Fakten
Internationale M&A-Transaktionen in Deutschland bedürfen in vielen Fällen der hoheitlichen Freigabe. Der Prozess von Antragsstellung bis Freigabe oder Verbot wird durch das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und die Außenwirtschaftsverordnung (AWV) geregelt. Über die letzten Jahre wurde das Regime immer enger gefasst und Neuheiten kommen nun von der europäischen Ebene.
Durch die Umsetzung der europäischen NIS-2-Richtlinie, mit der die EU in der ganzen Europäischen Union einen verbindlichen und hohen Sicherheitsstandard vor Cyberangriffen sicherstellen und damit einhergehend die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts der EU beibehalten möchte, kommen auch auf die AWV Änderungen zu. Das die Richtlinie umsetzende, deutsche NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz (NIS2UmsuCG) wurde am 24. Juli 2024 verabschiedet; seine Verkündung steht noch aus.
Bisheriges System in Deutschland
Im Fall der Investition von ausländischen Investoren in ein deutsches Unternehmen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Möglichkeit, den Erwerb im Einzelfall zu prüfen – dies ist auch als sog. Investitionsprüfung bekannt. Bei der außenwirtschaftsrechtlichen Investitionsprüfung wird in der AWV zwischen der „sektorübergreifenden“ und der „sektorspezifischen“ Prüfung unterschieden. Im Rahmen der jeweiligen Prüfung wird untersucht, ob durch den Erwerbsvorgang die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland voraussichtlich beeinträchtigt werden.
Alle Erwerbsvorgänge, bei denen ein Unionsfremder unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über mindestens 25 Prozent der Stimmrechte an dem inländischen Zielunternehmer erwirbt, unterliegen grundsätzlich der sektorübergreifenden Prüfung. Ausnahmen gelten bei den besonderen Katalogfällen des § 55a AWV. Die Fälle des Katalogs umfassen die „kritischen Infrastrukturen“ sowie die Hochtechnologie und andere sicherheitsrelevante Sektoren. Beim Vorliegen eines Katalogfalls besteht zunächst – anders als in den o.g. Regelfällen – eine Meldepflicht. Zudem liegt die Schwelle bei solchen inländischen Zielunternehmen, die unter den Katalog des § 55a AWV fallen, ausnahmsweise nicht bei 25, sondern bei 10 Prozent der Stimmrechte.
Erwerbsvorgänge, bei denen ein ausländischer Investor direkt oder indirekt die Kontrolle über mindestens 10 Prozent der Stimmrechte an einem inländischen Unternehmen erlangt, die im Bereich Defense aktiv sind, unterliegen wiederum einer sektorspezifischen Prüfung.
Neuerungen in Deutschland
Im Bereich der sektorübergreifenden Prüfung wird der Fallkatalog des § 55a in der AWV durch das deutsche NIS2UmsuCG, das die europäische NIS-2-Richtlinie umsetzt, geändert und angeglichen. Bisher wurden Betreiber von „kritischen Infrastrukturen” und deren spezifischen Softwares in diesem Katalog erfasst. Zukünftig wird dieser Begriff durch Betreiber „kritischer Anlagen” ersetzt. Der neue Fokus liegt also auf dem Begriff „Anlage“, der bereits in anderen Gesetzen, wie dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG), verwendet wird. Laut den bisherigen Regelungen fallen unter kritische Infrastrukturen auch bestimmte Anlagen, die in der dazugehörigen Verordnung (BSI-KritisV) genauer definiert sind. Diese Definition umfasst insbesondere verschiedene Einrichtungen, Maschinen und IT-Dienste, die für kritische Dienstleistungen notwendig sind. Insgesamt bedeutet die Änderung der Begriffe in der AWV jedoch nicht, dass sich der Bereich der Investitionsprüfung verändert. Der Anwendungsbereich der sektorübergreifenden Investitionsprüfung bleibt also gleich, unabhängig von den neuen Begriffen.
Ausblick
Die Umsetzung der NIS-2-Richtlinie durch das NIS2UmsuCG berührt auch die heutige AWV und hat damit Auswirkung auf das aktuelle Außenhandelsrecht. Die Neuerungen werden wohl auch beim zuständigen Ministerium den politischen Druck verschärfen, sich entsprechende Erwerbsvorgänge genauer anzusehen. Insofern sollten M&A-Projekte in diesem Bereich mit einem entsprechenden Vorlauf vorbereitet und mit dem zuständigen Ministerium besprochen werden.