Autoren
Leonie Pfeufer
Datum

10. November 2022

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Mit dem Herbstanfang sind auch die Corona-Infektionszahlen wieder gestiegen. Pünktlich dazu gilt seit dem 01.10.2022 wieder eine neue Corona-Arbeitsschutzverordnung, die betrieblichen Hygienekonzepten wieder mehr Bedeutung zukommen lässt. Bei einem drohenden Verstoß gegen das geltende Hygienekonzept kann auch eine Einstellung der Lohnzahlung ein probates Mittel darstellen. Doch wann und unter welchen Voraussetzungen ist die Einstellung von Lohnzahlungen im Einzelfall überhaupt möglich? Hierzu hat sich das Bundesarbeitsgericht („BAG“) dieses Jahr mit zwei interessanten Urteilen (BAG v. 01.06.2022 – 5 AZR 28/22;BAG v. 10.08.2022– 5 AZR 154/22) näher geäußert und insbesondere auch für die Anordnung von PCR-Tests am Arbeitsplatz grünes Licht gegeben.  

I. Arbeitsrechtlicher Hintergrund 

Mit der neuen Corona-Schutzverordnung wurde die für Arbeitgeber bereits nach § 618 BGB sowie nach § 3 ArbSchG geltende Fürsorgepflicht weiter konkretisiert. Arbeitgeber müssen auf dieser Basis Hygienekonzepte wieder an die aktuelle Situation anpassen und für ihre Umsetzung sorgen.

Doch was ist, wenn Arbeitnehmer sich weigern, das geltende Hygienekonzept einzuhalten und daher nicht weiter im jeweiligen Betrieb eingesetzt werden können? Im Arbeitsrecht gilt grundsätzlich „Ohne Arbeit kein Lohn“. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Arbeitgeber sich mit der Annahme der Leistung des Arbeitnehmers im Annahmeverzug gemäß § 615 BGB befinden. Dann besteht die Gefahr, dass Arbeitgeber den Lohn trotz Nichtinanspruchnahme der Arbeitsleistung leisten müssen.

Ob bei einem (drohenden) Verstoß gegen eine Weisung auf Basis eines betrieblichen Hygienekonzepts eine Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht und die Einstellung der Lohnfortzahlung ohne Risiko eines Annahmeverzugs des Arbeitgebers erfolgen kann, richtet sich maßgeblich danach, ob die streitgegenständliche Weisung billigem Ermessen entsprochen hat. Darüber, wann und wann dies nicht der Fall ist, geben die beiden nachfolgenden Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Aufschluss. 

II. Die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts

1. Kein Lohn für Flötistin wegen verweigertem PCR-Test (BAG v. 01.06.2022 – 5 AZR 28/22)

Eine Staatsoper hatte im Rahmen des für die Spielzeit geltenden Corona-Hygienekonzepts angeordnet, dass für sämtliche Mitglieder des Staatsorchesters bei Dienstantritt ein negativer PCR-Test vorliegen muss. Die Testung war kostenlos und wurde durch die Staatsoper organisiert und mittels medizinisch geschulten Personals durchgeführt. Alternativ hierzu war auch die eigenständige Beibringung von qualifizierten Testergebnissen möglich. Eine Flötistin verweigerte sich der Durchführung dieser Tests und führte zur Begründung aus, es läge ein erheblicher Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit vor. Daraufhin beschäftigte der Freistaat Bayern die Flötistin in der Staatsoper nicht mehr und stellte die Lohnzahlungen vollumfänglich ein. Ohne Durchführung eines PCR-Tests machte die Flötistin im Folgenden einen Beschäftigungs- und Lohnzahlungsanspruch geltend. Sie selbst sei leistungsfähig und leistungswillig gewesen, sodass sich nach ihrer Auffassung der Freistaat Bayern im Annahmeverzug befand.

Wie bereits die Vorinstanzen entschied auch das BAG gegen die Klägerin. Danach habe die Flötistin unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs keinen Zahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber. Nach § 297 BGB gerät ein Arbeitgeber nicht mit der Annahme einer Leistung in Verzug, wenn der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen außerstande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Leistungswille und Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers seien insofern vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzungen, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen müssten. Dadurch, dass die Flötistin die PCR-Testung verweigerte, sei sie nicht gewillt gewesen, die Arbeitsleistung zu den vertraglich geschuldeten Bedingungen zu erbringen. Die entsprechende Weisung des Arbeitgebers habe mit Blick auf die arbeitgeberseitigen Fürsorgepflichten nach § 618 Abs. 1 BGB billigem Ermessen i.S.v. § 106 Satz 1 GewO entsprochen. Dazu machte das BAG deutlich, dass der minimale Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Beschäftigten durch den PCR-Test verhältnismäßig ist. Auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sah das BAG durch die Testanordnung nicht verletzt.

2. Annahmeverzug nach Vorlage eines negativen PCR-Tests (BAG v. 10.08.2022 – 5 AZR 154/22)

Nach der Rückkehr aus einem SARS-CoV-2 Risikogebiet legte ein Arbeitnehmer seiner Arbeitgeberin entsprechend den in Berlin zu diesem Zeitpunkt geltenden verordnungsrechtlichen Vorgaben bei der Einreise einen aktuellen negativen PCR-Test und eine ärztliche Bescheinigung über seine Symptomfreiheit vor. Unter Verweis auf das betrieblich geltende Hygienekonzept erteilte ihm seine in der Lebensmittelindustrie tätige Arbeitgeberin ein 14-tägiges Betretungsverbot für das Betriebsgelände und zahlte ihm für diesen Zeitraum kein Arbeitsentgelt. Eine Möglichkeit zur Freitestung war in dem betrieblichen Hygienekonzept nicht vorgesehen. Im Folgenden verlangte der Arbeitnehmer Zahlung des einbehaltenen Arbeitsentgelts. Seiner Ansicht nach habe die Arbeitgeberin zu Unrecht die Annahme seiner angebotenen Leistungen verweigert.

Wie die Vorinstanz entschied auch das BAG für den Kläger. Die Arbeitgeberin habe sich mit der Annahme der angebotenen Arbeitsleistung im Annahmeverzug befunden. Insbesondere habe das von der Arbeitgeberin erteilte Betretungsverbot des Betriebs nicht zur Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers geführt, da die Arbeitgeberin die Ursache für die fehlende Arbeitsleistung des Arbeitnehmers vorliegend selbst herbeigeführt habe. Die Arbeitgeberin habe zudem keine Unzumutbarkeit der Annahme der Arbeitsleistung darlegen können. Zudem habe das Betretungsverbot auch nicht billigem Ermessen entsprochen, da durch eine solche Weisung die Grenzen des § 106 GewO überschritten worden seien. So habe arbeitgeberseitig insbesondere die vorrangige Möglichkeit bestanden, den Arbeitnehmer einen weiteren PCR-Test vorlegen zu lassen. Hierdurch sei i.S.v. § 618 BGB ein angemessener Gesundheitsschutz der Beschäftigten sowie ein ordnungsgemäßer Betriebsablauf bereits ausreichend sicherstellbar gewesen.  

III. Praxishinweise – Was müssen Arbeitgeber zukünftig beachten?

Mit Geltung der neuen Arbeitsschutzverordnung sind Betriebe wieder verpflichtet, auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung zum betrieblichen Infektionsschutz betriebliche Hygienekonzepten zu erstellen und umzusetzen. Die beiden Urteile sind insoweit erfreulich, als dass sie die Reichweite des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts in diesem Zusammenhang konkretisieren. Nachdem verschiedene Arbeitsgerichte bereits in der Vergangenheit festgestellt hatten, dass die Anordnung von PCR-Tests als Maßnahme des Arbeitsschutzes zulässig sein kann (so auch bereits unser Blogbeitrag „Kein Eintritt ohne Corona-Test), hat dies das BAG nun offiziell bestätigt. 

Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Anordnung einer solchen Testpflicht und auch sonstiger Maßnahmen des Gesundheitsschutzes stets billigem Ermessen entsprechen muss. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer solchen Anordnung unterliegt deshalb immer dem Einzelfall, wobei insbesondere die sich fortlaufend wandelnde pandemische Lage sowie die betrieblichen Gegebenheiten zu beachten sind. Im Ergebnis sollte eine PCR-Testpflicht auf dem Arbeitsplatz nur dann angeordnet werden, wenn diese einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Schutz der Beschäftigten, der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Betriebsablaufs sowie den individuellen Arbeitnehmerinteressen sicherstellt und sich als „passgenaue“ Maßnahme erweist. Dann dürfte unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BAG auch der sehr geringe Eingriff in die körperliche Unversehrtheit sowie der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beschäftigten gerechtfertigt sein.

Liegt nach vorgenannten Maßstäben insgesamt eine zulässige Anordnung einer PCR-Testpflicht vor, sind Arbeitgeber bei einer Weigerungshaltung von Arbeitnehmern berechtigt, Lohnzahlungen für diesen Zeitraum einzustellen. Da der Arbeitnehmer selbst das Hindernis für seine Arbeitsleistung bewirkt, geraten Arbeitgeber hierdurch nicht in einen Annahmeverzug. 

Vorsicht ist allerdings dort geboten, wo in betrieblichen Hygienekonzepten strengere Regelungen aufgestellt werden, als der Gesetzgeber zur Bekämpfung des Infektionsgeschehens selbst vorsieht, etwa bei einem generellen Betretungsverbot wegen eines Aufenthalts in einem Virusvariantengebiet. Schießen Arbeitgeber hier über das Ziel hinaus und nehmen die Arbeitsleistung von Arbeitnehmern in diesem Zusammenhang nicht in Anspruch, ist das Risiko groß, dass sie sich hiermit selbst in Annahmeverzug versetzen und etwaige nicht geleistete Lohnzahlungen nachzahlen müssen. Insoweit können PCR-Tests bei dringendem Verdacht auf eine Infektion von Beschäftigten ein milderes Mittel darstellen.

Covid-Hygienekonzept und Lohnzahlung – was müssen Arbeitgeber wissen?

Mit dem Herbstanfang sind auch die Corona-Infektionszahlen wieder gestiegen. Pünktlich dazu gilt seit dem 01.10.2022 wieder eine neue Corona-Arbeitsschutzverordnung, die betrieblichen Hygienekonzepten wieder mehr Bedeutung zukommen lässt. Bei einem drohenden Verstoß gegen das geltende Hygienekonzept kann auch eine Einstellung der Lohnzahlung ein probates Mittel darstellen. Doch wann und unter welchen Voraussetzungen ist die Einstellung von Lohnzahlungen im Einzelfall überhaupt möglich? Hierzu hat sich das Bundesarbeitsgericht („BAG“) dieses Jahr mit zwei interessanten Urteilen (BAG v. 01.06.2022 – 5 AZR 28/22;BAG v. 10.08.2022– 5 AZR 154/22) näher geäußert und insbesondere auch für die Anordnung von PCR-Tests am Arbeitsplatz grünes Licht gegeben.  

I. Arbeitsrechtlicher Hintergrund 

Mit der neuen Corona-Schutzverordnung wurde die für Arbeitgeber bereits nach § 618 BGB sowie nach § 3 ArbSchG geltende Fürsorgepflicht weiter konkretisiert. Arbeitgeber müssen auf dieser Basis Hygienekonzepte wieder an die aktuelle Situation anpassen und für ihre Umsetzung sorgen.

Doch was ist, wenn Arbeitnehmer sich weigern, das geltende Hygienekonzept einzuhalten und daher nicht weiter im jeweiligen Betrieb eingesetzt werden können? Im Arbeitsrecht gilt grundsätzlich „Ohne Arbeit kein Lohn“. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Arbeitgeber sich mit der Annahme der Leistung des Arbeitnehmers im Annahmeverzug gemäß § 615 BGB befinden. Dann besteht die Gefahr, dass Arbeitgeber den Lohn trotz Nichtinanspruchnahme der Arbeitsleistung leisten müssen.

Ob bei einem (drohenden) Verstoß gegen eine Weisung auf Basis eines betrieblichen Hygienekonzepts eine Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht und die Einstellung der Lohnfortzahlung ohne Risiko eines Annahmeverzugs des Arbeitgebers erfolgen kann, richtet sich maßgeblich danach, ob die streitgegenständliche Weisung billigem Ermessen entsprochen hat. Darüber, wann und wann dies nicht der Fall ist, geben die beiden nachfolgenden Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Aufschluss. 

II. Die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts

1. Kein Lohn für Flötistin wegen verweigertem PCR-Test (BAG v. 01.06.2022 – 5 AZR 28/22)

Eine Staatsoper hatte im Rahmen des für die Spielzeit geltenden Corona-Hygienekonzepts angeordnet, dass für sämtliche Mitglieder des Staatsorchesters bei Dienstantritt ein negativer PCR-Test vorliegen muss. Die Testung war kostenlos und wurde durch die Staatsoper organisiert und mittels medizinisch geschulten Personals durchgeführt. Alternativ hierzu war auch die eigenständige Beibringung von qualifizierten Testergebnissen möglich. Eine Flötistin verweigerte sich der Durchführung dieser Tests und führte zur Begründung aus, es läge ein erheblicher Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit vor. Daraufhin beschäftigte der Freistaat Bayern die Flötistin in der Staatsoper nicht mehr und stellte die Lohnzahlungen vollumfänglich ein. Ohne Durchführung eines PCR-Tests machte die Flötistin im Folgenden einen Beschäftigungs- und Lohnzahlungsanspruch geltend. Sie selbst sei leistungsfähig und leistungswillig gewesen, sodass sich nach ihrer Auffassung der Freistaat Bayern im Annahmeverzug befand.

Wie bereits die Vorinstanzen entschied auch das BAG gegen die Klägerin. Danach habe die Flötistin unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs keinen Zahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber. Nach § 297 BGB gerät ein Arbeitgeber nicht mit der Annahme einer Leistung in Verzug, wenn der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen außerstande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Leistungswille und Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers seien insofern vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzungen, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen müssten. Dadurch, dass die Flötistin die PCR-Testung verweigerte, sei sie nicht gewillt gewesen, die Arbeitsleistung zu den vertraglich geschuldeten Bedingungen zu erbringen. Die entsprechende Weisung des Arbeitgebers habe mit Blick auf die arbeitgeberseitigen Fürsorgepflichten nach § 618 Abs. 1 BGB billigem Ermessen i.S.v. § 106 Satz 1 GewO entsprochen. Dazu machte das BAG deutlich, dass der minimale Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Beschäftigten durch den PCR-Test verhältnismäßig ist. Auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sah das BAG durch die Testanordnung nicht verletzt.

2. Annahmeverzug nach Vorlage eines negativen PCR-Tests (BAG v. 10.08.2022 – 5 AZR 154/22)

Nach der Rückkehr aus einem SARS-CoV-2 Risikogebiet legte ein Arbeitnehmer seiner Arbeitgeberin entsprechend den in Berlin zu diesem Zeitpunkt geltenden verordnungsrechtlichen Vorgaben bei der Einreise einen aktuellen negativen PCR-Test und eine ärztliche Bescheinigung über seine Symptomfreiheit vor. Unter Verweis auf das betrieblich geltende Hygienekonzept erteilte ihm seine in der Lebensmittelindustrie tätige Arbeitgeberin ein 14-tägiges Betretungsverbot für das Betriebsgelände und zahlte ihm für diesen Zeitraum kein Arbeitsentgelt. Eine Möglichkeit zur Freitestung war in dem betrieblichen Hygienekonzept nicht vorgesehen. Im Folgenden verlangte der Arbeitnehmer Zahlung des einbehaltenen Arbeitsentgelts. Seiner Ansicht nach habe die Arbeitgeberin zu Unrecht die Annahme seiner angebotenen Leistungen verweigert.

Wie die Vorinstanz entschied auch das BAG für den Kläger. Die Arbeitgeberin habe sich mit der Annahme der angebotenen Arbeitsleistung im Annahmeverzug befunden. Insbesondere habe das von der Arbeitgeberin erteilte Betretungsverbot des Betriebs nicht zur Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers geführt, da die Arbeitgeberin die Ursache für die fehlende Arbeitsleistung des Arbeitnehmers vorliegend selbst herbeigeführt habe. Die Arbeitgeberin habe zudem keine Unzumutbarkeit der Annahme der Arbeitsleistung darlegen können. Zudem habe das Betretungsverbot auch nicht billigem Ermessen entsprochen, da durch eine solche Weisung die Grenzen des § 106 GewO überschritten worden seien. So habe arbeitgeberseitig insbesondere die vorrangige Möglichkeit bestanden, den Arbeitnehmer einen weiteren PCR-Test vorlegen zu lassen. Hierdurch sei i.S.v. § 618 BGB ein angemessener Gesundheitsschutz der Beschäftigten sowie ein ordnungsgemäßer Betriebsablauf bereits ausreichend sicherstellbar gewesen.  

III. Praxishinweise – Was müssen Arbeitgeber zukünftig beachten?

Mit Geltung der neuen Arbeitsschutzverordnung sind Betriebe wieder verpflichtet, auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung zum betrieblichen Infektionsschutz betriebliche Hygienekonzepten zu erstellen und umzusetzen. Die beiden Urteile sind insoweit erfreulich, als dass sie die Reichweite des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts in diesem Zusammenhang konkretisieren. Nachdem verschiedene Arbeitsgerichte bereits in der Vergangenheit festgestellt hatten, dass die Anordnung von PCR-Tests als Maßnahme des Arbeitsschutzes zulässig sein kann (so auch bereits unser Blogbeitrag „Kein Eintritt ohne Corona-Test), hat dies das BAG nun offiziell bestätigt. 

Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Anordnung einer solchen Testpflicht und auch sonstiger Maßnahmen des Gesundheitsschutzes stets billigem Ermessen entsprechen muss. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer solchen Anordnung unterliegt deshalb immer dem Einzelfall, wobei insbesondere die sich fortlaufend wandelnde pandemische Lage sowie die betrieblichen Gegebenheiten zu beachten sind. Im Ergebnis sollte eine PCR-Testpflicht auf dem Arbeitsplatz nur dann angeordnet werden, wenn diese einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Schutz der Beschäftigten, der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Betriebsablaufs sowie den individuellen Arbeitnehmerinteressen sicherstellt und sich als „passgenaue“ Maßnahme erweist. Dann dürfte unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BAG auch der sehr geringe Eingriff in die körperliche Unversehrtheit sowie der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beschäftigten gerechtfertigt sein.

Liegt nach vorgenannten Maßstäben insgesamt eine zulässige Anordnung einer PCR-Testpflicht vor, sind Arbeitgeber bei einer Weigerungshaltung von Arbeitnehmern berechtigt, Lohnzahlungen für diesen Zeitraum einzustellen. Da der Arbeitnehmer selbst das Hindernis für seine Arbeitsleistung bewirkt, geraten Arbeitgeber hierdurch nicht in einen Annahmeverzug. 

Vorsicht ist allerdings dort geboten, wo in betrieblichen Hygienekonzepten strengere Regelungen aufgestellt werden, als der Gesetzgeber zur Bekämpfung des Infektionsgeschehens selbst vorsieht, etwa bei einem generellen Betretungsverbot wegen eines Aufenthalts in einem Virusvariantengebiet. Schießen Arbeitgeber hier über das Ziel hinaus und nehmen die Arbeitsleistung von Arbeitnehmern in diesem Zusammenhang nicht in Anspruch, ist das Risiko groß, dass sie sich hiermit selbst in Annahmeverzug versetzen und etwaige nicht geleistete Lohnzahlungen nachzahlen müssen. Insoweit können PCR-Tests bei dringendem Verdacht auf eine Infektion von Beschäftigten ein milderes Mittel darstellen.

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