Autoren
Dr. Maximilian Schmidt
Datum

12. März 2023

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Dass tarifvertragliche Regelungen auch zu vermeintlich „kleinen Themen“ einzuhalten sind, hat das BAG zu einem etwas kurios anmutenden Sachverhalt entschieden (BAG 22.02.2023 – 4 AZR 68/22). Rechtsfolge einer vom Arbeitgeber nicht fristgerecht umgesetzten Sanierung von Toiletten sollte eine weitere Entgelterhöhung sein – die das Gericht nun dem klagenden Arbeitnehmer zugesprochen hat. Die Entscheidung macht deutlich: Gerade bei Haustarifverträgen sollte die Umsetzbarkeit verbindlicher Zusagen zu „kleinen Themen“ stets vorab genau geprüft werden. 

Gegenstand des Verfahrens war ein Haustarifvertrag in der Elektro- und Metallindustrie, der im Wesentlichen Entgelterhöhungen regelte. So weit, so normal. Den betrieblichen Besonderheiten sollte der Haustarifvertrag darüber hinaus mit Regelungen u.a. zur Erneuerung sanitärer Einrichtungen (Duschen, WC) Rechnung tragen. Sofern der Arbeitgeber seine betrieblichen „Hausaufgaben“ nicht innerhalb einer bestimmten Frist erledigen würde, sollte eine weitere Entgelterhöhung um 0,5% erfolgen. 

Es kam wie es kommen musste: Die Frist verstrich und die sanitären Einrichtungen waren nicht rechtzeitig vollständig saniert. Jedenfalls ein Arbeitnehmer nahm dies zum Anlass, auf die im Haustarifvertrag vorgesehene Entgelterhöhung um 0,5% zu klagen – letztinstanzlich beim BAG mit Erfolg. 

Der Arbeitgeber berief sich im Verfahren ohne Erfolg darauf, dass es sich bei der Regelung im Haustarifvertrag um eine „Vertragsstrafenklausel“ handele, die unwirksam sei, jedenfalls aber nach den zivilrechtlichen Regelungen zur Vertragsstrafe (§ 343 BGB) oder Treu und Glauben herabzusetzen sei.

Während das LAG Baden-Württemberg noch eine Herabsetzung der Entgelterhöhung von 0,5% auf 0,1% annahm, entschied das BAG nun zugunsten des Arbeitnehmers. Die tarifvertragliche Regelung sei schon keine Vertragsstrafenklausel, sondern eine Ausgestaltung der Hauptleistungspflichten. Damit käme eine Herabsetzung – wie vom LAG Baden-Württemberg noch angenommen – von vornherein nicht in Betracht. Vielmehr handele es sich um eine aufschiebende Bedingung: Wenn die Bedingung in Form der nicht-rechtzeitigen Erneuerung der sanitären Einrichtungen eintritt, erfolgt automatisch die Entgelterhöhung um 0,5%. 

Was lässt sich aus dem Fall lernen? 

  1. Bei der Vereinbarung vermeintlich „kleiner Themen“ sollte genaustens geprüft werden, ob diese tatsächlich umsetzbar sind. Zugleich sollten die bei Nicht-Erfüllung eintretenden Rechtsfolgen bedacht werden. So steht die dauerhafte Erhöhung von 0,5% verbunden mit jährlichen Mehrkosten von ca. EUR 150.000,- nach den Ausführungen des LAG Baden-Württemberg in keinem Verhältnis zu der geringfügigen Verzögerung der Sanierung.
  2. Bei Vereinbarung bestimmter Fristen sollten abgestufte Mechanismen vereinbart werden. So hätte etwa eine Entgelterhöhung für den Zeitraum bis zur vollständigen Fertigstellung der Sanierung vorgesehen werden können – und keine dauerhafte Erhöhung. 
  3. Vertragsstrafen sind in Tarifverträgen zulässig, müssen aber auch entsprechend vereinbart sein. 

Spannend werden die Urteilsgründe des BAG im Hinblick auf Möglichkeiten zur Anpassung eines Tarifvertrages von Gesetzes wegen sein. Einer solchen steht richtigerweise im Grundsatz die Tarifautonomie entgegen – die Tarifparteien wissen, was sie tun. Ob und in welchem Umfang aber ausnahmsweise im Wege des Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder Treu und Glauben Anpassungen vorgenommen werden können, wird das BAG ggf. in den Entscheidungsgründen weiter konkretisieren.

BAG: Entgelterhöhung bei nicht fristgerecht sanierten Toiletten – Tarifverträge sunt servanda!

Dass tarifvertragliche Regelungen auch zu vermeintlich „kleinen Themen“ einzuhalten sind, hat das BAG zu einem etwas kurios anmutenden Sachverhalt entschieden (BAG 22.02.2023 – 4 AZR 68/22). Rechtsfolge einer vom Arbeitgeber nicht fristgerecht umgesetzten Sanierung von Toiletten sollte eine weitere Entgelterhöhung sein – die das Gericht nun dem klagenden Arbeitnehmer zugesprochen hat. Die Entscheidung macht deutlich: Gerade bei Haustarifverträgen sollte die Umsetzbarkeit verbindlicher Zusagen zu „kleinen Themen“ stets vorab genau geprüft werden. 

Gegenstand des Verfahrens war ein Haustarifvertrag in der Elektro- und Metallindustrie, der im Wesentlichen Entgelterhöhungen regelte. So weit, so normal. Den betrieblichen Besonderheiten sollte der Haustarifvertrag darüber hinaus mit Regelungen u.a. zur Erneuerung sanitärer Einrichtungen (Duschen, WC) Rechnung tragen. Sofern der Arbeitgeber seine betrieblichen „Hausaufgaben“ nicht innerhalb einer bestimmten Frist erledigen würde, sollte eine weitere Entgelterhöhung um 0,5% erfolgen. 

Es kam wie es kommen musste: Die Frist verstrich und die sanitären Einrichtungen waren nicht rechtzeitig vollständig saniert. Jedenfalls ein Arbeitnehmer nahm dies zum Anlass, auf die im Haustarifvertrag vorgesehene Entgelterhöhung um 0,5% zu klagen – letztinstanzlich beim BAG mit Erfolg. 

Der Arbeitgeber berief sich im Verfahren ohne Erfolg darauf, dass es sich bei der Regelung im Haustarifvertrag um eine „Vertragsstrafenklausel“ handele, die unwirksam sei, jedenfalls aber nach den zivilrechtlichen Regelungen zur Vertragsstrafe (§ 343 BGB) oder Treu und Glauben herabzusetzen sei.

Während das LAG Baden-Württemberg noch eine Herabsetzung der Entgelterhöhung von 0,5% auf 0,1% annahm, entschied das BAG nun zugunsten des Arbeitnehmers. Die tarifvertragliche Regelung sei schon keine Vertragsstrafenklausel, sondern eine Ausgestaltung der Hauptleistungspflichten. Damit käme eine Herabsetzung – wie vom LAG Baden-Württemberg noch angenommen – von vornherein nicht in Betracht. Vielmehr handele es sich um eine aufschiebende Bedingung: Wenn die Bedingung in Form der nicht-rechtzeitigen Erneuerung der sanitären Einrichtungen eintritt, erfolgt automatisch die Entgelterhöhung um 0,5%. 

Was lässt sich aus dem Fall lernen? 

  1. Bei der Vereinbarung vermeintlich „kleiner Themen“ sollte genaustens geprüft werden, ob diese tatsächlich umsetzbar sind. Zugleich sollten die bei Nicht-Erfüllung eintretenden Rechtsfolgen bedacht werden. So steht die dauerhafte Erhöhung von 0,5% verbunden mit jährlichen Mehrkosten von ca. EUR 150.000,- nach den Ausführungen des LAG Baden-Württemberg in keinem Verhältnis zu der geringfügigen Verzögerung der Sanierung.
  2. Bei Vereinbarung bestimmter Fristen sollten abgestufte Mechanismen vereinbart werden. So hätte etwa eine Entgelterhöhung für den Zeitraum bis zur vollständigen Fertigstellung der Sanierung vorgesehen werden können – und keine dauerhafte Erhöhung. 
  3. Vertragsstrafen sind in Tarifverträgen zulässig, müssen aber auch entsprechend vereinbart sein. 

Spannend werden die Urteilsgründe des BAG im Hinblick auf Möglichkeiten zur Anpassung eines Tarifvertrages von Gesetzes wegen sein. Einer solchen steht richtigerweise im Grundsatz die Tarifautonomie entgegen – die Tarifparteien wissen, was sie tun. Ob und in welchem Umfang aber ausnahmsweise im Wege des Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder Treu und Glauben Anpassungen vorgenommen werden können, wird das BAG ggf. in den Entscheidungsgründen weiter konkretisieren.

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