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Datum

12. Mai 2021

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Das Besteuerungsverfahren ist unabhängig vom Strafverfahren. Es besteht eine Gleichrangigkeit beider Verfahren. Deshalb ist es für die Anordnung einer Betriebsprüfung nicht erheblich, ob ein strafrechtlicher Anfangsverdacht für die betroffenen Steuerarten und Besteuerungszeiträume vorliegt. Außerdem führt eine nicht ordnungsgemäße strafrechtliche Belehrung über die Verschwiegenheitsrechte nicht zur Rechtswidrigkeit einer Prüfungsanordnung (BFH, Beschluss vom 14.04.2020 – VI R 32/17).

Sachverhalt

Kläger und Revisionskläger (Kläger) war ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Er selbst war für den Prüfungszeitraum Gesellschafter einer Steuerberatungsgesellschaft und gleichzeitig Angestellter. Der Kläger übernahm zum Beginn des Jahres 2002 einen landwirtschaftlichen Pferdezuchtbetrieb. Aus dem Pferdezuchtbetrieb erklärte er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Seine Umsatzsteuer und seine Einkommensteuer wurden zunächst vom Finanzamt wie erklärt festgesetzt. 

Das Finanzamt fragte am 29.02.2008 wegen einer steuerlichen Außenprüfung für die Jahre 2004-2006 beim Kläger an. Dabei bezog sich das Finanzamt auf einen Vermerk der Steuerfahndung aus dem Jahr 2003. Demnach lag wohl eine Anzeige eines Dritten gegen den Kläger vor. Der Dritte behauptete, dass der Kläger Kosten der privaten Lebensführung und Betriebsausgaben des Pferdezuchtbetriebes in der Gewinnermittlung der Steuerberatungsgesellschaft berücksichtigt habe.

Am 11. November 2009 ordnete das Finanzamt die steuerliche Außenprüfung an. Die Außenprüfung begann am 2. Dezember 2009 und sollte die Einkommensteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2003-2006 und die Einkünfte aus Land und Fortwirtschaft vom 1. Juli 2003 bis 30. Juni 2007 umfassen.

Trotz Einspruch des Klägers vom 14. Dezember 2009 führte das Finanzamt die Außenprüfung fort.

Mit Datum vom 23. März 2012, also über zwei Jahre später, nahm das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung nach § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AO Vorermittlungen auf. Die Vorermittlungen bezogen sich auf den Pferdezuchtbetrieb. In diesem Zusammenhang wurden unter anderem die Buchführung und Belegordner ausgewertet, die bei der Staatsanwaltschaft sichergestellt werden konnten, da ein anderweitiges Strafverfahren gegen den Kläger anhängig war. Das anderweitige Strafverfahren wurde gegen den Kläger geführt, da er als faktischer Geschäftsführer einer GmbH Umsatzsteuer hinterzogen haben sollte. Nach Abschluss der Vorermittlungen fertigte die Steuerfahndung einen Vermerk, der auf den 11. Juli 2012 datiert war.

Wesentlich später, nämlich im November 2013 wurde die Einleitung des Steuerstrafverfahrens im Zusammenhang mit der Pferdezucht dem Kläger bekannt gegeben. Gleichzeitig durchsuchte die Steuerfahndung die Wohnung sowie das Gestüt.

Hinweis: Eine Durchsuchung ist gemäß § 102 StPO beim Verdächtigen zulässig, wenn der Verdacht einer Straftat vorliegt. Der Verdacht liegt vor, wenn aufgrund von tatsächlichen Anhaltspunkten oder aufgrund von kriminalistischer Erfahrung angenommen werden kann, dass der Verdächtige als Täter einer verfolgbaren Straftat in Betracht kommt (vgl. MüKo, § 102 StPO Rn. 8).

Ebenfalls gleichzeitig erweiterte das Finanzamt den Prüfungszeitraum der Außenprüfung auf das Jahr 2002 und die Jahre 2007-2011 wegen Einkommensteuer, Umsatzsteuer und den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft für den Zeitraum vom 1. Juli 2002 bis 30. Juni 2003 und den Zeitraum 1. Juli 2007 bis 30. Juni 2012. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der Verdacht einer Steuerstraftat vorliege.

Gegen diese Prüfungserweiterung vom 29. Oktober 2013 legte der Kläger ebenfalls Einspruch ein.

Die Einsprüche gegen die erstmalige Prüfungsanordnung und gegen die anschließende Prüfungserweiterung wurden vom Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen.

Gegen diese Zurückweisung der Einsprüche wendete sich der Kläger am 16. Januar 2015 in seiner Klage mit dem Antrag, die Prüfungsanordnung und die Prüfungserweiterung entsprechend aufzuheben.

Das Finanzamt stellte seine Prüfungstätigkeit während des laufenden Klageverfahrens zunächst ein. Einen Bericht über die steuerliche Außenprüfung und die erweiterte Außenprüfung erstellte das Finanzamt nicht.

Die Steuerfahndung fertigte ihren Bericht am 1. Februar 2016. In ihrem Bericht vertritt sie die Auffassung, dass der Kläger den Pferdezuchtbetrieb ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben habe und das Ganze ein verdeckter Liebhabereibetrieb sei. Deshalb kam die Steuerfahndung zu dem Schluss, dass die Verluste aus Land- und Forstwirtschaft nicht anzuerkennen seien.

Hinweis: Der Begriff der „Liebhaberei“ ist durch die Rechtsprechung entwickelt worden. Eine steuerlich zu berücksichtigender Tätigkeit setzt voraus, dass Gewinne erwirtschaftet werden. Besteht nicht die Absicht, Gewinne zu erzielen bzw. einen Überschuss zu generieren, werden Gewinne und Verluste einkommensteuerlich nicht berücksichtigt. Dann liegt eine sog. „Liebhaberei“ vor (vgl. Beck´sches Steuer- und Bilanzlexikon zur Liebhaberei Rn. 1).

Das Finanzamt folgte dem Steuerfahndungsbericht und änderte die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002-2011 mit Bescheiden vom 28. November 2016. Gegen diese Steuerbescheide legte der Kläger entsprechende Einsprüche ein. Über diese Einsprüche wurde noch nicht abschließend entschieden.

Außerdem erklärte das Finanzamt mit Schreiben vom 23. Juni 2016 die steuerliche Außenprüfung und die Erweiterung aufgrund des steuerlichen Berichtes der Steuerfahndung vom 1. Februar 2016 für beendet. 

Finanzgericht weist Klage als unbegründet ab

Das Finanzgericht wies die Klage, die nun im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung unter Prüfungserweiterung feststellen sollte, ab.

Anschließend legte der Kläger Revision zum Bundesfinanzhof ein und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Es liege ein Verstoß gegen die in § 393 Abs. 1 AO i. V. m. § 10 der Betriebsprüfungsordnung normierte Unterrichtungspflicht vor. Dies sei deshalb der Fall, weil das Finanzamt trotz Kenntnis der Anschuldigung des Dritten es unterlassen habe, den Kläger hierüber in Kenntnis zu setzen oder steuerstrafrechtlich zu belehren. Dadurch sei der verfassungsrechtlich garantierte Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit unterlaufen worden.

Hinweis: Die sog. „Selbstbelastungsfreiheit“ gewährleistet den Schutz vor staatlichem Zwang und Druckmitteln zur Beugung des entgegenstehenden Willens und umfasst alle Arten von strafrechtlichen Vorwürfen (vgl. EGMR 17.12.1996, 19187/91 Nr. 74 Saunders/Vereinigtes Königreich).

BFH verwirft die Revision einstimmig

Festzustellen ist, dass es sich bei der Entscheidung um eine einstimmige Entscheidung des BFH handelt und die Revision einstimmig als unbegründet verworfen wurde. In diesem Zusammenhang wurde auf eine mündliche Verhandlung verzichtet, weil diese nicht erforderlich sei. Damit stellt der BFH fest, dass die Prüfungsanordnung vom 11. November 2009 und die Prüfungserweiterung vom 29. Oktober 2013 rechtmäßig waren.

Die Finanzverwaltung war zweifellos für die Anordnung der Betriebsprüfung und die Erweiterung zuständig.

Die Anordnung einer Außenprüfung ist eine Ermessensentscheidung des Finanzamtes. Der BFH konnte insoweit keinen Ermessensfehler feststellen. Bei § 193 Abs. 1 AO, also der Norm für die Anordnung der Prüfung, handelt es sich um einen tatbestandlich voraussetzungslose Prüfungsermächtigung. Deshalb sind Außenprüfungen in den Grenzen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Willkürverbotes grundsätzlich unbeschränkt zulässig. Vorliegend war deshalb auch die Prüfung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zulässig.

Steuerliche Prüfung unabhängig von strafrechtlichem Anfangsverdacht

Der BGH stellt außerdem fest, dass es für die Anordnung einer Außenprüfung unerheblich sei, dass bezüglich einzelner Steuerarten oder Besteuerungszeiträume der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat vorliegt. Hier gebe es auch keinen Unterschied zwischen der erstmaligen Anordnung einer Betriebsprüfung und der anschließenden Erweiterung.

Doppelfunktion des Betriebsprüfers ist zulässig

Außerdem stellt der BGH fest, dass die Anordnung der Außenprüfung auch ausschließlich dazu erfolgen kann, um festzustellen, ob und inwieweit Steuerbeträge vorsätzlich oder leichtfertig verkürzt worden. Es existiert keine sich gegenseitig ausschließende Zuständigkeit von Außenprüfung und Steuerfahndung. Es sei insofern möglich und auch zulässig, dass die Ermittlungen des Betriebsprüfers eine Doppelfunktion haben. Er ermittelt daher steuerlich und auch strafrechtlich. Deshalb sei das Finanzamt auch befugt gewesen, die Prüfungsanordnung und die Erweiterung zu erlassen.

Des Weiteren ist der BFH dem Kläger insoweit nicht gefolgt, wie dieser vorgetragen hat, über die falsche Anschuldigung des Dritten nicht in Kenntnis gesetzt worden zu sein bzw. nicht steuerstrafrechtlich belehrt worden zu sein. Wurde ein Strafverfahren gegen den Steuerpflichtigen eingeleitet, ist er gemäß § 393 Abs. 1 S. 4 AO darüber zu belehren, wenn dazu Anlass besteht. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass auch bei Belehrungsfehlern keine Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung vorliegt. Denn die Belehrungsregel betrifft nicht das Ob einer Betriebsprüfung, sondern das Wie. Die Rechte und Pflichten im Steuerverfahren richten sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften und die Rechte und Pflichten im Strafverfahren richten sich nach den entsprechenden strafrechtlichen Vorschriften. Das bedeutet, dass das Besteuerungsverfahren und das Steuerstrafverfahren grundsätzlich unabhängig und gleichrangig nebeneinander bestehen. Deswegen war vorliegend auch nicht zu entscheiden, ob der Kläger steuerstrafrechtlich belehrt werden musste. Darauf aufbauend sei auch nicht zu entscheiden gewesen, welche Rechtsfolgen gegebenenfalls aus einem Verstoß gegen die Belehrungspflicht zu ziehen gewesen wären.

Des Weiteren stellte der BFH keine willkürlichen oder schikanöse Belastungen des Klägers durch den Erlass der Prüfungsanordnung fest und es sei außerdem nicht festzustellen, dass das Finanzamt sich beim Erlass der Prüfungsanordnung von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Die Erweiterung der Prüfungsanordnung entsprach nach Ansicht des BFH ebenfalls den gesetzlichen Vorgaben und durfte sich auch darauf stützen, dass ein konkreter Tatverdacht bezüglich einer Steuerhinterziehung vorliegt.

Der BFH stellt vorliegend fest, dass völlig unabhängig vom Anfangsverdacht der Steuerstraftat und auch von dem (vielleicht im Hintergrund) eingeleiteten Strafverfahren eine Betriebsprüfungsanordnung ergehen kann. Grund für die Betriebsprüfungsanordnung kann im Grunde alles sein, was die Überprüfung des Unternehmens bzw. Betriebes rechtfertigt. Da die Anordnung der Betriebsprüfung tatbestandslos erfolgen kann, ist unabhängig davon, ob Kontrollmaterial, anonyme Anzeigen oder vergleichbares vorliegt, die Anordnung zulässig.

Fazit

Der BFH verdeutlicht die Unabhängigkeit des Besteuerungsverfahrens vom Strafverfahren und stellt fest, dass die beiden Verfahren gleichrangig nebeneinanderstehen. Dies kann bei einer Betriebsprüfung, die in beide Verfahren hineinspielt, erhebliche Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Verfahrenshandlungen haben. Deshalb ist es wichtig, dass der steuerliche Berater die Voraussetzungen beider Verfahren beherrscht, um für den Mandanten die bestmögliche Beratung zu gewährleisten.

Betriebsprüfungsanordnung bei strafrechtlichem Anfangsverdacht

Das Besteuerungsverfahren ist unabhängig vom Strafverfahren. Es besteht eine Gleichrangigkeit beider Verfahren. Deshalb ist es für die Anordnung einer Betriebsprüfung nicht erheblich, ob ein strafrechtlicher Anfangsverdacht für die betroffenen Steuerarten und Besteuerungszeiträume vorliegt. Außerdem führt eine nicht ordnungsgemäße strafrechtliche Belehrung über die Verschwiegenheitsrechte nicht zur Rechtswidrigkeit einer Prüfungsanordnung (BFH, Beschluss vom 14.04.2020 – VI R 32/17).

Sachverhalt

Kläger und Revisionskläger (Kläger) war ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Er selbst war für den Prüfungszeitraum Gesellschafter einer Steuerberatungsgesellschaft und gleichzeitig Angestellter. Der Kläger übernahm zum Beginn des Jahres 2002 einen landwirtschaftlichen Pferdezuchtbetrieb. Aus dem Pferdezuchtbetrieb erklärte er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Seine Umsatzsteuer und seine Einkommensteuer wurden zunächst vom Finanzamt wie erklärt festgesetzt. 

Das Finanzamt fragte am 29.02.2008 wegen einer steuerlichen Außenprüfung für die Jahre 2004-2006 beim Kläger an. Dabei bezog sich das Finanzamt auf einen Vermerk der Steuerfahndung aus dem Jahr 2003. Demnach lag wohl eine Anzeige eines Dritten gegen den Kläger vor. Der Dritte behauptete, dass der Kläger Kosten der privaten Lebensführung und Betriebsausgaben des Pferdezuchtbetriebes in der Gewinnermittlung der Steuerberatungsgesellschaft berücksichtigt habe.

Am 11. November 2009 ordnete das Finanzamt die steuerliche Außenprüfung an. Die Außenprüfung begann am 2. Dezember 2009 und sollte die Einkommensteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2003-2006 und die Einkünfte aus Land und Fortwirtschaft vom 1. Juli 2003 bis 30. Juni 2007 umfassen.

Trotz Einspruch des Klägers vom 14. Dezember 2009 führte das Finanzamt die Außenprüfung fort.

Mit Datum vom 23. März 2012, also über zwei Jahre später, nahm das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung nach § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AO Vorermittlungen auf. Die Vorermittlungen bezogen sich auf den Pferdezuchtbetrieb. In diesem Zusammenhang wurden unter anderem die Buchführung und Belegordner ausgewertet, die bei der Staatsanwaltschaft sichergestellt werden konnten, da ein anderweitiges Strafverfahren gegen den Kläger anhängig war. Das anderweitige Strafverfahren wurde gegen den Kläger geführt, da er als faktischer Geschäftsführer einer GmbH Umsatzsteuer hinterzogen haben sollte. Nach Abschluss der Vorermittlungen fertigte die Steuerfahndung einen Vermerk, der auf den 11. Juli 2012 datiert war.

Wesentlich später, nämlich im November 2013 wurde die Einleitung des Steuerstrafverfahrens im Zusammenhang mit der Pferdezucht dem Kläger bekannt gegeben. Gleichzeitig durchsuchte die Steuerfahndung die Wohnung sowie das Gestüt.

Hinweis: Eine Durchsuchung ist gemäß § 102 StPO beim Verdächtigen zulässig, wenn der Verdacht einer Straftat vorliegt. Der Verdacht liegt vor, wenn aufgrund von tatsächlichen Anhaltspunkten oder aufgrund von kriminalistischer Erfahrung angenommen werden kann, dass der Verdächtige als Täter einer verfolgbaren Straftat in Betracht kommt (vgl. MüKo, § 102 StPO Rn. 8).

Ebenfalls gleichzeitig erweiterte das Finanzamt den Prüfungszeitraum der Außenprüfung auf das Jahr 2002 und die Jahre 2007-2011 wegen Einkommensteuer, Umsatzsteuer und den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft für den Zeitraum vom 1. Juli 2002 bis 30. Juni 2003 und den Zeitraum 1. Juli 2007 bis 30. Juni 2012. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der Verdacht einer Steuerstraftat vorliege.

Gegen diese Prüfungserweiterung vom 29. Oktober 2013 legte der Kläger ebenfalls Einspruch ein.

Die Einsprüche gegen die erstmalige Prüfungsanordnung und gegen die anschließende Prüfungserweiterung wurden vom Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen.

Gegen diese Zurückweisung der Einsprüche wendete sich der Kläger am 16. Januar 2015 in seiner Klage mit dem Antrag, die Prüfungsanordnung und die Prüfungserweiterung entsprechend aufzuheben.

Das Finanzamt stellte seine Prüfungstätigkeit während des laufenden Klageverfahrens zunächst ein. Einen Bericht über die steuerliche Außenprüfung und die erweiterte Außenprüfung erstellte das Finanzamt nicht.

Die Steuerfahndung fertigte ihren Bericht am 1. Februar 2016. In ihrem Bericht vertritt sie die Auffassung, dass der Kläger den Pferdezuchtbetrieb ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben habe und das Ganze ein verdeckter Liebhabereibetrieb sei. Deshalb kam die Steuerfahndung zu dem Schluss, dass die Verluste aus Land- und Forstwirtschaft nicht anzuerkennen seien.

Hinweis: Der Begriff der „Liebhaberei“ ist durch die Rechtsprechung entwickelt worden. Eine steuerlich zu berücksichtigender Tätigkeit setzt voraus, dass Gewinne erwirtschaftet werden. Besteht nicht die Absicht, Gewinne zu erzielen bzw. einen Überschuss zu generieren, werden Gewinne und Verluste einkommensteuerlich nicht berücksichtigt. Dann liegt eine sog. „Liebhaberei“ vor (vgl. Beck´sches Steuer- und Bilanzlexikon zur Liebhaberei Rn. 1).

Das Finanzamt folgte dem Steuerfahndungsbericht und änderte die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002-2011 mit Bescheiden vom 28. November 2016. Gegen diese Steuerbescheide legte der Kläger entsprechende Einsprüche ein. Über diese Einsprüche wurde noch nicht abschließend entschieden.

Außerdem erklärte das Finanzamt mit Schreiben vom 23. Juni 2016 die steuerliche Außenprüfung und die Erweiterung aufgrund des steuerlichen Berichtes der Steuerfahndung vom 1. Februar 2016 für beendet. 

Finanzgericht weist Klage als unbegründet ab

Das Finanzgericht wies die Klage, die nun im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung unter Prüfungserweiterung feststellen sollte, ab.

Anschließend legte der Kläger Revision zum Bundesfinanzhof ein und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Es liege ein Verstoß gegen die in § 393 Abs. 1 AO i. V. m. § 10 der Betriebsprüfungsordnung normierte Unterrichtungspflicht vor. Dies sei deshalb der Fall, weil das Finanzamt trotz Kenntnis der Anschuldigung des Dritten es unterlassen habe, den Kläger hierüber in Kenntnis zu setzen oder steuerstrafrechtlich zu belehren. Dadurch sei der verfassungsrechtlich garantierte Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit unterlaufen worden.

Hinweis: Die sog. „Selbstbelastungsfreiheit“ gewährleistet den Schutz vor staatlichem Zwang und Druckmitteln zur Beugung des entgegenstehenden Willens und umfasst alle Arten von strafrechtlichen Vorwürfen (vgl. EGMR 17.12.1996, 19187/91 Nr. 74 Saunders/Vereinigtes Königreich).

BFH verwirft die Revision einstimmig

Festzustellen ist, dass es sich bei der Entscheidung um eine einstimmige Entscheidung des BFH handelt und die Revision einstimmig als unbegründet verworfen wurde. In diesem Zusammenhang wurde auf eine mündliche Verhandlung verzichtet, weil diese nicht erforderlich sei. Damit stellt der BFH fest, dass die Prüfungsanordnung vom 11. November 2009 und die Prüfungserweiterung vom 29. Oktober 2013 rechtmäßig waren.

Die Finanzverwaltung war zweifellos für die Anordnung der Betriebsprüfung und die Erweiterung zuständig.

Die Anordnung einer Außenprüfung ist eine Ermessensentscheidung des Finanzamtes. Der BFH konnte insoweit keinen Ermessensfehler feststellen. Bei § 193 Abs. 1 AO, also der Norm für die Anordnung der Prüfung, handelt es sich um einen tatbestandlich voraussetzungslose Prüfungsermächtigung. Deshalb sind Außenprüfungen in den Grenzen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Willkürverbotes grundsätzlich unbeschränkt zulässig. Vorliegend war deshalb auch die Prüfung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zulässig.

Steuerliche Prüfung unabhängig von strafrechtlichem Anfangsverdacht

Der BGH stellt außerdem fest, dass es für die Anordnung einer Außenprüfung unerheblich sei, dass bezüglich einzelner Steuerarten oder Besteuerungszeiträume der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat vorliegt. Hier gebe es auch keinen Unterschied zwischen der erstmaligen Anordnung einer Betriebsprüfung und der anschließenden Erweiterung.

Doppelfunktion des Betriebsprüfers ist zulässig

Außerdem stellt der BGH fest, dass die Anordnung der Außenprüfung auch ausschließlich dazu erfolgen kann, um festzustellen, ob und inwieweit Steuerbeträge vorsätzlich oder leichtfertig verkürzt worden. Es existiert keine sich gegenseitig ausschließende Zuständigkeit von Außenprüfung und Steuerfahndung. Es sei insofern möglich und auch zulässig, dass die Ermittlungen des Betriebsprüfers eine Doppelfunktion haben. Er ermittelt daher steuerlich und auch strafrechtlich. Deshalb sei das Finanzamt auch befugt gewesen, die Prüfungsanordnung und die Erweiterung zu erlassen.

Des Weiteren ist der BFH dem Kläger insoweit nicht gefolgt, wie dieser vorgetragen hat, über die falsche Anschuldigung des Dritten nicht in Kenntnis gesetzt worden zu sein bzw. nicht steuerstrafrechtlich belehrt worden zu sein. Wurde ein Strafverfahren gegen den Steuerpflichtigen eingeleitet, ist er gemäß § 393 Abs. 1 S. 4 AO darüber zu belehren, wenn dazu Anlass besteht. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass auch bei Belehrungsfehlern keine Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung vorliegt. Denn die Belehrungsregel betrifft nicht das Ob einer Betriebsprüfung, sondern das Wie. Die Rechte und Pflichten im Steuerverfahren richten sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften und die Rechte und Pflichten im Strafverfahren richten sich nach den entsprechenden strafrechtlichen Vorschriften. Das bedeutet, dass das Besteuerungsverfahren und das Steuerstrafverfahren grundsätzlich unabhängig und gleichrangig nebeneinander bestehen. Deswegen war vorliegend auch nicht zu entscheiden, ob der Kläger steuerstrafrechtlich belehrt werden musste. Darauf aufbauend sei auch nicht zu entscheiden gewesen, welche Rechtsfolgen gegebenenfalls aus einem Verstoß gegen die Belehrungspflicht zu ziehen gewesen wären.

Des Weiteren stellte der BFH keine willkürlichen oder schikanöse Belastungen des Klägers durch den Erlass der Prüfungsanordnung fest und es sei außerdem nicht festzustellen, dass das Finanzamt sich beim Erlass der Prüfungsanordnung von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Die Erweiterung der Prüfungsanordnung entsprach nach Ansicht des BFH ebenfalls den gesetzlichen Vorgaben und durfte sich auch darauf stützen, dass ein konkreter Tatverdacht bezüglich einer Steuerhinterziehung vorliegt.

Der BFH stellt vorliegend fest, dass völlig unabhängig vom Anfangsverdacht der Steuerstraftat und auch von dem (vielleicht im Hintergrund) eingeleiteten Strafverfahren eine Betriebsprüfungsanordnung ergehen kann. Grund für die Betriebsprüfungsanordnung kann im Grunde alles sein, was die Überprüfung des Unternehmens bzw. Betriebes rechtfertigt. Da die Anordnung der Betriebsprüfung tatbestandslos erfolgen kann, ist unabhängig davon, ob Kontrollmaterial, anonyme Anzeigen oder vergleichbares vorliegt, die Anordnung zulässig.

Fazit

Der BFH verdeutlicht die Unabhängigkeit des Besteuerungsverfahrens vom Strafverfahren und stellt fest, dass die beiden Verfahren gleichrangig nebeneinanderstehen. Dies kann bei einer Betriebsprüfung, die in beide Verfahren hineinspielt, erhebliche Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Verfahrenshandlungen haben. Deshalb ist es wichtig, dass der steuerliche Berater die Voraussetzungen beider Verfahren beherrscht, um für den Mandanten die bestmögliche Beratung zu gewährleisten.

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