Autoren
Dr. Peter Steinberg, Paul Baltz
Datum

08. Juni 2023

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Der BFH vertrat bislang die Auffassung, dass betriebliche Verluste einer vermögensverwaltenden GbR nicht zu einer Umqualifizierung ihrer Einkünfte führen (sog. betriebliche Abfärbung vgl. BFH, Urteil v. 12.04.2018 – Az.: IV R 5/17). Mit dem WElektroMobFördG vom 12.12.2019 hat der Gesetzgeber als Reaktion auf dieses Urteil den § 15 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 EStG neu eingeführt und eine Abfärbung gewerblicher Verluste gesetzlich normiert (BFH, Urteil vom 30.06.2022 – IV R 42/19, BStBl. II 2023, 118). Der BFH hat seine Rechtsprechung geändert und nun entschieden, dass auch bei Verlusten aus einer gewerblichen Tätigkeit die Bagatellgrenze für die Umqualifizierung von Einkünften zur Anwendung kommt. 

Sachverhalt

In dem vom BFH entschiedenen Fall klagte eine vermögensverwaltende GbR, die auf einem ihrer vermieteten Grundstücke eine Photovoltaikanlage (PVA) installiert hatte. Sie erwirtschaftete im Streitjahr 2012 Gesamtnettoumsätze von EUR 113.484,00, wovon der Betrieb der PVA Nettoumsätze von EUR 8.472,00 ausmachte. Die GbR erklärte in ihrer Feststellungserklärung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie gewerbliche Verluste aus dem Betrieb der PVA. Das Finanzamt setzte im Gewinnfeststellungsbescheid für das Jahr 2012 nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. 

Die Klägerin begehrte im Hauptantrag die Feststellung der Einkünfte ohne die Verluste aus dem Betrieb der PVA und hilfsweise eine Trennung in Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (EUR 19.775,00) und gewerbliche Einkünfte (EUR 6.561,00). 2013 ließ die Klägerin den Einspeisevertrag auf eine personenidentische zweite GbR umschreiben.

Abfärberegelung und Ausgliederungsmodell

Die Abfärberegelung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG betrifft gemischt tätige Personengesellschaften. Eine freiberufliche oder vermögensverwaltende Personengesellschaft erwirtschaftet grundsätzlich keine Einkünfte, die der Gewerbesteuer unterliegen. Allerdings kann eine solche Personengesellschaft neben den nichtgewerblichen auch gewerbliche Einkünfte erzielen. Beispielsweise kann eine Zahnarztpraxis (als freiberufliche Personengesellschaft) neben der ärztlichen Behandlung auch Zahnbürstenköpfe und Ähnliches verkaufen (gewerbliche Einkünfte). In diesem Fall färben diese gewerblichen Einkünfte auf die übrigen freiberuflichen Einkünfte ab, sodass insgesamt sämtliche Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren sind. Dies kann vermieden werden, wenn die gewerbliche Tätigkeit – sprich: der Verkauf der Zahnbürstenköpfe – durch eine zweite und damit andere (personenidentische) Personengesellschaft ausgeübt wird (Ausgliederungsmodell). 

Revision der Klägerin ohne Erfolg

Das Finanzgericht hat zuvor entschieden, dass die ausschließliche Feststellung von negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mangels überzeugendem Ausgliederungsmodell nicht in Betracht kam. Dies bestätigte der BFH in der anschließenden Revision. Für eine Ausgliederung der gewerblichen Einkünfte auf eine (personenidentische) Personengesellschaft sei maßgeblich, ob die zweite Gesellschaft nach außen erkennbar aufgetreten ist. Das Finanzgericht hatte dies verneint, weil alle für die Finanzierung der PVA maßgeblichen Verträge mit der vermögensverwaltenden GbR geschlossen wurden und die GbR ausschließlich ihr Geschäftskonto für die Darlehen und den Einspeisevertrag angegeben hatte. Auch wurde eine gemeinsame Gewinn-und-Verlust-Rechnung für die Einkünfte aus vermögensverwaltender und gewerblicher Tätigkeit erstellt. An diese Gesamtwürdigung des Finanzgerichts fühlte sich der BFH gebunden. 

Bagatellgrenze bei Gewinnen

Bislang wurde eine durch den BFH entwickelte Geringfügigkeitsgrenze nur für die Abfärbung gewerblicher Gewinne herangezogen. Der BFH entwickelte eine absolute Umsatzgrenze von EUR 24.500,00 und eine relative Bagatellgrenze von 3% der Gesamtnettoumsätze, welche die Einkünfte aus der gewerblichen Tätigkeit nicht überschreiten dürfen (vgl. BFH, Urt. v. 27.08.2014 – Az.: VIII R 6/12, Rn. 53). 

Bagatellgrenze auch beim neuen § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG

Der BFH sah schon als Voraussetzung für die Verfassungsmäßigkeit der Abfärbung positiver Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vor, dass erst eine Überschreitung einer der o.g. Beträge nötig sei. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbiete eine Abfärbung lediglich geringer gewerblicher Einkünfte. 

Strittig war nach der Kodifizierung der Abfärbewirkung von Verlusten durch das WElektroMobFördG, ob die für positive Einkünfte geltende Bagatellgrenze auch für Verluste gelte, da der Gesetzgeber die Möglichkeit zur gesetzlichen Regelung der Bagatellgrenze im Rahmen der Neufassung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht genutzt hatte. Aus der Gesetzesbegründung leitet der BFH jedoch her, dass die Bagatellgrenze auch für die nun infizierenden gewerblichen Verluste gelten müsse. Erstens gehe der Gesetzgeber selbst auf die durch die Finanzgerichte entwickelte Geringfügigkeitsgrenze ein (vgl. BT-Drucks. 19/13436, S. 96) und zweitens sehe der Gesetzesentwurf keinerlei Ausnahmen von dieser Grenze vor. Die Argumente, die der Senat zuvor zur Herleitung einer Bagatellgrenze für positive Einkünfte herangezogen hatte, ließen sich auch auf Verluste übertragen. 

Keine längerer Beobachtungszeitraum und keine höheren Bagatellgrenzen

Die Klägerin trug vor, dass ein späterer Wegfall der Abfärbewirkung zu einer künstlichen Betriebsaufgabe (Wegfall der gewerblichen Tätigkeit) führe. Bei der Betriebsaufgabe muss eine Aufgabebilanz unter Aufdeckung aller stillen Reserven erstellt werden, welche dann als gewerbliche Einkünfte versteuert werden. Dies sah die Klägerin als ein Argument dafür den Beobachtungszeitraum für die Feststellung, ob die gewerblichen Einkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auf die übrigen Einkünfte abfärben, von einem Jahr auf z.B. drei Jahre zu verlängern. Auch eine höhere Bagatellgrenze für gemischt tätige Personengesellschaften hielt die Klägerin, aufgrund der für diese Art von Personengesellschaft härteren Folgen der Abfärbung, für gerechtfertigt. Beides lehnte der BFH mit Hinweis auf den Vereinfachungszweck des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EstG und den Willen des Gesetzgebers ab. 

Fazit

Der BFH hat durch sein Urteil verdeutlicht, dass auch nach der Neuregelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG die Bagatellgrenze bei der Prüfung der Abfärbung von Einkünften zur Anwendung kommt. Dies gilt unabhängig davon, ob mit der gewerblichen Tätigkeit Gewinne oder Verluste erzielt werden. Zu beachten ist, dass der BFH dadurch seine im Jahr 2018 getroffene Rechtsprechung ändert. 

Abfärbung gewerblicher Verluste bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften – Ausgliederungsmodell und Bagatellgrenzen

Der BFH vertrat bislang die Auffassung, dass betriebliche Verluste einer vermögensverwaltenden GbR nicht zu einer Umqualifizierung ihrer Einkünfte führen (sog. betriebliche Abfärbung vgl. BFH, Urteil v. 12.04.2018 – Az.: IV R 5/17). Mit dem WElektroMobFördG vom 12.12.2019 hat der Gesetzgeber als Reaktion auf dieses Urteil den § 15 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 EStG neu eingeführt und eine Abfärbung gewerblicher Verluste gesetzlich normiert (BFH, Urteil vom 30.06.2022 – IV R 42/19, BStBl. II 2023, 118). Der BFH hat seine Rechtsprechung geändert und nun entschieden, dass auch bei Verlusten aus einer gewerblichen Tätigkeit die Bagatellgrenze für die Umqualifizierung von Einkünften zur Anwendung kommt. 

Sachverhalt

In dem vom BFH entschiedenen Fall klagte eine vermögensverwaltende GbR, die auf einem ihrer vermieteten Grundstücke eine Photovoltaikanlage (PVA) installiert hatte. Sie erwirtschaftete im Streitjahr 2012 Gesamtnettoumsätze von EUR 113.484,00, wovon der Betrieb der PVA Nettoumsätze von EUR 8.472,00 ausmachte. Die GbR erklärte in ihrer Feststellungserklärung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie gewerbliche Verluste aus dem Betrieb der PVA. Das Finanzamt setzte im Gewinnfeststellungsbescheid für das Jahr 2012 nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. 

Die Klägerin begehrte im Hauptantrag die Feststellung der Einkünfte ohne die Verluste aus dem Betrieb der PVA und hilfsweise eine Trennung in Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (EUR 19.775,00) und gewerbliche Einkünfte (EUR 6.561,00). 2013 ließ die Klägerin den Einspeisevertrag auf eine personenidentische zweite GbR umschreiben.

Abfärberegelung und Ausgliederungsmodell

Die Abfärberegelung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG betrifft gemischt tätige Personengesellschaften. Eine freiberufliche oder vermögensverwaltende Personengesellschaft erwirtschaftet grundsätzlich keine Einkünfte, die der Gewerbesteuer unterliegen. Allerdings kann eine solche Personengesellschaft neben den nichtgewerblichen auch gewerbliche Einkünfte erzielen. Beispielsweise kann eine Zahnarztpraxis (als freiberufliche Personengesellschaft) neben der ärztlichen Behandlung auch Zahnbürstenköpfe und Ähnliches verkaufen (gewerbliche Einkünfte). In diesem Fall färben diese gewerblichen Einkünfte auf die übrigen freiberuflichen Einkünfte ab, sodass insgesamt sämtliche Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren sind. Dies kann vermieden werden, wenn die gewerbliche Tätigkeit – sprich: der Verkauf der Zahnbürstenköpfe – durch eine zweite und damit andere (personenidentische) Personengesellschaft ausgeübt wird (Ausgliederungsmodell). 

Revision der Klägerin ohne Erfolg

Das Finanzgericht hat zuvor entschieden, dass die ausschließliche Feststellung von negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mangels überzeugendem Ausgliederungsmodell nicht in Betracht kam. Dies bestätigte der BFH in der anschließenden Revision. Für eine Ausgliederung der gewerblichen Einkünfte auf eine (personenidentische) Personengesellschaft sei maßgeblich, ob die zweite Gesellschaft nach außen erkennbar aufgetreten ist. Das Finanzgericht hatte dies verneint, weil alle für die Finanzierung der PVA maßgeblichen Verträge mit der vermögensverwaltenden GbR geschlossen wurden und die GbR ausschließlich ihr Geschäftskonto für die Darlehen und den Einspeisevertrag angegeben hatte. Auch wurde eine gemeinsame Gewinn-und-Verlust-Rechnung für die Einkünfte aus vermögensverwaltender und gewerblicher Tätigkeit erstellt. An diese Gesamtwürdigung des Finanzgerichts fühlte sich der BFH gebunden. 

Bagatellgrenze bei Gewinnen

Bislang wurde eine durch den BFH entwickelte Geringfügigkeitsgrenze nur für die Abfärbung gewerblicher Gewinne herangezogen. Der BFH entwickelte eine absolute Umsatzgrenze von EUR 24.500,00 und eine relative Bagatellgrenze von 3% der Gesamtnettoumsätze, welche die Einkünfte aus der gewerblichen Tätigkeit nicht überschreiten dürfen (vgl. BFH, Urt. v. 27.08.2014 – Az.: VIII R 6/12, Rn. 53). 

Bagatellgrenze auch beim neuen § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG

Der BFH sah schon als Voraussetzung für die Verfassungsmäßigkeit der Abfärbung positiver Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vor, dass erst eine Überschreitung einer der o.g. Beträge nötig sei. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbiete eine Abfärbung lediglich geringer gewerblicher Einkünfte. 

Strittig war nach der Kodifizierung der Abfärbewirkung von Verlusten durch das WElektroMobFördG, ob die für positive Einkünfte geltende Bagatellgrenze auch für Verluste gelte, da der Gesetzgeber die Möglichkeit zur gesetzlichen Regelung der Bagatellgrenze im Rahmen der Neufassung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht genutzt hatte. Aus der Gesetzesbegründung leitet der BFH jedoch her, dass die Bagatellgrenze auch für die nun infizierenden gewerblichen Verluste gelten müsse. Erstens gehe der Gesetzgeber selbst auf die durch die Finanzgerichte entwickelte Geringfügigkeitsgrenze ein (vgl. BT-Drucks. 19/13436, S. 96) und zweitens sehe der Gesetzesentwurf keinerlei Ausnahmen von dieser Grenze vor. Die Argumente, die der Senat zuvor zur Herleitung einer Bagatellgrenze für positive Einkünfte herangezogen hatte, ließen sich auch auf Verluste übertragen. 

Keine längerer Beobachtungszeitraum und keine höheren Bagatellgrenzen

Die Klägerin trug vor, dass ein späterer Wegfall der Abfärbewirkung zu einer künstlichen Betriebsaufgabe (Wegfall der gewerblichen Tätigkeit) führe. Bei der Betriebsaufgabe muss eine Aufgabebilanz unter Aufdeckung aller stillen Reserven erstellt werden, welche dann als gewerbliche Einkünfte versteuert werden. Dies sah die Klägerin als ein Argument dafür den Beobachtungszeitraum für die Feststellung, ob die gewerblichen Einkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auf die übrigen Einkünfte abfärben, von einem Jahr auf z.B. drei Jahre zu verlängern. Auch eine höhere Bagatellgrenze für gemischt tätige Personengesellschaften hielt die Klägerin, aufgrund der für diese Art von Personengesellschaft härteren Folgen der Abfärbung, für gerechtfertigt. Beides lehnte der BFH mit Hinweis auf den Vereinfachungszweck des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EstG und den Willen des Gesetzgebers ab. 

Fazit

Der BFH hat durch sein Urteil verdeutlicht, dass auch nach der Neuregelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG die Bagatellgrenze bei der Prüfung der Abfärbung von Einkünften zur Anwendung kommt. Dies gilt unabhängig davon, ob mit der gewerblichen Tätigkeit Gewinne oder Verluste erzielt werden. Zu beachten ist, dass der BFH dadurch seine im Jahr 2018 getroffene Rechtsprechung ändert. 

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