Begrenzung des Weisungsrechts auf Arbeitsorte in der Bundesrepublik Deutschland ist dem Gesetz – also insbesondere § 106 GewO – nicht zu entnehmen.

2. Sofern eine Versetzung die Folge einer unternehmerischen Entscheidung ist (hier: Stilllegung der Homebase am Flughafen Nürnberg), ist dies nach der ständigen Rechtsprechung des BAG ein gewichtiger Grund für die Zulässigkeit einer Versetzung – schließlich ist eine Beschäftigung am bisherigen Einsatzstandort schlicht nicht mehr möglich.

3. Mildere Mittel zur Vermeidung einer Auslandsversetzung sind im Rahmen der Ermessensausübungskontrolle stets zu prüfen, etwa ein Einsatz an näher gelegenen deutschen Standorten, „mobiles Arbeiten“ o.ä. Sofern die Ergreifung milderer Mittel aber nicht möglich ist, stellt sich die Versetzung selbst als milderes Mittel gegenüber einer (Beendigungs- / Änderungs-) Kündigung dar und ist rechtmäßig.

4. Schlechtere tarifliche Bedingungen an einem anderen Standort sind grundsätzlich nicht relevant, da dies alleine aus der Anwendung des Tarifrechts folgt. Danach gilt dynamisch stets der am jeweiligen Standort einschlägige Tarifvertrag, sei er besser oder schlechter.


Die Kernbotschaften sind bei vielen unternehmensweiten Restrukturierungsmaßnahmen zu berücksichtigen – nicht nur, wenn freie Arbeitsplätze im Ausland bestehen. Gerade bei der Stilllegung einzelner Betriebe eines Arbeitgebers und Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Betrieben, ggf. mit schlechteren oder jedenfalls abweichenden tariflichen Bedingungen, können diese gestaltend eingesetzt werden.

Die Entscheidungsgründe des BAG werden hochspannend sein. Auch deshalb, da der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Gerichts zur Abwendung von Kündigungen grundsätzlich nur Beschäftigungsmöglichkeiten seiner im Inland gelegenen Betriebe berücksichtigen muss (BAG 29.8.2013 – 2 AZR 809/12). So kann es zu der Situation kommen, dass freie Arbeitsplätze im Ausland bestehen, auf die der Arbeitgeber einseitig versetzen kann, aber vor Ausspruch einer betriebsbedingten Beendigungskündigung nicht muss. Dieser vordergründige Wertungswiderspruch folgt aber aus gesetzlicher Anordnung in § 23 Abs. 1 KSchG einerseits (territoriale Begrenzung des KSchG auf Deutschland) und der vertraglichen / gesetzlichen Anordnung in § 106 GewO andererseits (unternehmensweit, auch außerhalb Deutschlands).

Dolce Vita per Weisung: Versetzungen ins Ausland auch gegen den Willen von Beschäftigten möglich

Der Arbeitgeber kann durch Ausübung des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts einen Arbeitnehmer ins Ausland versetzen, wenn nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich oder den Umständen nach konkludent etwas anderes vereinbart worden ist. Was rechtlich einleuchtet, in tatsächlicher Hinsicht aber ein „Störgefühl“ auslösen mag, hat nunmehr das BAG in einer aktuellen Entscheidung klargestellt (Urteil v. 30.11.2022 – 5 AZR 336/21; Pressemitteilung: Versetzung ins Ausland – Das Bundesarbeitsgericht)

In dem Verfahren ging es um einen Piloten, der von seinem bisherigen Stationierungsort Nürnberg nach Bologna versetzt wurde. Hintergrund war, dass die Station des Arbeitgebers am Flughafen Nürnberg geschlossen wurde und eine Beschäftigung dort nicht mehr möglich gewesen wäre. Daher versetzte der Arbeitgeber den Piloten auf Grundlage des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts an die Homebase am Flughafen Bologna (vorsorglich auch mit einer Änderungskündigung), wogegen sich der Pilot gerichtlich zu Wehr setzte.

Bereits die Pressemitteilung des BAG enthält einige „Key Findings“ für Versetzungen, die gerade bei größeren Restrukturierungsmaßnahmen von besonderer Bedeutung sind: 

1. Das arbeitsvertragliche Weisungsrecht richtet sich nach den Regelungen des Arbeitsvertrages. Wenn dort eine unternehmensweite Versetzung vorgesehen ist, umfasst dies grundsätzlich auch ausländische Standorte des Arbeitgebers. Eine Begrenzung des Weisungsrechts auf Arbeitsorte in der Bundesrepublik Deutschland ist dem Gesetz – also insbesondere § 106 GewO – nicht zu entnehmen.

2. Sofern eine Versetzung die Folge einer unternehmerischen Entscheidung ist (hier: Stilllegung der Homebase am Flughafen Nürnberg), ist dies nach der ständigen Rechtsprechung des BAG ein gewichtiger Grund für die Zulässigkeit einer Versetzung – schließlich ist eine Beschäftigung am bisherigen Einsatzstandort schlicht nicht mehr möglich.

3. Mildere Mittel zur Vermeidung einer Auslandsversetzung sind im Rahmen der Ermessensausübungskontrolle stets zu prüfen, etwa ein Einsatz an näher gelegenen deutschen Standorten, „mobiles Arbeiten“ o.ä. Sofern die Ergreifung milderer Mittel aber nicht möglich ist, stellt sich die Versetzung selbst als milderes Mittel gegenüber einer (Beendigungs- / Änderungs-) Kündigung dar und ist rechtmäßig.

4. Schlechtere tarifliche Bedingungen an einem anderen Standort sind grundsätzlich nicht relevant, da dies alleine aus der Anwendung des Tarifrechts folgt. Danach gilt dynamisch stets der am jeweiligen Standort einschlägige Tarifvertrag, sei er besser oder schlechter.


Die Kernbotschaften sind bei vielen unternehmensweiten Restrukturierungsmaßnahmen zu berücksichtigen – nicht nur, wenn freie Arbeitsplätze im Ausland bestehen. Gerade bei der Stilllegung einzelner Betriebe eines Arbeitgebers und Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Betrieben, ggf. mit schlechteren oder jedenfalls abweichenden tariflichen Bedingungen, können diese gestaltend eingesetzt werden.

Die Entscheidungsgründe des BAG werden hochspannend sein. Auch deshalb, da der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Gerichts zur Abwendung von Kündigungen grundsätzlich nur Beschäftigungsmöglichkeiten seiner im Inland gelegenen Betriebe berücksichtigen muss (BAG 29.8.2013 – 2 AZR 809/12). So kann es zu der Situation kommen, dass freie Arbeitsplätze im Ausland bestehen, auf die der Arbeitgeber einseitig versetzen kann, aber vor Ausspruch einer betriebsbedingten Beendigungskündigung nicht muss. Dieser vordergründige Wertungswiderspruch folgt aber aus gesetzlicher Anordnung in § 23 Abs. 1 KSchG einerseits (territoriale Begrenzung des KSchG auf Deutschland) und der vertraglichen / gesetzlichen Anordnung in § 106 GewO andererseits (unternehmensweit, auch außerhalb Deutschlands).

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