Autoren
Dr. Florian Lauscher, Constanze Hartmann, Philipp Berger
Datum

23. April 2024

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Bundesgerichtshof vom 15. September 2023 – V ZR 77/22, NJW 2023, 3423

Fakten: Im Rahmen eines Asset Deals verkaufte der Eigentümer mehrere Gewerbeimmobilien. Wie üblich, gab der Eigentümer umfangreiche Garantien gegenüber dem Käufer ab. Darin versicherte er unter anderem, dass ihm keine Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft bekannt seien, aus denen eine Sonderumlage und damit Kosten für den Käufer drohten. Er garantierte, alle Protokolle der Wohnungseigentümerversammlung der letzten drei Jahre vorgelegt zu haben; der Käufer sicherte zu, diese zur Kenntnis genommen zu haben.

Tatsächlich lag dem Verkäufer ein Protokoll vor, nach dem eine Inanspruchnahme des Käufers auf Zahlung von bis zu EUR 50 Mio. drohte. Das Protokoll stellte er dem Käufer drei Tage vor dem Beurkundungstermin zur Verfügung – an einem Freitag. Eine Frist für die Bereitstellung von Dokumenten im Datenraum hatten die Parteien nicht vereinbart. Der Käufer nahm jedoch vor der Beurkundung keine Einsicht mehr.

Als der Käufer von der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zahlung der Sonderumlage in Anspruch genommen wurde, erklärte er unter anderem die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung.

Entscheidung: Verkäufer sind verpflichtet, Käufer vor Vertragsschluss über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des Käufers vereiteln können und daher für den Käufer von wesentlicher Bedeutung sind. Das nachträglich bereitgestellte Protokoll enthielt laut Bundesgerichtshof solch einen wesentlichen Umstand. Durch den kurzfristigen Upload habe der Verkäufer über diesen nicht mehr rechtzeitig aufgeklärt. Er hätte den Käufer ausdrücklich auf das nachträglich bereitgestellte Protokoll hinweisen müssen.

Der Bundesgerichtshof erörtere bei dieser Gelegenheit auch allgemein, unter welchen Umständen Verkäufer durch die Bereitstellung von Dokumenten in einem Datenraum von ihrer Aufklärungspflicht befreit werden können.

Folgen der Entscheidung: Verkäufer werden durch den Datenraum-Upload nicht automatisch von ihrer Aufklärungspflicht frei. Das gilt selbst dann nicht, wenn der Käufer garantiert, den Datenraum vollständig zur Kenntnis genommen zu haben. Ein umfangreicher Datenraum allein reicht daher für eine Enthaftung des Verkäufers nicht (mehr) aus. Entscheidend sind vor allem die Sorgfalt des Käufers bei der Prüfung und die Datenraumstrukturierung durch den Verkäufer.

Verkäufer müssen von Fall zu Fall anhand der nachstehenden Leitfragen prüfen, ob sie ihren Aufklärungspflichten genügen:

• Wird der Käufer rechtlich beraten und wie umfangreich? Wie erfahren ist er? Wird eine Due Diligence durchgeführt? Welche Expertise haben die Berater?

• Welche Art von Datenraum wird genutzt? Gibt es ein Inhaltsverzeichnis und eine Suchfunktion? Wie groß ist der Prüfungszeitraum? Wie sind die Dokumente bezeichnet und sortiert?

• Wie einfach sind wichtige Umstände zu finden? In welchen Dokumenten „verstecken“ sie sich? Wie umfangreich ist das Dokument, in dem die Information steckt?

Hinweise für die Praxis: Verkäufer sollten sich über die Expertise potenzieller Käufer rückversichern. Im Letter of Intent können Zusicherungen des Käufers über die Art und den Umfang der Due Diligence verlangt werden. Verkäufer sind außerdem gut beraten, auf professionelle Datenraumlösungen zurückzugreifen. Diese bieten eine Vielzahl von Tools, die es dem Käufer leichter machen, Informationen zur Kenntnis zu nehmen (z. B. Benachrichtigung bei nachträglichem Upload) und somit den Verkäufer entlasten können. Zusätzlich ist eine Vereinbarung mit dem Käufer über den Umgang mit dem Datenraum sinnvoll (z. B. Deadline, Struktur, Hervorhebung wichtiger Dokumente). Je gründlicher der Verkäufer agiert, desto eher kann er seinen Aufklärungspflichten schon im Datenraum genügen.

Aufklärungspflichten des Verkäufers im Transaktionsgeschäft

Bundesgerichtshof vom 15. September 2023 – V ZR 77/22, NJW 2023, 3423

Fakten: Im Rahmen eines Asset Deals verkaufte der Eigentümer mehrere Gewerbeimmobilien. Wie üblich, gab der Eigentümer umfangreiche Garantien gegenüber dem Käufer ab. Darin versicherte er unter anderem, dass ihm keine Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft bekannt seien, aus denen eine Sonderumlage und damit Kosten für den Käufer drohten. Er garantierte, alle Protokolle der Wohnungseigentümerversammlung der letzten drei Jahre vorgelegt zu haben; der Käufer sicherte zu, diese zur Kenntnis genommen zu haben.

Tatsächlich lag dem Verkäufer ein Protokoll vor, nach dem eine Inanspruchnahme des Käufers auf Zahlung von bis zu EUR 50 Mio. drohte. Das Protokoll stellte er dem Käufer drei Tage vor dem Beurkundungstermin zur Verfügung – an einem Freitag. Eine Frist für die Bereitstellung von Dokumenten im Datenraum hatten die Parteien nicht vereinbart. Der Käufer nahm jedoch vor der Beurkundung keine Einsicht mehr.

Als der Käufer von der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zahlung der Sonderumlage in Anspruch genommen wurde, erklärte er unter anderem die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung.

Entscheidung: Verkäufer sind verpflichtet, Käufer vor Vertragsschluss über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des Käufers vereiteln können und daher für den Käufer von wesentlicher Bedeutung sind. Das nachträglich bereitgestellte Protokoll enthielt laut Bundesgerichtshof solch einen wesentlichen Umstand. Durch den kurzfristigen Upload habe der Verkäufer über diesen nicht mehr rechtzeitig aufgeklärt. Er hätte den Käufer ausdrücklich auf das nachträglich bereitgestellte Protokoll hinweisen müssen.

Der Bundesgerichtshof erörtere bei dieser Gelegenheit auch allgemein, unter welchen Umständen Verkäufer durch die Bereitstellung von Dokumenten in einem Datenraum von ihrer Aufklärungspflicht befreit werden können.

Folgen der Entscheidung: Verkäufer werden durch den Datenraum-Upload nicht automatisch von ihrer Aufklärungspflicht frei. Das gilt selbst dann nicht, wenn der Käufer garantiert, den Datenraum vollständig zur Kenntnis genommen zu haben. Ein umfangreicher Datenraum allein reicht daher für eine Enthaftung des Verkäufers nicht (mehr) aus. Entscheidend sind vor allem die Sorgfalt des Käufers bei der Prüfung und die Datenraumstrukturierung durch den Verkäufer.

Verkäufer müssen von Fall zu Fall anhand der nachstehenden Leitfragen prüfen, ob sie ihren Aufklärungspflichten genügen:

• Wird der Käufer rechtlich beraten und wie umfangreich? Wie erfahren ist er? Wird eine Due Diligence durchgeführt? Welche Expertise haben die Berater?

• Welche Art von Datenraum wird genutzt? Gibt es ein Inhaltsverzeichnis und eine Suchfunktion? Wie groß ist der Prüfungszeitraum? Wie sind die Dokumente bezeichnet und sortiert?

• Wie einfach sind wichtige Umstände zu finden? In welchen Dokumenten „verstecken“ sie sich? Wie umfangreich ist das Dokument, in dem die Information steckt?

Hinweise für die Praxis: Verkäufer sollten sich über die Expertise potenzieller Käufer rückversichern. Im Letter of Intent können Zusicherungen des Käufers über die Art und den Umfang der Due Diligence verlangt werden. Verkäufer sind außerdem gut beraten, auf professionelle Datenraumlösungen zurückzugreifen. Diese bieten eine Vielzahl von Tools, die es dem Käufer leichter machen, Informationen zur Kenntnis zu nehmen (z. B. Benachrichtigung bei nachträglichem Upload) und somit den Verkäufer entlasten können. Zusätzlich ist eine Vereinbarung mit dem Käufer über den Umgang mit dem Datenraum sinnvoll (z. B. Deadline, Struktur, Hervorhebung wichtiger Dokumente). Je gründlicher der Verkäufer agiert, desto eher kann er seinen Aufklärungspflichten schon im Datenraum genügen.

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