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12. November 2024

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Das Gesetz zur Digitalisierung der Justiz, welches am 17.07.2024 in Kraft getreten ist, hat in der Literatur und Praxis bisher keine besondere Beachtung erfahren, obwohl es für den Ausspruch von Kündigungen eine nicht zu unterschätzende Neuerung enthält. So könnte die mit Fortschreiten der Digitalisierung in arbeitsgerichtlichen Verfahren kaum noch genutzte Möglichkeit des Ausspruchs von Schriftsatzkündigungen durch die Einführung des § 46h ArbGG wieder eine interessante prozesstaktische Möglichkeit für Arbeitgebervertreter bieten.

1. Schriftsatzkündigungen bisher

Durch die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs bei den Arbeitsgerichten war der Ausspruch von Schriftsatzkündigungen durch den Arbeitgeber bzw. seinen Prozessbevollmächtigten kaum mehr möglich. Derartige Kündigungen scheiterten an der Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses gemäß § 623 BGB.

Denn zur Einhaltung der Schriftform muss die Kündigung vom Arbeitgeber als Erklärender eigenhändig unterschrieben (§ 126 Abs. 1 BGB) werden und – da es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt – in dieser Form auch dem Arbeitnehmer als Erklärungsempfänger zugehen (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB). Wird die formbedürftige Kündigung von einem Vertreter des Arbeitgebers mit eigenem Namen unterzeichnet, so muss die Stellvertretung in der Urkunde zum Ausdruck kommen.

Bereits vor Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs war damit für die Einhaltung des Formzwangs bei Schriftsatzkündigungen erforderlich, dass der Arbeitgeber oder dessen zur Kündigung Bevollmächtigter die für den Arbeitnehmer bestimmte Abschrift eigenhändig unterschreibt und diese Abschrift dem Arbeitnehmer zugeht. Ebenfalls ausreichend war, wenn die für das Gericht bestimmte Urschrift eigenhändig unterzeichnet wurde und der Arbeitnehmer eine mit einem Beglaubigungsvermerk versehene Abschrift erhielt. Hierbei war allerdings notwendig, dass der Verfasser des Schriftsatzes, der die Kündigung enthält, den Beglaubigungsvermerk eigenhändig unterschreibt.

Die Einhaltung dieser formellen Anforderungen an den Ausspruch einer Schriftsatzkündigung durch den Arbeitgeber oder dessen Prozessbevollmächtigten war seit der verpflichtenden elektronischen Einreichung von Schriftsätzen bei den Arbeitsgerichten (01.01.2022) ausgeschlossen. Dies folgte insbesondere aus dem in § 623 BGB normierten Ersetzungsverbot, wonach für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses die elektronische Form ausgeschlossen ist.

2. Einführung von § 46h ArbGG

Mit Wirkung zum 17.07.2024 ist das Arbeitsgerichtsgesetz um eine in § 46h ArbGG geregelte Formfiktion ergänzt worden. Durch diese Norm wird die wirksame Abgabe sowie der wirksame Zugang von formbedürftigen Willenserklärungen erleichtert, die in bei Gericht elektronisch eingereichten Schriftsätzen enthalten sind. Dies soll auch dem Interesse einer medienbruchfreien Kommunikation (= Zustellung eines elektronischen Dokuments in Papierform) dienen. Damit die Formfiktion auch bei Kündigungen des Arbeitsverhältnisses gilt, wird in § 46h S. 2 ArbGG ausdrücklich klarstellt, dass diese selbst dann zur Anwendung kommt, wenn die Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form ausgeschlossen ist.

Voraussetzung der Formfiktion ist nach § 46h S. 1 ArbGG, dass (i) die Willenserklärung „klar erkennbar“ im Schriftsatz enthalten ist, (ii) der Schriftsatz nach Maßgabe der prozessualen Vorgaben des § 46c ArbGG (etwa qualifiziert elektronisch) signiert und (iii) dem Empfänger zugestellt oder formlos mitgeteilt wird.

Die klare Erkennbarkeit der Kündigungserklärung soll dabei der in der Vergangenheit häufigen missbräuchlichen Nutzung von Schriftsatzkündigungen entgegenwirken. Der Gesetzgeber lässt zwar insbesondere in der Gesetzesbegründung bisher offen, worin eine klare Erkennbarkeit zu sehen ist. Aus anwaltlicher Vorsicht wird aber zu empfehlen sein, dass die Kündigungserklärung etwa am Anfang des Schriftsatzes platziert ist oder dort eindeutig auf sie hingewiesen wird. Denn die Kündigungserklärung darf für den Arbeitnehmer von vorneherein nicht überraschend sein und sollte damit deutlich und übersichtlich zum Ausdruck gebracht werden.

Werden diese Anforderungen des § 46h ArbGG nicht gewahrt, ist die Kündigung formunwirksam, so dass auch nach Ablauf der dreiwöchigen Präklusionsfrist die Wirksamkeit der Kündigung nicht eintreten kann. Werden die Voraussetzungen hingegen gewahrt, so gilt die Kündigung, die der gesetzlichen Schriftform bedarf, als in dieser Form zugegangen. Die Fiktion des formgerechten Zugangs schließt dabei jene der formgerechten Abgabe ein. Sie tritt ein, sobald der Schriftsatz dem Empfänger durch das Gericht oder durch Zustellung im Parteibetrieb (insb. von Anwalt zu Anwalt) zugestellt wird, solange der Schriftsatz parallel bei Gericht eingereicht wird. Die alleinige Zustellung an das Gericht ist für den Zugang nicht ausreichend. Es empfiehlt sich daher, bei der elektronischen Übermittlung des Schriftsatzes per beA den gegnerischen Anwalt direkt als Empfänger aufzunehmen.

3. Zurückweisung der Schriftsatzkündigung

Unbeantwortet lässt der § 46h ArbGG jedoch die Problematik der möglichen Zurückweisung und des Nachweises der Vollmacht bei Schriftsatzkündigungen. Bereits vor Einführung der Norm zur Schriftsatzkündigung war fraglich, ob die Prozessvollmacht des Anwalts ausreichend ist, um die Kündigungserklärung wirksam abzugeben. Denn ansonsten droht das Risiko der Zurückweisung (§ 174 BGB) mit der Folge der Unwirksamkeit der Kündigung.

Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass zur Vorbereitung von Schriftsatzkündigungen  – neben dem in der Praxis üblichen Vorgehen im Bestellungsschriftsatz die ordnungsgemäße Bevollmächtigung anwaltlich zu versichern – zu empfehlen ist, die Erteilung der Prozessvollmacht im Verfahren hinreichend nachzuweisen (etwa durch Einreichung der Vollmachtsurkunde zu den Gerichtsakten). Eines solchen Nachweises bedarf es nur dann nicht, wenn die Prozessvollmacht etwa mündlich durch die Partei im Verhandlungstermin erteilt wird oder die außerprozessuale Erteilung der Vollmacht aufgrund einer Mitteilung der Partei selbst oder infolge gemeinsamen Erscheinens von Partei und Prozessbevollmächtigten im Verhandlungstermin feststeht.

Ist eine Prozessvollmacht erteilt, ermächtigt diese grundsätzlich zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen. Dies sind nach ständiger Rechtsprechung auch materiell-rechtliche Willenserklärungen, die sich auf den Gegenstand des Rechtsstreits (sog. punktuelle Streitgegenstandstheorie) beziehen, weil sie zur Rechtsverfolgung innerhalb des Prozessziels oder zur Rechtsverteidigung dienen. Solche Erklärungen sind von der Vollmacht umfasst, auch wenn sie außerhalb des Prozesses liegen. Im gleichen Umfang, in dem die Vollmacht zur Vornahme von Prozesshandlungen berechtigt, ist der Bevollmächtigte des Arbeitnehmers auch befugt, Prozesshandlungen des Gerichts oder des Gegners entgegenzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich um eine solche „Prozesshandlung“, zu der der Arbeitgebervertreter ermächtigt ist, bei der Abgabe einer Kündigungserklärung, sofern der Arbeitnehmer im Prozess zusätzlich die allgemeine Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der Kündigungsfrist der ersten Kündigung begehrt (sog. Schleppnetzantrag). Liegt ein solcher Schleppnetzantrag nicht vor, bezieht sich die Prozessvollmacht des Arbeitgebervertreters grundsätzlich nicht auf die Abgabe einer (zweiten) Kündigung, da die Vollmacht auf die Rechtsverteidigung der einzigen streitgegenständlichen Kündigung beschränkt bleibt (vgl. BAG v. 01.12.2020 – 9 AZR 102/20; BAG v. 01.10.2020 – 2 AZR 247/20).

Damit ist die Möglichkeit einer Zurückweisung der Kündigung durch den Arbeitnehmer abhängig von seiner Antragstellung im Prozess, sofern der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht auf anderem Wege (etwa per E-Mail) über die Vollmacht des Arbeitgebervertreters zur Abgabe der Kündigungserklärung in Kenntnis gesetzt hat.

4. Fazit

Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung des Rechts- und Geschäftsverkehrs ist zu begrüßen, dass das Gesetz zur Digitalisierung der Justiz die Möglichkeit schafft, im elektronischen Rechtsverkehr (Schriftsatz-)Kündigungen von Arbeitsverhältnissen formgerecht auszusprechen. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber ebenfalls davon überzeugt ist, eine rein digital ausgesprochene Kündigungserklärung erfülle die Ziele und Funktionen der Schriftform (Klarstellungs-, Beweis- und Warnfunktion) in gleichem Maße wie insb. eine mittels qualifizierter elektronischer Signatur unterzeichnete Erklärung.

Ob Schriftsatzkündigungen nun tatsächlich ein viel genutztes Mittel in arbeitsgerichtlichen Verfahren sein werden, bleibt abzuwarten. Vorteil einer solchen Kündigung ist aber, dass dabei meist ausreichende Möglichkeiten zum Beweis der formgerechten Abgabe und des Zugangs zur Verfügung stehen. Abhängig wird die Schriftsatzkündigung wohl aber auch davon sein, wie groß das Risiko der Zurückweisung der Kündigung ist. Hierbei sollte genau auf die Antragstellung des Arbeitnehmers und das Vorliegen eines Schleppnetzantrags geachtet werden.

Digitalisierung im Arbeitsgerichtsverfahren – Schriftsatzkündigungen wieder eine Option?

Das Gesetz zur Digitalisierung der Justiz, welches am 17.07.2024 in Kraft getreten ist, hat in der Literatur und Praxis bisher keine besondere Beachtung erfahren, obwohl es für den Ausspruch von Kündigungen eine nicht zu unterschätzende Neuerung enthält. So könnte die mit Fortschreiten der Digitalisierung in arbeitsgerichtlichen Verfahren kaum noch genutzte Möglichkeit des Ausspruchs von Schriftsatzkündigungen durch die Einführung des § 46h ArbGG wieder eine interessante prozesstaktische Möglichkeit für Arbeitgebervertreter bieten.

1. Schriftsatzkündigungen bisher

Durch die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs bei den Arbeitsgerichten war der Ausspruch von Schriftsatzkündigungen durch den Arbeitgeber bzw. seinen Prozessbevollmächtigten kaum mehr möglich. Derartige Kündigungen scheiterten an der Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses gemäß § 623 BGB.

Denn zur Einhaltung der Schriftform muss die Kündigung vom Arbeitgeber als Erklärender eigenhändig unterschrieben (§ 126 Abs. 1 BGB) werden und – da es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt – in dieser Form auch dem Arbeitnehmer als Erklärungsempfänger zugehen (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB). Wird die formbedürftige Kündigung von einem Vertreter des Arbeitgebers mit eigenem Namen unterzeichnet, so muss die Stellvertretung in der Urkunde zum Ausdruck kommen.

Bereits vor Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs war damit für die Einhaltung des Formzwangs bei Schriftsatzkündigungen erforderlich, dass der Arbeitgeber oder dessen zur Kündigung Bevollmächtigter die für den Arbeitnehmer bestimmte Abschrift eigenhändig unterschreibt und diese Abschrift dem Arbeitnehmer zugeht. Ebenfalls ausreichend war, wenn die für das Gericht bestimmte Urschrift eigenhändig unterzeichnet wurde und der Arbeitnehmer eine mit einem Beglaubigungsvermerk versehene Abschrift erhielt. Hierbei war allerdings notwendig, dass der Verfasser des Schriftsatzes, der die Kündigung enthält, den Beglaubigungsvermerk eigenhändig unterschreibt.

Die Einhaltung dieser formellen Anforderungen an den Ausspruch einer Schriftsatzkündigung durch den Arbeitgeber oder dessen Prozessbevollmächtigten war seit der verpflichtenden elektronischen Einreichung von Schriftsätzen bei den Arbeitsgerichten (01.01.2022) ausgeschlossen. Dies folgte insbesondere aus dem in § 623 BGB normierten Ersetzungsverbot, wonach für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses die elektronische Form ausgeschlossen ist.

2. Einführung von § 46h ArbGG

Mit Wirkung zum 17.07.2024 ist das Arbeitsgerichtsgesetz um eine in § 46h ArbGG geregelte Formfiktion ergänzt worden. Durch diese Norm wird die wirksame Abgabe sowie der wirksame Zugang von formbedürftigen Willenserklärungen erleichtert, die in bei Gericht elektronisch eingereichten Schriftsätzen enthalten sind. Dies soll auch dem Interesse einer medienbruchfreien Kommunikation (= Zustellung eines elektronischen Dokuments in Papierform) dienen. Damit die Formfiktion auch bei Kündigungen des Arbeitsverhältnisses gilt, wird in § 46h S. 2 ArbGG ausdrücklich klarstellt, dass diese selbst dann zur Anwendung kommt, wenn die Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form ausgeschlossen ist.

Voraussetzung der Formfiktion ist nach § 46h S. 1 ArbGG, dass (i) die Willenserklärung „klar erkennbar“ im Schriftsatz enthalten ist, (ii) der Schriftsatz nach Maßgabe der prozessualen Vorgaben des § 46c ArbGG (etwa qualifiziert elektronisch) signiert und (iii) dem Empfänger zugestellt oder formlos mitgeteilt wird.

Die klare Erkennbarkeit der Kündigungserklärung soll dabei der in der Vergangenheit häufigen missbräuchlichen Nutzung von Schriftsatzkündigungen entgegenwirken. Der Gesetzgeber lässt zwar insbesondere in der Gesetzesbegründung bisher offen, worin eine klare Erkennbarkeit zu sehen ist. Aus anwaltlicher Vorsicht wird aber zu empfehlen sein, dass die Kündigungserklärung etwa am Anfang des Schriftsatzes platziert ist oder dort eindeutig auf sie hingewiesen wird. Denn die Kündigungserklärung darf für den Arbeitnehmer von vorneherein nicht überraschend sein und sollte damit deutlich und übersichtlich zum Ausdruck gebracht werden.

Werden diese Anforderungen des § 46h ArbGG nicht gewahrt, ist die Kündigung formunwirksam, so dass auch nach Ablauf der dreiwöchigen Präklusionsfrist die Wirksamkeit der Kündigung nicht eintreten kann. Werden die Voraussetzungen hingegen gewahrt, so gilt die Kündigung, die der gesetzlichen Schriftform bedarf, als in dieser Form zugegangen. Die Fiktion des formgerechten Zugangs schließt dabei jene der formgerechten Abgabe ein. Sie tritt ein, sobald der Schriftsatz dem Empfänger durch das Gericht oder durch Zustellung im Parteibetrieb (insb. von Anwalt zu Anwalt) zugestellt wird, solange der Schriftsatz parallel bei Gericht eingereicht wird. Die alleinige Zustellung an das Gericht ist für den Zugang nicht ausreichend. Es empfiehlt sich daher, bei der elektronischen Übermittlung des Schriftsatzes per beA den gegnerischen Anwalt direkt als Empfänger aufzunehmen.

3. Zurückweisung der Schriftsatzkündigung

Unbeantwortet lässt der § 46h ArbGG jedoch die Problematik der möglichen Zurückweisung und des Nachweises der Vollmacht bei Schriftsatzkündigungen. Bereits vor Einführung der Norm zur Schriftsatzkündigung war fraglich, ob die Prozessvollmacht des Anwalts ausreichend ist, um die Kündigungserklärung wirksam abzugeben. Denn ansonsten droht das Risiko der Zurückweisung (§ 174 BGB) mit der Folge der Unwirksamkeit der Kündigung.

Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass zur Vorbereitung von Schriftsatzkündigungen  – neben dem in der Praxis üblichen Vorgehen im Bestellungsschriftsatz die ordnungsgemäße Bevollmächtigung anwaltlich zu versichern – zu empfehlen ist, die Erteilung der Prozessvollmacht im Verfahren hinreichend nachzuweisen (etwa durch Einreichung der Vollmachtsurkunde zu den Gerichtsakten). Eines solchen Nachweises bedarf es nur dann nicht, wenn die Prozessvollmacht etwa mündlich durch die Partei im Verhandlungstermin erteilt wird oder die außerprozessuale Erteilung der Vollmacht aufgrund einer Mitteilung der Partei selbst oder infolge gemeinsamen Erscheinens von Partei und Prozessbevollmächtigten im Verhandlungstermin feststeht.

Ist eine Prozessvollmacht erteilt, ermächtigt diese grundsätzlich zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen. Dies sind nach ständiger Rechtsprechung auch materiell-rechtliche Willenserklärungen, die sich auf den Gegenstand des Rechtsstreits (sog. punktuelle Streitgegenstandstheorie) beziehen, weil sie zur Rechtsverfolgung innerhalb des Prozessziels oder zur Rechtsverteidigung dienen. Solche Erklärungen sind von der Vollmacht umfasst, auch wenn sie außerhalb des Prozesses liegen. Im gleichen Umfang, in dem die Vollmacht zur Vornahme von Prozesshandlungen berechtigt, ist der Bevollmächtigte des Arbeitnehmers auch befugt, Prozesshandlungen des Gerichts oder des Gegners entgegenzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich um eine solche „Prozesshandlung“, zu der der Arbeitgebervertreter ermächtigt ist, bei der Abgabe einer Kündigungserklärung, sofern der Arbeitnehmer im Prozess zusätzlich die allgemeine Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der Kündigungsfrist der ersten Kündigung begehrt (sog. Schleppnetzantrag). Liegt ein solcher Schleppnetzantrag nicht vor, bezieht sich die Prozessvollmacht des Arbeitgebervertreters grundsätzlich nicht auf die Abgabe einer (zweiten) Kündigung, da die Vollmacht auf die Rechtsverteidigung der einzigen streitgegenständlichen Kündigung beschränkt bleibt (vgl. BAG v. 01.12.2020 – 9 AZR 102/20; BAG v. 01.10.2020 – 2 AZR 247/20).

Damit ist die Möglichkeit einer Zurückweisung der Kündigung durch den Arbeitnehmer abhängig von seiner Antragstellung im Prozess, sofern der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht auf anderem Wege (etwa per E-Mail) über die Vollmacht des Arbeitgebervertreters zur Abgabe der Kündigungserklärung in Kenntnis gesetzt hat.

4. Fazit

Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung des Rechts- und Geschäftsverkehrs ist zu begrüßen, dass das Gesetz zur Digitalisierung der Justiz die Möglichkeit schafft, im elektronischen Rechtsverkehr (Schriftsatz-)Kündigungen von Arbeitsverhältnissen formgerecht auszusprechen. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber ebenfalls davon überzeugt ist, eine rein digital ausgesprochene Kündigungserklärung erfülle die Ziele und Funktionen der Schriftform (Klarstellungs-, Beweis- und Warnfunktion) in gleichem Maße wie insb. eine mittels qualifizierter elektronischer Signatur unterzeichnete Erklärung.

Ob Schriftsatzkündigungen nun tatsächlich ein viel genutztes Mittel in arbeitsgerichtlichen Verfahren sein werden, bleibt abzuwarten. Vorteil einer solchen Kündigung ist aber, dass dabei meist ausreichende Möglichkeiten zum Beweis der formgerechten Abgabe und des Zugangs zur Verfügung stehen. Abhängig wird die Schriftsatzkündigung wohl aber auch davon sein, wie groß das Risiko der Zurückweisung der Kündigung ist. Hierbei sollte genau auf die Antragstellung des Arbeitnehmers und das Vorliegen eines Schleppnetzantrags geachtet werden.

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