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22. Juni 2021

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Der BGH hat zur Frage Stellung genommen, wer von mehreren Personen, die an einer gewerblichen Tätigkeit beteiligt sind, ertragssteuerlich als Unternehmer anzusehen ist und wie sich die Frage der Mitunternehmerschaft auf die Unternehmenssteuern auswirkt (BGH, Beschluss vom 14.05.2020 – 1 StR 6/20). Lesen Sie im Folgenden welche Auswirkungen die Rechtsprechung des BGH auf Fälle der Steuerhinterziehung unter Beteiligung von sog. Strohleuten hat.

Sachverhalt

Der Angeklagte betrieb einen Dönerimbiss in guter Lage in einem Hauptbahnhof. Die Steuerfahndung stellte fest, dass der Angeklagte seinen Dönerimbiss im Jahr 2006 an seine Nichte veräußert hatte. Die Nichte wurde ebenfalls angeklagt. Sie leitete den Dönerimbiss nach außen gegenüber dem Finanzamt als Einzelunternehmerin. Zum Ende des Jahres 2010 verkaufte die Nichte den Dönerimbiss an die Ehefrau des Angeklagten. Die Ehefrau wurde ebenfalls angeklagt. Die Ehefrau leitete den Dönerimbiss bis zum Jahr 2013. 

Die Steuerfahndung stellte fest, dass der Dönerimbiss tatsächlich in der gesamten Zeit überwiegend von dem Angeklagten geleitet wurde. Der Angeklagte traf dabei alle wesentlichen Entscheidungen und trat nach außen gegenüber Kunden und Geschäftspartnern als Entscheidungsträger auf. Der Angeklagte stellte Arbeitnehmer ein und verwaltete die Geschäftskasse. Die Nichte und die Ehefrau waren nur selten im Betrieb. Ihre Aufgaben waren auf das Unterschreiben von Unterlagen, das Beauftragen der Steuerberaterin und die Besprechung der Buchungsarbeiten beschränkt. Beide waren jeweils über die Konten des Dönerimbisses ausschließlich allein verfügungsbefügt.

Die Waren des Dönerimbiss wurden seit 2008 ausschließlich von der Di GmbH bezogen, wovon 20% der gelieferten Waren vom Kundenkonto des Imbissbetriebs auf ein Bar- oder Lagerverkaufskonto umgebucht wurden. In Höhe dieses Umfangs erzielte der Dönerimbiss zusätzliche Einnahmen, die weder die Nichte noch die Ehefrau des Angeklagten in den Steuererklärungen des Einzelunternehmens für die Umsatzsteuer und die Gewerbesteuer erklärten. Der Angeklagte verschwieg diese Einnahmen außerdem in seinen Einkommensteuererklärungen.

Verurteilung durch das Landgericht Lübeck

Das Landgericht Lübeck hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Die ebenfalls angeklagte Nichte wurde wegen Steuerhinterziehung in 6 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Die angeklagte Ehefrau wurde wegen Steuerhinterziehung in 3 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt. 

Das Landgericht schätzte die Höhe der nicht erklärten Umsätze und Gewinne des Dönerimbiss. Die Art und die Höhe der Schätzung spielen in diesem Fall ausnahmsweise keine Rolle. Mit Hilfe der Schätzung ermittelte das Landgericht die jeweiligen Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuern.

BGH: Revisionen der Angeklagten hatten teilweise Erfolg

Die von den Angeklagten jeweils eingelegten Revisionen gegen das Urteil des Landgerichts hatten teilweise Erfolg. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die Verurteilung wegen der Hinterziehung der Einkommensteuer einer sachlichen rechtlichen Prüfung nicht standhält. 

Grundsätze der Mitunternehmerschaft nicht beachtet

Das Landgericht Lübeck habe die Grundsätze der (Mit-)Unternehmerschaft nicht bedacht. Die Feststellungen des Landgerichts belegen nicht, dass die Einkünfte aus dem Imbissbetrieb der Nichte und der Ehefrau zuzurechnen seien. Es gelten die § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 15 Abs. 1 S.1 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 2 EStG. Insoweit komme in Betracht, dass der Angeklagte – zumindest teilweise – die gewerblichen Einkünfte in seine Einkommensteuererklärungen hätte aufnehmen müssen. Allerdings waren seine Einkommensteuererklärungen nicht von der Anklage umfasst.

Ertragsteuerlicher Unternehmer

Fraglich war, wer ertragsteuerlich als Unternehmer anzusehen war. Für die Frage wer von mehreren Personen, die an einer gewerblichen Tätigkeit beteiligt sind, ertragsteuerlich als Unternehmer anzusehen sei, komme es weder auf die von den Beteiligten ausdrücklich gewählte Bezeichnung ihrer Rechtsbeziehung noch auf den Rechtsschein, der nach außen etwa durch die gewerbepolizeiliche Anmeldung gesetzt wird, an.

Mitunternehmerschaft bei Vorliegen von Mitunternehmerinitiative und -risiko

Mitunternehmer im Sinne des § 15 EStG ist, wer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine Mitunternehmerinitiative entfalten kann und das Mitunternehmerrisiko trägt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Merkmale der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein können. Zu beachten ist allerdings, dass beides vorliegen muss (BGH vom 08.07.2014 -1 StR 29/14; vom 17.05.2006 – VIII R 21/04).

Mitunternehmerschaft beim Einsatz von Strohleuten

Entsprechend diesen Grundsätzen sei regelmäßig von einer Mitunternehmerschaft zwischen dem das Einzelunternehmen faktisch Beherrschenden und den eingesetzten Strohleuten auszugehen, die auf Rechnung des Hintermannes den Betrieb führen, weil deren Vertretungsmacht unbeschränkt ist bzw. weil diese das Risiko der vollen persönlichen Haftung im Außenverhältnis tragen.

Misst man den vorliegenden Fall an diesen Maßstäben, sei festzustellen, dass eine Alleinunternehmerschaft der Nichte und auch der Ehefrau nicht belegt sei. Vorliegend wurde durch das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass im gesamten Tatzeitraum der Angeklagte tatsächlich den Dönerimbiss beherrschte sowie die Nichte und die Ehefrau eher als von ihm eingesetzte „Strohfrauen“ einzuordnen seien.

Strohleute als ertragsteuerliche Unternehmer

Deshalb sei der Angeklagte ertragssteuerlich als Unternehmer anzusehen und bezüglich der Nichte und der Ehefrau sei eine Gesamtwürdigung vorzunehmen. Im Falle einer Mitunternehmerschaft wären zur Ermittlung der von der Nichte und der Ehefrau jeweils verkürzten Einkommensteuer die von ihnen gewerblich erzielten Gewinne entsprechend ihrer tatsächlichen Teilhabe am betrieblichen Ergebnis – falls erforderlich mit Hilfe einer Schätzung – zu ermitteln gewesen.

Soweit es um die Einkommensteuern des Angeklagten geht und dem Verschweigen von gewerblichen Einkünften, sind „dadurch“ die Einkommensteuern zu niedrig festgesetzt worden. Die unrichtigen Erklärungen der Nichte und der Ehefrau seien dafür allerdings nicht mitursächlich. Die unrichtigen Steuerfestsetzungen zur Einkommensteuer des Angeklagten beruhen alleine auf seinen Angaben. Die Nicht und die Ehefrau könnten sich höchstens daran beteiligt haben.

Der Bundesgerichtshof stellt insoweit fest, dass es nach alledem einer umfassenden tatgerichtlichen Aufklärung bedürfe, ob und in welchem Umfang die Nichte und die Ehefrau Einkünfte aus dem Dönerimbiss erzielt haben. Aufgrund ihrer unbeschränkten Haftung im Außenverhältnis, ihrer Beratungen mit der Steuerberaterin und ihrer Verfügungsberechtigung über die Geschäftskonten ist nicht auszuschließen, dass tragfähige Feststellungen zu Einkünften aus einer Mitunternehmerschaft aufgrund tatsächlicher wirtschaftlicher Leistung und Teilhabe möglich sind. 

Die Nichte und die Ehefrau gaben nicht nur ihren Namen für einen rechtlichen Mantel, unter welchem allein der Angeklagte mit der Folge gehandelt hätte, dass sämtliche Einkünfte allein ihm zuzurechnen wären. 

Auswirkung der Mitunternehmerschaft auf die Umsatz- und Gewerbesteuer

Bei der Umsatzsteuer und der Gewerbesteuerverkürzung hatte der Schulspruch bestand. Die Einzelstrafen wurden allerdings wegen weiterer Rechtsfehler aufgehoben.

Die Frage der Mitunternehmerschaft, die weiterhin offenblieb, wirkte sich bei den Unternehmenssteuern nicht aus.

In § 2 Abs. 1 UStG ist zunächst einmal geregelt, gegen wen als Betreiber eines Gewerbebetriebs die Umsatzsteuer festzusetzen ist. Diese Frage ist unabhängig davon zu beurteilen, wer in ertragsteuerlicher Hinsicht das Gewerbe führt und damit zur Gewerbe- und Einkommensteuer zu veranlagen ist. 

„Laden-Rechtsprechung“ des BGH

Gemäß § 2 Abs. 1 UStG ist Schuldner der Umsatzsteuer bei den in bar abgewickelten Lebensmittelumsätzen die Nichte und später die Ehefrau, denn diese haben nach außen „formell“ die Betriebsinhaberschaft inne (das ist die sog. „Laden-Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes vom 6. März 2000. Für Interessierte das Aktenzeichen V R 44/99).

Es gibt keine umsatzsteuerliche Mitunternehmerschaft. Deshalb bleibe es dabei, dass die Angeklagten entsprechend eines gemeinsamen Tatplans zugunsten des Einzelunternehmens durch das Verschweigen von Ausgangsumsätzen jeweils die Festsetzung zu niedriger Umsatzsteuerzahllasten bewirkt haben.

Des Weiteren stellt der Bundegerichtshof fest, dass es bei dem Schuldspruch des Straftatbestands der Steuerhinterziehung unschädlich ist, wenn lediglich der Verkürzungsumfang unrichtig bestimmt wurde, die Verwirklichung des Tatbestandes aber sicher von den Feststellungen getragen werden. Dies sei vorliegend der Fall. Das Landgericht habe rechtsfehlerfrei den Umfang der „Schwarzeinkäufe“ festgestellt und deshalb schließt der Bundesgerichtshof aus, dass durch die verfahrensgegenständlichen Taten keine Steuerverkürzungen eingetreten seien.

Auch der Schuldspruch in Bezug auf die Gewerbesteuerhinterziehung bleibe von den Rechtsfehlern unberührt. Durch die Abgabe unrichtiger Gewerbesteuererklärungen seien gleichwohl wirksame Gewerbesteuerbescheide gegen das Einzelunternehmen bekannt gegeben worden. Die jeweils nach außen aufgetretene Dönerimbiss-Inhaberin sei die Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer gewesen. 

Bedeutungslos sei gewerbesteuerlich dagegen die von dem Angeklagten mit der jeweiligen Betriebsinhaberin gebildete Innengesellschaft.

Bei der Gewerbesteuerverkürzung würde es auch bleiben, wenn man den Angeklagten als Einzelunternehmer ansehen würde. Denn die Nichte und die Ehefrau hätte dann aufgrund ihres gemeinsamen Tatplans zumindest mit der Abgabe ihrer Erklärungen bewirkt, dass gegen den Angeklagten, der keine Gewerbesteuererklärungen abgab und dem Finanzamt als Unternehmer mithin unbekannt war, die Gewerbesteuerbescheide weder rechtzeitig noch der Höhe nach richtig festgesetzt wurden.

Fazit

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Unternehmer bzw. Mitunternehmer gemäß § 15 EStG ist, wer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse Mitunternehmerinitiative entfalten kann und das Mitunternehmerrisiko trägt. Weder die gewählte Bezeichnung der Rechtsbeziehungen noch der Rechtsschein sind für die Einordnung ertragsteuerlich als Unternehmer maßgeblich. Damit ist der nach außen gesetzte Schein der gewerbepolizeilichen Anmeldung unerheblich.

Die Ausprägung der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos können im Einzelfall mehr oder weniger stark ausgeprägt sein. Wichtig ist aber, dass beide tatsächlich vorliegen! Maßgeblich für diese Würdigung ist die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person.

Es ist deshalb regelmäßig von einer Mitunternehmerschaft zwischen dem das Einzelunternehmen faktisch Beherrschenden und den eingesetzten „Strohleuten“ auszugehen, wenn die „Strohleute“ das Gewerbe auf Rechnung des Hintermannes führen, weil die Vertretungsmacht der „Strohleute“ unbeschränkt ist bzw. weil das Risiko der vollen persönlichen Haftung im Außenverhältnis von den Strohleuten getragen wird.

BGH – Rechtsprechung zur Mitunternehmerschaft und der Bedeutung bei der Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuerhinterziehung

Der BGH hat zur Frage Stellung genommen, wer von mehreren Personen, die an einer gewerblichen Tätigkeit beteiligt sind, ertragssteuerlich als Unternehmer anzusehen ist und wie sich die Frage der Mitunternehmerschaft auf die Unternehmenssteuern auswirkt (BGH, Beschluss vom 14.05.2020 – 1 StR 6/20). Lesen Sie im Folgenden welche Auswirkungen die Rechtsprechung des BGH auf Fälle der Steuerhinterziehung unter Beteiligung von sog. Strohleuten hat.

Sachverhalt

Der Angeklagte betrieb einen Dönerimbiss in guter Lage in einem Hauptbahnhof. Die Steuerfahndung stellte fest, dass der Angeklagte seinen Dönerimbiss im Jahr 2006 an seine Nichte veräußert hatte. Die Nichte wurde ebenfalls angeklagt. Sie leitete den Dönerimbiss nach außen gegenüber dem Finanzamt als Einzelunternehmerin. Zum Ende des Jahres 2010 verkaufte die Nichte den Dönerimbiss an die Ehefrau des Angeklagten. Die Ehefrau wurde ebenfalls angeklagt. Die Ehefrau leitete den Dönerimbiss bis zum Jahr 2013. 

Die Steuerfahndung stellte fest, dass der Dönerimbiss tatsächlich in der gesamten Zeit überwiegend von dem Angeklagten geleitet wurde. Der Angeklagte traf dabei alle wesentlichen Entscheidungen und trat nach außen gegenüber Kunden und Geschäftspartnern als Entscheidungsträger auf. Der Angeklagte stellte Arbeitnehmer ein und verwaltete die Geschäftskasse. Die Nichte und die Ehefrau waren nur selten im Betrieb. Ihre Aufgaben waren auf das Unterschreiben von Unterlagen, das Beauftragen der Steuerberaterin und die Besprechung der Buchungsarbeiten beschränkt. Beide waren jeweils über die Konten des Dönerimbisses ausschließlich allein verfügungsbefügt.

Die Waren des Dönerimbiss wurden seit 2008 ausschließlich von der Di GmbH bezogen, wovon 20% der gelieferten Waren vom Kundenkonto des Imbissbetriebs auf ein Bar- oder Lagerverkaufskonto umgebucht wurden. In Höhe dieses Umfangs erzielte der Dönerimbiss zusätzliche Einnahmen, die weder die Nichte noch die Ehefrau des Angeklagten in den Steuererklärungen des Einzelunternehmens für die Umsatzsteuer und die Gewerbesteuer erklärten. Der Angeklagte verschwieg diese Einnahmen außerdem in seinen Einkommensteuererklärungen.

Verurteilung durch das Landgericht Lübeck

Das Landgericht Lübeck hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Die ebenfalls angeklagte Nichte wurde wegen Steuerhinterziehung in 6 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Die angeklagte Ehefrau wurde wegen Steuerhinterziehung in 3 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt. 

Das Landgericht schätzte die Höhe der nicht erklärten Umsätze und Gewinne des Dönerimbiss. Die Art und die Höhe der Schätzung spielen in diesem Fall ausnahmsweise keine Rolle. Mit Hilfe der Schätzung ermittelte das Landgericht die jeweiligen Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuern.

BGH: Revisionen der Angeklagten hatten teilweise Erfolg

Die von den Angeklagten jeweils eingelegten Revisionen gegen das Urteil des Landgerichts hatten teilweise Erfolg. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die Verurteilung wegen der Hinterziehung der Einkommensteuer einer sachlichen rechtlichen Prüfung nicht standhält. 

Grundsätze der Mitunternehmerschaft nicht beachtet

Das Landgericht Lübeck habe die Grundsätze der (Mit-)Unternehmerschaft nicht bedacht. Die Feststellungen des Landgerichts belegen nicht, dass die Einkünfte aus dem Imbissbetrieb der Nichte und der Ehefrau zuzurechnen seien. Es gelten die § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 15 Abs. 1 S.1 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 2 EStG. Insoweit komme in Betracht, dass der Angeklagte – zumindest teilweise – die gewerblichen Einkünfte in seine Einkommensteuererklärungen hätte aufnehmen müssen. Allerdings waren seine Einkommensteuererklärungen nicht von der Anklage umfasst.

Ertragsteuerlicher Unternehmer

Fraglich war, wer ertragsteuerlich als Unternehmer anzusehen war. Für die Frage wer von mehreren Personen, die an einer gewerblichen Tätigkeit beteiligt sind, ertragsteuerlich als Unternehmer anzusehen sei, komme es weder auf die von den Beteiligten ausdrücklich gewählte Bezeichnung ihrer Rechtsbeziehung noch auf den Rechtsschein, der nach außen etwa durch die gewerbepolizeiliche Anmeldung gesetzt wird, an.

Mitunternehmerschaft bei Vorliegen von Mitunternehmerinitiative und -risiko

Mitunternehmer im Sinne des § 15 EStG ist, wer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine Mitunternehmerinitiative entfalten kann und das Mitunternehmerrisiko trägt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Merkmale der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein können. Zu beachten ist allerdings, dass beides vorliegen muss (BGH vom 08.07.2014 -1 StR 29/14; vom 17.05.2006 – VIII R 21/04).

Mitunternehmerschaft beim Einsatz von Strohleuten

Entsprechend diesen Grundsätzen sei regelmäßig von einer Mitunternehmerschaft zwischen dem das Einzelunternehmen faktisch Beherrschenden und den eingesetzten Strohleuten auszugehen, die auf Rechnung des Hintermannes den Betrieb führen, weil deren Vertretungsmacht unbeschränkt ist bzw. weil diese das Risiko der vollen persönlichen Haftung im Außenverhältnis tragen.

Misst man den vorliegenden Fall an diesen Maßstäben, sei festzustellen, dass eine Alleinunternehmerschaft der Nichte und auch der Ehefrau nicht belegt sei. Vorliegend wurde durch das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass im gesamten Tatzeitraum der Angeklagte tatsächlich den Dönerimbiss beherrschte sowie die Nichte und die Ehefrau eher als von ihm eingesetzte „Strohfrauen“ einzuordnen seien.

Strohleute als ertragsteuerliche Unternehmer

Deshalb sei der Angeklagte ertragssteuerlich als Unternehmer anzusehen und bezüglich der Nichte und der Ehefrau sei eine Gesamtwürdigung vorzunehmen. Im Falle einer Mitunternehmerschaft wären zur Ermittlung der von der Nichte und der Ehefrau jeweils verkürzten Einkommensteuer die von ihnen gewerblich erzielten Gewinne entsprechend ihrer tatsächlichen Teilhabe am betrieblichen Ergebnis – falls erforderlich mit Hilfe einer Schätzung – zu ermitteln gewesen.

Soweit es um die Einkommensteuern des Angeklagten geht und dem Verschweigen von gewerblichen Einkünften, sind „dadurch“ die Einkommensteuern zu niedrig festgesetzt worden. Die unrichtigen Erklärungen der Nichte und der Ehefrau seien dafür allerdings nicht mitursächlich. Die unrichtigen Steuerfestsetzungen zur Einkommensteuer des Angeklagten beruhen alleine auf seinen Angaben. Die Nicht und die Ehefrau könnten sich höchstens daran beteiligt haben.

Der Bundesgerichtshof stellt insoweit fest, dass es nach alledem einer umfassenden tatgerichtlichen Aufklärung bedürfe, ob und in welchem Umfang die Nichte und die Ehefrau Einkünfte aus dem Dönerimbiss erzielt haben. Aufgrund ihrer unbeschränkten Haftung im Außenverhältnis, ihrer Beratungen mit der Steuerberaterin und ihrer Verfügungsberechtigung über die Geschäftskonten ist nicht auszuschließen, dass tragfähige Feststellungen zu Einkünften aus einer Mitunternehmerschaft aufgrund tatsächlicher wirtschaftlicher Leistung und Teilhabe möglich sind. 

Die Nichte und die Ehefrau gaben nicht nur ihren Namen für einen rechtlichen Mantel, unter welchem allein der Angeklagte mit der Folge gehandelt hätte, dass sämtliche Einkünfte allein ihm zuzurechnen wären. 

Auswirkung der Mitunternehmerschaft auf die Umsatz- und Gewerbesteuer

Bei der Umsatzsteuer und der Gewerbesteuerverkürzung hatte der Schulspruch bestand. Die Einzelstrafen wurden allerdings wegen weiterer Rechtsfehler aufgehoben.

Die Frage der Mitunternehmerschaft, die weiterhin offenblieb, wirkte sich bei den Unternehmenssteuern nicht aus.

In § 2 Abs. 1 UStG ist zunächst einmal geregelt, gegen wen als Betreiber eines Gewerbebetriebs die Umsatzsteuer festzusetzen ist. Diese Frage ist unabhängig davon zu beurteilen, wer in ertragsteuerlicher Hinsicht das Gewerbe führt und damit zur Gewerbe- und Einkommensteuer zu veranlagen ist. 

„Laden-Rechtsprechung“ des BGH

Gemäß § 2 Abs. 1 UStG ist Schuldner der Umsatzsteuer bei den in bar abgewickelten Lebensmittelumsätzen die Nichte und später die Ehefrau, denn diese haben nach außen „formell“ die Betriebsinhaberschaft inne (das ist die sog. „Laden-Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes vom 6. März 2000. Für Interessierte das Aktenzeichen V R 44/99).

Es gibt keine umsatzsteuerliche Mitunternehmerschaft. Deshalb bleibe es dabei, dass die Angeklagten entsprechend eines gemeinsamen Tatplans zugunsten des Einzelunternehmens durch das Verschweigen von Ausgangsumsätzen jeweils die Festsetzung zu niedriger Umsatzsteuerzahllasten bewirkt haben.

Des Weiteren stellt der Bundegerichtshof fest, dass es bei dem Schuldspruch des Straftatbestands der Steuerhinterziehung unschädlich ist, wenn lediglich der Verkürzungsumfang unrichtig bestimmt wurde, die Verwirklichung des Tatbestandes aber sicher von den Feststellungen getragen werden. Dies sei vorliegend der Fall. Das Landgericht habe rechtsfehlerfrei den Umfang der „Schwarzeinkäufe“ festgestellt und deshalb schließt der Bundesgerichtshof aus, dass durch die verfahrensgegenständlichen Taten keine Steuerverkürzungen eingetreten seien.

Auch der Schuldspruch in Bezug auf die Gewerbesteuerhinterziehung bleibe von den Rechtsfehlern unberührt. Durch die Abgabe unrichtiger Gewerbesteuererklärungen seien gleichwohl wirksame Gewerbesteuerbescheide gegen das Einzelunternehmen bekannt gegeben worden. Die jeweils nach außen aufgetretene Dönerimbiss-Inhaberin sei die Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer gewesen. 

Bedeutungslos sei gewerbesteuerlich dagegen die von dem Angeklagten mit der jeweiligen Betriebsinhaberin gebildete Innengesellschaft.

Bei der Gewerbesteuerverkürzung würde es auch bleiben, wenn man den Angeklagten als Einzelunternehmer ansehen würde. Denn die Nichte und die Ehefrau hätte dann aufgrund ihres gemeinsamen Tatplans zumindest mit der Abgabe ihrer Erklärungen bewirkt, dass gegen den Angeklagten, der keine Gewerbesteuererklärungen abgab und dem Finanzamt als Unternehmer mithin unbekannt war, die Gewerbesteuerbescheide weder rechtzeitig noch der Höhe nach richtig festgesetzt wurden.

Fazit

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Unternehmer bzw. Mitunternehmer gemäß § 15 EStG ist, wer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse Mitunternehmerinitiative entfalten kann und das Mitunternehmerrisiko trägt. Weder die gewählte Bezeichnung der Rechtsbeziehungen noch der Rechtsschein sind für die Einordnung ertragsteuerlich als Unternehmer maßgeblich. Damit ist der nach außen gesetzte Schein der gewerbepolizeilichen Anmeldung unerheblich.

Die Ausprägung der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos können im Einzelfall mehr oder weniger stark ausgeprägt sein. Wichtig ist aber, dass beide tatsächlich vorliegen! Maßgeblich für diese Würdigung ist die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person.

Es ist deshalb regelmäßig von einer Mitunternehmerschaft zwischen dem das Einzelunternehmen faktisch Beherrschenden und den eingesetzten „Strohleuten“ auszugehen, wenn die „Strohleute“ das Gewerbe auf Rechnung des Hintermannes führen, weil die Vertretungsmacht der „Strohleute“ unbeschränkt ist bzw. weil das Risiko der vollen persönlichen Haftung im Außenverhältnis von den Strohleuten getragen wird.

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